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Wer Bist Du, Gott

Titel: Wer Bist Du, Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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an Gott. Wenn an ihn glauben bedeutet, zu ihm reden zu können, glaube ich an Gott« (Buber 1978). Der Gott, zu dem ich bete, zum Beispiel in meinem Leid, »ist mein und aller Gott«.

EUCHARISTIE UND ABENDMAHL - IN DEN GÖTTLICHEN KREISLAUF EINTRETEN

Eucharistie als Stunde der Intimität
    WUNIBALD MÜLLER: Mit das Schönste, was mir die Kirche schenkt, ist die Eucharistiefeier. »Wie Brot und Wein gegessen und getrunken werden, so kommt im Abendmahl der lebendige Gott mir nicht nur nahe, sondern sogar näher, als ich mir selber nahe zu sein vermag. Was das Evangelium verheißt, wird hier für mich erfahrbar: deus interior intimo meo - »Gott ist meinem Innersten näher, als ich es mir selber bin«, schreibt Otto Hermann Pesch in einem Beitrag in »Christ in der Gegenwart«. Die Eucharistie, zu der für mich auch der Empfang des Leibes und des Blutes in Form von Brot und Wein gehört, ist für mich neben dem Psalmengebet und der Meditation das Herzstück meiner Glaubenspraxis.
    Die Eucharistiefeier ist für mich die Stunde der Intimität, mitunter der innigsten Intimität mit Gott, die ihren Höhepunkt in der Wandlung und dann im Empfang des Leibes
und des Blutes, des Brotes und des Weines, findet. Gott ist mir mit und ohne Kommunion oder Abendmahl längst näher, als ich ihm jemals nah sein kann. Im Empfang der heiligen Kommunion, im Empfang des Abendmahls darf ich aber dieses unbegreifliche Geheimnis sinnlich erfahren und mit anderen zusammen feiern.
     
     
    ANSELM GRÜN: Die Eucharistie ist für mich auch ein wichtiger Ort der Gotteserfahrung. Ich kann Gott in der Stille erfahren, in der Meditation, im Gebet. Aber in der Eucharistie schmecke ich Gott. Die Mystikerinnen des Mittelalters sprachen, wie schon erwähnt, von der dulcedo dei, von der »Süßigkeit Gottes«. Das Schmecken - so meint der jüdische Religionsphilosoph Walter Schubart - vermag uns genauso zur Ekstase zu führen wie die Sexualität. Daher ist das Schmecken von Brot und Wein für mich eine sehr intensive Begegnung mit Jesus Christus und mit dem Gott, der sich in ihm für mich ausdrückt. Da erlebe ich die Kommunion wie einen Kuss der Liebe.
    Ich genieße langsam die Brothostie und spüre, wie Christus sich für mich hingibt, wie er mich mit seiner Liebe, mit der er mich im Tod bis zur Vollendung geliebt hat, erfüllt und durchdringt.Wenn ich im Wein seine menschgewordene Liebe trinke, die sich darin vollendet hat, dass er sein Herz für mich geöffnet hat, um Blut und Wasser auf mich auszugießen, dann schmecke ich im süßen Wein diese Liebe, die stärker ist als der Tod. Es ist die Liebe, von der das Hohelied weiß: »Süßer als Wein ist deine Liebe« (Hld 4,10).
    Natürlich weiß ich, dass Gott überall erfahrbar ist. Aber in der Eucharistie spüre ich Gott als den menschgewordenen
Gott, als den Gott, der ein menschliches Herz hat, dessen Liebe mir durch die Worte und durch das Antlitz Jesu menschlich nahekommt und dessen Liebe ich in der Kommunion mit allen Sinnen schmecken und genießen darf.

Gotteserfahrung in der Natur
    WUNIBALD MÜLLER: John Muir, der sich große Verdienste um die US-amerikanischen Nationalparks erworben hat, bezeichnet das Eintauchen in die Landschaft des Yosemite-Nationalparks in Kalifornien als Taufe im warmen Herzen der Natur. Mir gefällt dieser Vergleich. Ich liebe das Eintauchen in die Natur. Ich schätze die Erfahrungen, bei denen ich mich als Teil der Natur erlebe. Ich kenne die Erfahrung tiefer Verbundenheit mit dem Wald, der Luft, dem Boden, dem Meer und dem Himmel über mir. Für mich sind das tiefe spirituelle Erfahrungen, die mich als Teil der Schöpfung und meines Schöpfers erfahren lassen.
    Zugleich bedeutet es mir sehr viel, am Sonntag an einer Eucharistiefeier teilzunehmen. Das gemeinsame Beten und Singen, der Austausch des Friedensgrußes, die Vergegenwärtigung meiner Verbundenheit mit Gott durch den Empfang der heiligen Kommunion. Das alles sind für mich tiefe spirituelle Erfahrungen.
    Es geht hier für mich nicht um ein Entweder-oder, Gott also nur in der Natur zu finden oder Gott nur im Gebet oder in der Kirche zu begegnen. All diese Erfahrungen gilt
es zuzulassen und als Bereicherung, auch als gegenseitige Bereicherung, zu sehen. So kann eine Wanderung in den Bergen wie eine Taufe »im warmen Herzen der Natur« erfahren werden. Diese Erfahrung kann mich daran erinnern, Gottes »Kind« zu sein, in seinem warmen Herzen geborgen zu sein. Sie kann uns vergegenwärtigen, was es heißt, Gottes

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