Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wer abnimmt, hat mehr Platz im Leben

Titel: Wer abnimmt, hat mehr Platz im Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stelter
Vom Netzwerk:
der Mittwochnachmittag beim Zahnarzt klingelt und erst dann das Schild bemerkt, auf dem schwarz auf weiß steht: Dr. med. dent. Julius Kronenpichler. Sprechstunden täglich außer Mittwochnachmittag.
    Gerd hatte anscheinend Lust, einen Willkommenstrunk zu spendieren: »Vielleicht ein Erfrischungsgetränk? Grimbergen?«
    Nun ja, er ist halt Anästhesist, und wer in seinem Berufsleben so viele Männer ins Reich der Träume geschickt hat, der weiß halt, wovon Männer träumen.
    Anne und Gaby brauchten jetzt ganz sicher eine Dusche. Wo die Kinder abgeblieben waren oder wann sie unsere Läufergemeinschaft gegen einen Trupp von halbwüchsigen Die-Jeanshosen-in-den-Knien-tragenden Möchtegern-Rappern oder von bauchfreien Paris-Hilton-Doubles eingetauscht hatten, weiß ich heute nicht mehr. Aber ich kann mich noch sehr gut an dieses Zischen erinnern, als der erste Schluck Grimbergen in einem Bersten von Geschmacksknospen unter meinem Gaumen verdunstete. Lothar und ich setzten uns mit Gerd in die hinter dem Windschutz aufgestellten Klappstühle, und es war wohl eine Schnapsidee, die frisch gereinigten grün-beige geblümten Auflagen auf den Stühlen zu platzieren. Mit meinem durchgeschwitzten Hintern machte ich nur die nächste Reinigung erforderlich.
    Lothar versuchte, den Genuss des belgischen Trappistenbiers in unsere sportliche Leistung zu integrieren: »Bier ist übrigens isotonisch. Ein Sportler sollte nach einem anstrengenden Training unbedingt ein Bier trinken.«
    Man sollte sein sorgsam gepflegtes medizinisches Halbwissen niemals im Beisein eines Arztes äußern, vor allem dann nicht, wenn dieser Arzt lieber einen guten Freund verliert als einen guten Spruch. »Lothar, das gilt nur für alkoholfreies Weißbier, nicht für belgisches Klosterbier mit sechseinhalb Umdrehungen. Dieses Bier ist nicht isotonisch, das wandert direkt in deine Senkbrust.«
    Lothar blieb, wie erwartet, die Antwort nicht schuldig: »Was willst du damit sagen? Nur dass das klar ist: Ich kann auch ohne Alkohol fröhlich sein, aber heute, da gehe ich mal auf Nummer sicher.«
    Gerd ließ sich jedoch nicht einschüchtern: »Außerdem gilt das für ein Bier, nicht für eine Samstagabend-Campingplatzration. Sieben Grimbergen haben in etwa den Kaloriengehalt von acht Leberwurstbrötchen. Da müsstet ihr beiden nach Middelburg joggen und zurück …«
    »Es geht ums Gefühl«, stellte Lothar klar. »Wenn man läuft, das ist gesund. Wenn man gelaufen ist, hat man ein positives Grundgefühl. Das ist noch gesünder. Danach genossenes Bier setzt noch dazu Glückshormone frei, also, wenn ich nicht so gesund wäre, ich könnte so viel Hochgefühl gar nicht aushalten.«
    Vielleicht war es diese Argumentation, die selbst Gerd überzeugte – in dubio Prosecco –, aber wahrscheinlicher ist, dass wir einfach ganz viel Spaß hatten an diesem Abend. Anne, Gaby und Uschi gesellten sich mit dem Strickzeug zu uns. Unser philosophisches Sextett diskutierte über die Fitness und ihre psychischen Auswirkungen. Dabei tranken wir acht Leberwurstbrötchen.
    Als mir gegen zehn Uhr abends ziemlich kalt wurde, hatte ich gewaltig einen im Schlappen. Morgen früh würde ich bestimmt nicht besonders fit aus den Kissen kriechen, aber die Nachbarn würden nicht lästern können, weil sie selber noch komatös in den Kojen lägen.
    Noch etwas wurde mir an dem Abend klar. Bier macht nicht nur dick. Man kriegt davon auch noch einen Bärenhunger. Das ist das Problem. Oder formulieren wir es andersherum: Es waren nicht die acht Leberwurstbrötchen, die mir am nächsten Morgen auf der Waage den Tag vermiesen sollten. Es waren die Leberwurstbrötchen Nummer neun und zehn, die ich mir gegen halb elf im Vorzelt schmierte.
    Nach dem Brötchenholen gegen Viertel nach zehn traf ich Gerd und Lothar beim Plausch am beige-grünen Windschutz. Wir waren uns einig. Wir hatten einen tollen Abend gehabt, nix abgenommen, waren nicht fitter geworden, hatten aber jede Menge Spaß gehabt. Aber morgen, da würden wir uns mal wieder richtig ins Zeug legen. Man darf nämlich ruhig mal sündigen, wenn man am nächsten Tag wieder so richtig konsequent ist.
    Unser Urlaub dauerte zwei Wochen, und wir waren ziemlich konsequent, wir hatten fünf Laufeinheiten auf die vierzehn Tage verteilt. Heute trabten wir nur zu zweit zwischen hohen Hecken einher, und ich hörte Anne leise und regelmäßig neben mir atmen. Eine Minute dreißig laufen, dann wieder Gehpause. Die Kinder hatten sich für eine andere Art von Sport

Weitere Kostenlose Bücher