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Wer abnimmt, hat mehr Platz im Leben

Titel: Wer abnimmt, hat mehr Platz im Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stelter
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einer Spaxschraube den Deckel von einem Würstchenglas draufmontiert. Dann steckt er die Hölzchen in die Hülsen, und die Würstchendeckel verraten ihm im Frühjahr, wo sich die Löcher verstecken.
    Ich hatte mir fest vorgenommen, seinem Beispiel zu folgen, aber ich hatte es nicht getan. Ich weiß nicht mehr, ob ich nicht an die Spaxschrauben gedacht hatte oder ob wir im letzten Jahr einfach zu wenig Würstchen gegessen hatten.
    Die schwarze Sporttasche stand nicht lange unberührt im Vorzelt. Schon für den nächsten Vormittag war unser erster Lauftreff anberaumt worden. Anne hatte darauf hingewiesen, dass wir nach dem Frühstück eine Verdauungsphase von etwa einer Stunde einplanen müssten.
    Dieses Frühstück würde unser erstes Vorzeltfrühstück in diesem Urlaub sein, und dieses erste Vorzeltfrühstück galt es zu zelebrieren.
    Wenn ich dereinst Freund Hein ansichtig werde, dann hoffe ich, dass es in möglichst hohem Alter auf der Terrasse des »Zeerover« passiert. Die Sonne eines späten Maitages wird mir auf der faltigen Gesichtshaut brennen, während mir kühles dunkles Grimbergen durch die Kehle rinnt. Dann wird er durch die alte Glastür auf die Holzterrasse treten, mit der großen Sense in der Hand. Und wenn er mich denn fragt: »Nun, mein Alter, hast du noch einen letzten Wunsch?«, dann würde er sich eben noch einen Tag lang gedulden müssen – das tut er bei Jopi Heesters schließlich schon seit Jahrhunderten.
    Denn mein Wunsch wäre ein letztes Frühstück im Vorzelt. Noch einmal mit der ganzen Familie holländische Pappbrötchen mit Schokostreuseln bestreuen. Noch einmal diese Vermählung wahrnehmen, die Vermählung des Duftes von frischem Kaffee mit dem Duft frischer »Kadettje«, das sind Brötchen, die fast so aussehen wie bei uns in Deutschland. Sie schmecken auch »fast« so, man darf sie nur nicht hochwerfen. Sie kommen nie wieder runter. Die Dinger wiegen nix!
    Die frische Seeluft, der Wohnwagen oder einfach der Umstand, dass wir im Urlaub waren, hatte uns wohl beflügelt. Auf jeden Fall beschlossen wir bei Pappbrötchen und Kaffee, es mit dem Zwei-Minuten-Intervall zu probieren. Ich hatte die Wahrscheinlichkeit, dass Lothar und Gaby tatsächlich schon wach und laufbereit sein könnten, eigentlich unter dreißig Prozent angesiedelt.
    Laufschuhe sind äußerst leise Tretwerkzeuge, der letzte Rasenschnitt lag erst einen Tag zurück, also müsste es uns gelingen, nahezu geräuschlos am Westerbeckschen Wohnwagen vorbeizuschleichen. Nach Annes Regenerierungsstunde verließen wir den Wohnwagen. Ich beschäftigte mich intensiv mit der Stoppuhr, damit kein Familienmitglied auf die Idee kam, ein Gespräch anzuzetteln, das möglicherweise die Westerbecks wecken könnte.
    Wir mussten sie nicht wecken. Sie waren wach. Das Kugelbauchlaufmonster stand längst in froher Erwartung an seinem Vorzelt. Seine Füße steckten schon in seinen Laufschuhen, und er sah mal wieder aus, als hätte er aufgrund eines genetischen Defekts die Beine deutlich zu weit hinten. Unter dem Funktionsshirt zeichnete sich sein Kuchengrab deutlich ab. Die geliebte Ehefrau würde in wenigen Augenblicken so weit sein, teilte er uns mit.
    Gaby verließ die kleine Waschkabine in einem Outfit, das sämtliche Diskussionen überflüssig machte. Die Frau war fit. Sie trug ihr Haar offen, und mir war klar, dieses Haar würde vom Fahrtwind waagerecht in der Luft gehalten, wenn sie mal Gas gab. Ich hielt mich in meinem Optikvergleich also lieber an Lothar. Natürlich würde auch Lothar mir in wenigen Minuten demonstrieren, wie schnell und vor allem wie weit ein Mann in meinem Alter und mit meinem Gewicht eigentlich laufen können musste. Aber noch standen wir, und im Stand stand es null zu null zwischen meinem Hüftmumps und seinem Paulaner-Spoiler. Damit konnte ich leben.
    Lothar war ausgesprochen generös. Wir sollten das Tempo vorgeben, meinte er. Sofort erklärte ich, dass es bestimmt sinnvoll wäre, den Lauf erst hinter Johnnys Supermarkt zu beginnen, denn sonst würden wir durch zwei Fahrradsperren aufgehalten, die uns völlig aus dem Rhythmus bringen würden. Hinter der zweiten Fahrradsperre sollte es losgehen.
    Mit dem Daumen der rechten Hand die knallgelbe Stoppuhr in Gang gesetzt, den Oberkörper leicht nach vorn geneigt, fielen wir in leichten Trab. Wir liefen an der Rezeption vorbei und dann links der von hohen Hecken gesäumten Straße entlang.
    Wir hatten uns die Steigerung vorgenommen, ich hatte sie mir vorgenommen. Ich wollte

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