Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)

Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)

Titel: Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Gees
Vom Netzwerk:
der Brottheke stand, blieb sie abrupt stehen und ihre Rückenschmerzen waren vor Erstaunen einen Moment lang vergessen. Dort stand wirklich und wahrhaftig Herr Adlam, wie eine Erscheinung aus einer Spukgeschichte. Sein Anblick jagte ihr einen Schauer über den Rücken und selbst das routinemäßige ‘Guten Tag, was darf es denn sein?’ blieb ihr im Hals stecken.
    Sie hatte diesen Mann noch nie gemocht, er war ihr absolut nicht geheuer. Unheimlich war er ihr, richtig unheimlich. Es war, als ginge so viel böse Strahlung von ihm aus, dass sie einem das Herz vergiften konnte. Selbst ein frommes Herz, wie das ihre.
    Zum Glück hatte sie normalerweise nichts mit Herrn Adlam zu tun. Das Brot kaufte seine Haushälterin Magarete für ihn, niemals er selbst. Und Magarete war eine wirklich freundliche Frau, eine gute Katholikin. Es war fraglich, warum sie überhaupt in diesem teuflischen Hause, dort oben auf dem Hügel von Scarheim, arbeitete.
    Mathilde brachte schließlich ein heiseres „Bitte?“ heraus.
     
    „Ich möchte zu dem Bildhauergesellen Philip. Er soll in diesem Haus wohnen.“
    „Ach...“ Mathilde brauchte noch einmal einige Sekunden, um durch ein Räuspern ihren Hals wieder frei zu bekommen. Ihr gefiel es gar nicht, dass dieser junge Bildhauer, der unter ihrem Dach zur Miete wohnte, einen solchen Besuch empfing. Was um alles in der Welt konnte das bloß bedeuten?
    „Dort rechts durch die Tür, die Stiege hoch. Da oben ist nur eine Tür. Da ist seine Stube“, erklärte sie kurz und deutete in die besagte Richtung, zur Treppe.
    Herr Adlam hatte sich schon von ihr abgewandt, bevor sie ganz zu Ende gesprochen hatte, und eilte durch die besagte Tür. Sie hörte seine festen Schritte, wie er die schmale Holzstiege hinaufstieg. Mathilde machte ganz automatisch ein Kreuzzeichen, fast unbewusst. Dann blieb sie wie eine Salzsäule erstarrt stehen, die Ohren gespitzt, um zu lauschen, was da oben vor sich ging. Eine Weile hörte sie nichts, nur Schritte und Stimmen der vorbeigehenden Menschen auf der Straße. Sie wollte sich schon wieder ihrer Arbeit zuwenden, teils, weil sie ja irgendwann damit fertig werden musste, aber auch teils, weil sie hoffte, beim Fegen wieder auf andere, weniger düstere Gedanken zu kommen.
Dann wurde es plötzlich einen Moment
    lang laut.
    Sie vernahm deutlich Philips Stimme, die weit über dem normalen Geräuschpegel lag. Herr Adlam antwortete. Sein Tonfall war ebenso laut. In seiner Stimme spürte Mathilde deutlich die Wut vibrieren, sie ging ihr durch Mark und Bein. Aber die Worte waren nicht zu verstehen, dazu war die Stimme zu weit entfernt.
    Dann wurde es wieder ruhig.
    Auf einige Sekunden der Stille folgte ein lauter Knall. Mathilde zuckte zusammen und ihr Herzschlag verdoppelte die Geschwindigkeit. Sie konnte durch das Fenster beobachten, dass die Leute auf der Straße stehenblieben und sich verdutzt umsahen. Da jedoch dort draußen niemand den Ursprung des plötzlichen Knalls feststellen konnte, legte sich die Unruhe schnell wieder. Die Menschen setzten ihren Weg fort.
    Doch Mathilde war es völlig unmöglich, sich wieder zu beruhigen. Kreidebleich stand sie dort, hob die Augen zur Decke und starrte hinauf, als könne sie mit einem magischen Blick die soliden Holzbalken durchdringen und sehen, was dort oben vor sich ging.
    Diesmal vergaß sie vor Schreck, ein Kreuzzeichen zu machen, wie sie es sonst immer tat, wenn sie sich durch teuflische Mächte bedroht fühlte. Sie war keines vernünftigen Gedankens mehr fähig, sondern wartete nur still auf das weitere noch kommende Unheil. Es kam jedoch nichts mehr.
    Für einige Minuten blieb es still, dort oben.
    Dann hörte sie Schritte auf der Treppe, schwere Stiefel. Gleich darauf kam Herr Adlam durch die Tür, hinter der er vor nicht allzu langer Zeit verschwunden war, wieder in den Laden hinein. Sein Gesichtsausdruck hatte sich keine Spur verändert, düster starrte er vor sich. Ohne Mathilde auch nur einen Blick zuzuwerfen, verließ er mit seinen typisch weit ausholenden, schnellen Schritten die Bäckerei.
    Was sollte Mathilde nun tun? Hinaufgehen und nachsehen, ob Philip noch lebte? Nein, sicher nicht! Der Angstschweiß stand ihr doch jetzt schon auf der Stirn. Sie würde mit ihren wackligen Knien keine einzige Stufe schaffen! Wo blieb denn nur ihr lieber Gatte? Hatte dieser furchtbare Lärm ihn denn gar nicht aus dem Schlaf gerissen? Er müsste doch nachsehen kommen, ihn könnte sie hinaufschicken!
    Aber scheinbar hatte sogar ein

Weitere Kostenlose Bücher