Wer Andern Eine Grube Gräbt: Mitchell& Markbys Fünfter Fall
Wochen in London.«
»Dann hat sie von dort aus mit Ihnen telefoniert, schätze ich?«, tastete sich Sergeant Pearce hinterhältig weiter vor. Erneut dieser kummervolle Ausdruck auf Amy Salters Gesicht.
»Nein, sie scheint es wieder einmal vergessen zu haben. Sie hat schrecklich viel zu tun, wissen Sie? Ich habe Dan angerufen, meinen Schwiegersohn, und er hat mir erzählt, dass Natalie in London ist. Ich wünschte wirklich, Natalie würde nicht immer wegfahren. Mit meiner Gesundheit steht es nicht zum Besten, und ich hätte sie gerne hier in der Nähe, damit ich sie jederzeit anrufen und sie zu mir bitten kann, wenn Sie verstehen?« Pearce hatte genug erfahren. Er warf einen Blick auf die Uhr, die leise auf dem Kaminsims zwischen zwei StaffordshireTerriern aus Chinaporzellan tickte.
»Ich muss jetzt gehen. Es tut mir leid, dass ich Ihnen so viel Zeit gestohlen habe.«
»Nicht im Geringsten, Sergeant, nicht im Geringsten. Warten Sie, ich will nur gerade dieses Stückchen Kuchen für Sie einpacken.«
Später an diesem Abend übermittelte Markby die Information im Speisesaal des Bunch of Grapes.
»An der Sache ist etwas faul!«, sagte Meredith entschieden.
»Ich hab dir gleich gesagt, dass Ursula sich das nicht einbildet. Er erzählt zwei verschiedene Geschichten. Ihr hat er gesagt, seine Frau wäre in Bamford, um ihre kranke Mutter zu besuchen. Der kerngesunden Mutter erzählt er, Natalie sei in London. Eine dieser beiden Geschichten muss gelogen sein, und ich gehe sogar jede Wette ein, dass beide unwahr sind!«
Markby blickte unglücklich drein.
»Es könnte trotzdem immer noch eine ganz einfache Erklärung geben.«
»Was denn für eine?«, rief sie ärgerlich. Die Antwort wurde ihm erspart. Eine Hand reichte von hinten über seine Schulter und legte ein reißerisch eingebundenes Taschenbuch auf den Tisch vor ihn.
»Da, bitte sehr, Mr. Markby!«, sagte eine fröhliche Stimme.
»Das Buch, das Sie wollten. Ich hab doch gesagt, ich würd’s Ihnen ausleihen.«
»Oh, danke sehr, Jenny«, sagte er schwach.
»Ich hoffe, es gefällt Ihnen!« Sie sprang zur Theke zurück. Markby griff nach dem Buch, doch er war zu langsam. Meredith zog es triumphierend an sich.
»Was liest du denn da? Ich wusste ja gar nicht, dass du ein heimlicher Fan von Miederzerfetzern bist.«
»Bin ich auch nicht! Gib es her, um Himmels willen!« Doch sie hatte den Namen der Autorin entdeckt. Sie blickte ihn an, und jegliche Belustigung war aus ihren Augen verschwunden und jenem forschenden Ausdruck gewichen, den er so fürchtete.
»Das ist ja eins von Natalies Büchern! Du hast das, was ich dir erzählt habe, also doch ernst genommen!«
»Nein, ich war nur … neugierig. Ich habe mich an der Theke mit Jenny unterhalten, und sie scheint zu glauben, dass ich mir das verflixte Ding von ihr ausleihen möchte. Ich meine, es ist wohl kaum meine Geschmacksrichtung!«
»Keine Ahnung. Vielleicht ist es ja ganz spannend, wer weiß?« Meredith blätterte durch die übervollen Seiten, dann wandte sie sich wieder dem Titelblatt zu und betrachtete es stirnrunzelnd.
»Dieser Verlag … Toby hat etwas damit zu tun, wenn ich mich nicht irre. Ich meine nicht Toby selbst. Ein Onkel oder Patenonkel oder so etwas. Er hat mir davon erzählt.«
»Toby?«, fragte Markby misstrauisch.
»Du meinst doch nicht diesen Kerl in deiner Wohnung?«
»Genau den. Hast du vielleicht ein paar Münzen? Ich rufe ihn gleich von dem Telefon dort drüben aus an. Vielleicht ist er noch nicht auf seiner allabendlichen Tour.«
»Warum um alles in der Welt willst du Toby anrufen?«
»Weil«, erwiderte Meredith geduldig,
»weil Toby für uns herausfinden kann, ob Natalie wirklich Autorenlesungen in London veranstaltet. Ihr Verleger muss es schließlich wissen. Ich bitte Toby, seinen Onkel auszuhorchen und dir die Antwort direkt zukommen zu lassen.«
»Sei nur vorsichtig mit dem, was du deinem Freund Toby erzählst! Ich will nicht, dass der Verleger denkt, es könnte ein Problem mit einer seiner Bestsellerautorinnen geben. Vergiss nicht, dass sich alles wahrscheinlich in Wohlgefallen auflösen wird.«
»Toby wird sich schon etwas ausdenken«, erwiderte Meredith zuversichtlich.
»Er ist sehr einfallsreich in diesen Dingen.«
»Dann bring ihn doch dazu, dass er sich einfallen lässt, wie er an eine eigene Wohnung kommt!«, schnappte Markby verärgert.
Sie hatte Glück und erwischte Toby noch, gerade als er losgehen wollte.
»Wann kommst du zurück?«, fragte
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