Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition)
kommen, und sie mußte vorher unbedingt Wally aus dem Haus schaffen. Seit einigen Tagen war er ziemlich launisch, und da er Molly im Fernsehen gesehen hatte, redete er ständig davon, sie besuchen zu wollen. Gestern abend hatte er verkündet, er werde nicht in den Club gehen, wo er sonst den Samstag vormittag verbrachte. Normalerweise hatte er großen Spaß im Club, den die Gemeinde von Fairfield für ambulante Patienten wie ihn eingerichtet hatte.
Ich werde Marta bitten, ihn ein paar Stunden zu nehmen, dachte Edna. Marta Gustafson Jones wohnte seit dreißig Jahren nebenan. Die beiden Frauen hatten einander bei Krankheiten und nach dem Tod ihrer Ehemänner unterstützt, und außerdem hatte Marta Wally sehr gern.
Sie gehörte zu den wenigen Menschen, die mit ihm zurechtkamen und es schafften, ihn zu beruhigen, wenn er sich wieder einmal aufregte.
Als Fran um elf bei Edna klingelte, war von Wally weit und breit nichts zu sehen. Edna gelang es, die Besucherin einigermaßen unbefangen zu begrüßen, und sie bot ihr sogar Kaffee an. »Warum setzen wir uns nicht in die Küche?« schlug Fran vor, während sie ihren Mantel auszog.
»Wenn Sie möchten.« Edna war zu Recht stolz auf ihre blitzsaubere Küche und die nagelneue Eßecke aus Ahornholz, die sie im Sonderangebot gekauft hatte.
Fran nahm am Tisch Platz, holte den Kassettenrecorder aus der Umhängetasche und stellte ihn ohne viel Aufhebens auf. »Wie Sie sicher wissen, Mrs. Barry, möchte ich Molly helfen, und das wollen Sie bestimmt auch. Deshalb haben Sie gewiß nichts dagegen, wenn ich unser Gespräch aufzeichne. Vielleicht erwähnen Sie ja etwas, das Molly weiterbringt. Sie ist nämlich mehr und mehr davon überzeugt, daß sie ihren Mann nicht umgebracht hat. Und sie erinnert sich allmählich an die Vorfälle in jener Nacht. Unter anderem glaubt sie, daß noch jemand im Haus war, als sie aus Cape Cod zurückkam. Wenn man das beweisen könnte, würde das Urteil gegen sie möglicherweise aufgehoben, oder man beginnt wenigstens, wieder zu ermitteln. Wäre das nicht großartig?«
Edna Barry füllte Wasser in die Kaffeemaschine. »Ja, natürlich«, erwiderte sie. »Ach, du meine Güte.«
Frans Blick wurde argwöhnisch, als sie bemerkte, daß Mrs. Barry Wasser verschüttet hatte. Ihre Hand zittert, dachte Fran. Sie verheimlicht irgend etwas. Als ich ihr bei Molly begegnet bin, wirkte sie sehr nervös, und am Telefon machte sie auch einen angespannten Eindruck.
Als es in der Küche anfing, nach Kaffee zu duften, versuchte Fran, die Stimmung ein wenig aufzulockern, um
Edna Barrys Vertrauen zu gewinnen. »Ich war mit Molly an der Cranden Academy«, sagte sie. »Hat sie Ihnen das nicht erzählt?«
»Ja.« Edna holte Tassen und Untertassen aus dem Schrank und stellte sie auf den Tisch. Bevor sie sich setzte, spähte sie Fran über den Rand ihrer Brille hinweg an.
Sie erinnert sich an den Bibliotheksskandal, schoß es Fran durch den Kopf. Aber sie beschloß, sich nicht davon stören zu lassen, und fragte weiter. »Soweit ich weiß, kennen Sie sie sogar noch länger als ich.«
»Ja. Ich habe schon für ihre Eltern gearbeitet, als sie noch ein kleines Mädchen war. Nach dem Umzug der Carpenters und Mollys Hochzeit habe ich dann bei ihr angefangen.«
»Dann kannten Sie Dr. Lasch also auch ziemlich gut?«
Edna Barry überlegte. »Mehr oder weniger. Ich war drei Vormittage pro Woche dort. Wenn ich um neun eintraf, war der Doktor schon in der Klinik, und er kam selten zurück, bevor ich wieder ging. Aber wenn Molly eine Dinnerparty veranstaltete – was recht häufig war –, hatte ich die Aufgabe, die Gäste zu bedienen und hinterher sauberzumachen. Ich habe den Doktor und sie eigentlich nur bei diesen Gelegenheiten zusammen gesehen. Doch er war immer sehr nett.«
Fran fiel auf, daß Edna Barry die Lippen fest zusammenpreßte, als habe sie gerade an etwas Unangenehmes gedacht. »Hatten sie den Eindruck, daß Molly und ihr Mann glücklich waren, wenn Sie sie gemeinsam erlebten?«
»Bis zu jenem Tag, als ich Molly bei meiner Ankunft völlig verstört beim Packen antraf. Davor hatte ich nie das Gefühl, daß sie sich stritten. Allerdings schien mir, daß Molly sich ein wenig langweilte. Sie hat sich zwar ehrenamtlich engagiert und war eine gute Golfspielerin, aber manchmal beklagte sie sich, sie vermisse es, berufstätig zu sein. Außerdem hat sie ziemlich viel Pech gehabt. Sie wollte so
gern eine Familie gründen. Nach der letzten Fehlgeburt hat sie sich verändert
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