Wer bist du, schöne Juno
auf Hochglanz polierte Tür an, und dann Martin. Fragend zog sie eine Braue hoch.
Er lächelte nur, beugte sich vor und machte die Tür weit auf.
In dem Gefühl, einen endgültigen Schritt zu tun, ging Helen über die Schwelle. Der Raum war groß, und das war auch das Himmelbett, das an einer Wand stand.
Und dann war Martin da und zog sie fest in die Arme. Ehe er sie küssen und ihr die Sinne betören konnte, legte sie ihm die Hände auf die Schultern und schaute ihm lächelnd in die grauen Augen.
„Worum geht es bei deinem neuesten Traum, Martin?“ fragte sie einschmeichelnd und hoffte, ihn erst etwas abzulenken und gleichzeitig die Neugier zu befriedigen.
Er lachte, und die Zärtlichkeit seines Blicks erwärmte ihr das Herz. „Soll ich es dir wirklich jetzt schon sagen?“ fragte er. „Nun, vielleicht sollte ich das. Ich glaube nicht, daß es dir schwerfallen wird, die Sache zu handhaben. Sie liegt ganz im Bereich deiner Fähigkeiten.“
In Anbetracht des belustigten Tones, den er angeschlagen hatte, furchte Helen die Stirn und sagte streng: „Drück dich deutlicher aus, Martin!“ „Ah, ja! Ich bin sicher, daß du, sobald du weißt, was mein Traum ist, dich nicht mehr veranlaßt fühlen wirst, bei der Erfüllung desselben deine Gefühle unterdrücken zu müssen.“
Helen starrte Martin finster an und fragte: „Worum geht es, Martin?“ Er betrachtete sie ein wenig mißtrauisch und bat dann: „Versprich mir, nicht zu lachen.“
Verwirrt sah sie ihn an und fragte: „Warum sollte ich lachen.“ Da er sich nicht äußerte, verzog sie das Gesicht und gab nach: „Also gut. Ich verspreche, nicht zu lachen. Also, welchen Traum hast du?“
„Ich habe die Vision, daß du vor dem Kamin stehst. Ich glaube, vor dem in der Bibliothek meiner Stadtresidenz. Und du hältst unseren Sohn in den Armen.“
Helen zwinkerte.
„Oh!“ äußerte sie unverbindlich.
Aber sie konnte nicht verhindern, daß ein Lächeln auf ihren Lippen erschien. Sie begriff, daß sie jetzt wirklich am Ende ihres Regenbogens angekommen war und ihren Topf Gold gefunden hatte.
Rasch zwinkernd, um die Tränen des Glücks, die sie zu überkommen drohten, zurückzuhalten, schluckte sie und sagte: „Oh, Martin!“
Dann schlang sie ihm die Arme um den Hals und schmiegte das Gesicht an seine Schulter.
Nach einem Moment erkundigte sie sich lächelnd: „Ist das hier der Ort, wo ich ja sagen soll?“
„In Anbetracht der Schwierigkeit, die du mit diesem Wort hast, habe ich beschlossen, daß einige Praxis nicht unangebracht ist.“
Helen riß die Augen auf.
„Praxis?“ wiederholte sie im unschuldigsten Ton, dessen sie fähig war. „Hm“, äußerte Martin, neigte sich zu ihr und hauchte ihr einen Kuß auf den Mund. „Ich hatte mir gedacht, ich würde dich dazu bringen, häufig, oft, viele Male ja zu sagen.“
Die letzten Worte hatte er durch leichte Küsse unterstrichen, die zwar fest genug gewesen waren, um ihren Appetit zu wecken, andererseits jedoch so unbefriedigend, daß es Helen nach mehr gelüstete.
Sie merkte, daß ihre Willenskraft mehr und mehr schwand, bewahrte sich indes so viel Neugier, um fragen zu können: „Und wie willst du mich dazu bringen?“
Martin antwortete nicht.
Statt dessen zeigte er es ihr.
- ENDE-
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