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Wer Bist Du, Gott

Titel: Wer Bist Du, Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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von Gott als Geheimnis sprechen, dann ist das auch eine Einladung an die Menschen, die sich schwertun, an Gott zu glauben und sich ihrer eigenen spirituellen Sehnsucht zu stellen.
    Wenn ein Mensch offen ist für das Geheimnis, das größer ist als er, dann ist er letztlich offen für Gott. Nicht unbedingt der, der lauthals verkündet, dass er an Gott glaubt, glaubt auch in seinem Herzen an den Gott Jesu Christi.Vielleicht hat er sich Gott nur als Chiffre zurechtgelegt, um seine eigene Lebensweise zu rechtfertigen.Wer jedoch offen ist für das Geheimnis der Natur, für das Geheimnis des Menschen, für das Geheimnis der Musik, der ist letztlich auch offen für Gott, der hat ein Gespür für den geheimnisvollen und mit menschlichen Begriffen nicht erfassbaren Gott, für den Gott, wie ihn uns Jesus in seinen Worten aufgezeigt hat.
    Wenn ich mit Menschen spreche, die sich schwertun mit Gott, weil sie ein ganz bestimmtes Bild von Gott ablehnen, das sie seit ihrer Kindheit mit ihm verbinden, dann versuche ich immer, vom Geheimnis Gottes zu sprechen. Und ich merke, dass sehr viele Menschen - auch wenn sie keine Kirchgänger sind - um dieses Geheimnis wissen. Das Geheimnis, das sie in ihrem Herzen tragen, ist der Ansatzpunkt, mit ihnen über Gott zu sprechen, das unaussprechliche Geheimnis, das es uns ermöglicht, bei uns selbst zu Hause zu sein und Heimat in dieser Welt zu erfahren. Dichter sprachen von der unbehausten Welt, von einer Welt, in der wir
nicht mehr zu Hause sind, weil alles machbar geworden ist. Die Welt wird uns nur dann zur Heimat, wenn in ihr das Geheimnis wachgehalten wird.
     
     
    WUNIBALD MÜLLER: Das Gefühl, heimzukommen oder heimgekommen zu sein, stellt sich vor allem ein, wenn ich bei mir, in meinem Inneren, angekommen bin. Es ist dieses Gefühl von Ruhe und innerem Frieden. Ich bin dann mit mir und mit dem in Berührung, was mehr ist, als ich es bin. Ich bin in Berührung mit der Welt der Ewigkeit. Die Verbundenheit mit dieser Welt erfahre ich auch über die Verbundenheit mit Gott. Und wann immer ich diese Verbundenheit erfahre oder die Sehnsucht danach zulasse - die ich oft beim Aufwachen besonders stark spüre -, fühle ich mich ganz, in Frieden mit mir, fühle ich Frieden in mir.
    Doch es bleibt die Herausforderung, Heimat genauso auch in unserer konkreten Außenwelt zu erleben und erlebbar zu machen. Gott nicht nur in unserer Innenwelt zu erfahren, sondern nicht weniger auch in unserem Alltag: in den Elendsvierteln Afrikas, in den schmutzigen, unwirtlichen, heruntergekommenen Straßen mancher Großstädte, in den zum Teil trist anmutenden Altersheimen, in der oft so seelenlos wirkenden Geschäftswelt. Wo ist da Gott? Wo finde ich dort Gott?

DAS GEBET ALS ZUGANG ZU GOTT

Im Beten die Erfahrung machen, Teil eines Größeren zu sein
    WUNIBALD MÜLLER: Es gibt viele Möglichkeiten, sich in Gott zu verankern. Auf einige sind wir während unseres Gespräches bereits eingegangen. Einmal kann es eine Eucharistiefeier sein, dann, wie erwähnt, eine kurze Meditation am Ende eines Tages. Ebenso kann es ein kurzes Innehalten sein, wenn zum Beispiel am Freitagnachmittag in Erinnerung an Jesu Tod um drei Uhr die Glocken läuten. Es kann ein Blick hinauf zu den Sternen sein, ein Spaziergang durch den herbstlichen Wald, der die Türen zu unserem Innern öffnet, ein Stoßgebet, wenn ich vom Tod oder der Krankheit eines mir bekannten oder auch unbekannten Menschen erfahre. Sie alle stellen Formen dar, über die ich mit Gott in Kontakt treten kann. Jeder mag hier seine eigene Weise finden. Entscheidend ist vielmehr, eine Form zu finden, mit der ich in Verbindung mit Gott bleibe oder komme.
    Ich versuche auch immer wieder, während des Tages ganz bewusst innezuhalten, nach innen zu gehen, um mit
Gott in Berührung zu kommen, seine Gegenwart wahrzunehmen. Manchmal sind das nur wenige Sekunden, in denen ich vielleicht die Augen schließe und in eine bewusste innere Beziehung zu Gott trete. Oder ich beginne den Tag damit, indem ich eine Kerze anzünde.Wie ich den dunklen Raum damit schwach erleuchte, so erleuchte ich mich am Unermesslichen, wie es der Philosoph Ugaretti einmal formulierte. Ich nehme Kontakt mit Gott auf, vergegenwärtige mir bewusst seine Gegenwart.
    Eine besondere Bedeutung kommt dabei dem Gebet zu. Im Beten darf ich immer wieder die Erfahrung machen,Teil eines Größeren zu sein. In Gott geborgen und aufgehoben zu sein. Beten bewahrt mich vor der Angst und den Depressionen, die mich befallen

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