Wenn Zaertlichkeit dein Herz beruehrt
lachte. »Das kann ich mir denken!«
Victoria beugte sich vor. »Kann ich mich darauf verlassen, dass Sie kein Sterbenswörtchen verraten?«
Es ist ihr wirklich wichtig, erkannte er. »Und würden Sie mir verraten, warum ich den Mund halten soll?«
Victoria seufzte erneut, lehnte sich zurück. Sie hätte ihm alles Mögliche erzählen können, zum Beispiel, dass sie Schauspielerin war, für eine Rolle übte, aber sie wusste, dass sie Noble nicht für dumm verkaufen konnte.
Also sagte sie ihm die Wahrheit. Er verzog keine Miene.
Doch wenigstens verstand Noble nun, weshalb der Marshal so übler Laune war. Diese Frau, ein Kopfgeldjäger noch dazu, hatte Chris die Lösung zweier Verbrechen auf dem Silbertablett präsentiert - es war nachvollziehbar, dass sein Stolz gelitten hatte. »Jetzt haben Sie mich aber wirklich neugierig darauf gemacht, wie Sie tatsächlich aussehen«, sagte er.
»Ich bin nichts Besonderes«, behauptete sie, plötzlich ein wenig niedergeschlagen, und blickte auf die Hände in ihrem Schoß. »Das können Sie mir glauben!«
Wenn du wirklich »nichts Besonderes« wärst, dachte Noble, dann würde sich Chris deinetwegen nicht jedes Haar einzeln ausraufen!
Hewlett-Packard
12
Der Junge betrachtete ihr cremebedecktes Gesicht und sah sie an, als wollte er sagen: Glaubst du wirklich, dass das noch hilft? Victoria lächelte ihn freundlich an und wartete, bis er die große Kupferbadewanne aus dem schummrigen Zimmer gezogen hatte. Bevor er die Tür schloss, drückte sie ihm eine Münze in die Hand. Dann lehnte sie sich lächelnd gegen das schwere Holz und begann, die Creme sanft in ihre strapazierte Haut einzumassieren. Garantiert hatte der Junge erst einmal einen Schrecken bekommen, als sie auf sein Klopfen die Tür geöffnet hatte, aber die dicke Cremeschicht, das Handtuch um ihre Haare und das gedämpfte Licht waren nötig gewesen, da sie ihre Maske abgelegt hatte.
Aber sie brauchte diese Erholung. Als sie hinüber zur Waschkommode ging, streifte sie den dicken Morgenmantel ab und ließ ihn auf das Bett fallen. Es tat gut, endlich wieder richtig sauber und frei zu sein. Dann zog sie ein Flanellhemd über, das einzig saubere, das sie noch besaß und das sie unglaubliche dreißig Cent gekostet hatte, und setzte sich vor den Spiegel. Sie wischte die letzten Reste der Creme weg, nibbelte ihr gewaschenes Haar trocken und nahm die Bürste in die Hand. Die sanfte Brise, die durchs geöffnete Fenster hereinwehte, würde es trocknen. Sie beugte sich vor und begann, ihr Haar kopfüber zu kämmen, dann hielt sie inne und entspannte ihre verkrampfte Muskulatur.
Jeden Tag zehn Hotelzimmer und ebenso viele Pferdeboxen zu reinigen, strapazierte jeden einzelnen Muskel in ihrem Körper.
Sie hatte über eine Stunde gebraucht, um zu baden, ihr Haar zu waschen, es auszuspülen und das schmutzige Wasser schließlich wegzuschütten. Wie schafften es die Frauen in diesem Jahrhundert nur, daneben auch noch andere Dinge zu erledigen? Sie bückte zur Tür hin, wo die Kleider von Clara und Jake zum Trocknen an einem Haken hingen. Allmählich begann sie selbst, ihre Verkleidungen zu hassen, aber wahrscheinlich würde sie sie ohnehin nicht mehr lange benutzen können, da die Masken nicht ewig hielten.
Mach dir nichts vor, sagte sie sich selbst und bürstete wieder ihr Haar, du willst diese Rollen wegen Chris nicht länger spielen!
Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als sie an ihn dachte, an seine boshaften Worte, seinen verächtlichen Blick, und sie fühlte sich auf einmal unendlich einsam. Dann warf sie plötzlich die Bürste auf die gesprungene Platte, stützte ihre Ellbogen auf, vergrub die Finger in ihrem Haar und betrachtete sich im Spiegel. Ihre Augen brannten. Sie fühlte sich elend und verloren. Sie wollte nicht, dass es so wehtat, zurückgewiesen zu werden.
Aber es schmerzte.
Und sie hasste ihn dafür, dass sie sich so ... so hässlich vorkam.
Am liebsten hätte sie geweint, aber heulen war etwas für Babys und rückgratlose Jammerlappen. Sie blinzelte die Tränen weg, schniefte, strich sich ihr Haar zurück und beschimpfte sich, weil sie zuließ, dass dieser Mann ihr so unter die Haut ging. Es wäre ja alles nicht so schlimm, wenn sie ihn nicht so gern hätte. Ein Schauder lief ihr plötzlich über den Rücken, sie griff nach ihrer Waffe, wirbelte herum, die Arme ausgestreckt, den Finger am Abzug.
»Ich hatte mich schon gefragt, wie lange es noch dauern würde, bis Sie mich bemerken.«
Victorias
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