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Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)

Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)

Titel: Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Gees
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Loch in der Stirn, leblos im See treibend. Dann diese Kette, die Jakob, Katharinas Bruder, nach eigener Aussage niemals zuvor gesehen hatte, die durch Herrn von Roder jedoch als Eigentum seines verschollenen Sohnes identifiziert worden war.
    War der Junge ebenfalls nicht mehr am Leben?
     
    Würde man bald auch auf seine Leiche stoßen?
     
    Katharina blieb dem Anwalt eine Antwort schuldig.
    Sie wusste um die aufgebrachte Stimmung der Leute und dass die Schuldfrage allgemein bereits geklärt zu sein schien. Doch sie wollte weiter an das Prinzip der Sammlung von Beweisen glauben, das einer objektiven Rechtsprechung zugrunde lag. Sie selbst war nicht in der Lage, sich in irgendeiner Weise ein Gesamtbild von der Vielzahl der Ereignisse zu machen. Die Geschehnisse schienen keinen Zusammenhang untereinander zu haben. Was blieb, war das beängstigende Gefühl, von einem irren Mörder beobachtet zu werden. Und zudem gab es eine Unmenge brennender Fragen, auf die niemand eine Antwort wusste.
    „Wie dem auch sei“, sagte der Anwalt endlich, nach einer langen Pause. „Bei seinem letzten Besuch bei mir rechnete er offensichtlich nicht damit, nach dem vorhergesehenen, zweiwöchigem Verschwinden zurückzukehren. Denn er beauftragte mich damit, seinen gesamten Besitz an Sie weiterzugeben.“
    Herr Schmid holte nun aus seinem Koffer einen versiegelten Umschlag hervor, den er Katharina entgegenstreckte. „Das ist eine persönliche Mitteilung an Sie. Sie sollten sie zuerst lesen, bevor wir uns über formelle Dinge unterhalten.“
    Für Katharina war es keine Überraschung, zu hören, dass sie Roberts Erbin war. Schließlich hatte er unverkennbare Andeutungen gemacht. Aber es war für sie viel zu früh, über eine Erbschaft überhaupt nur zu reden. Sicher, sie hatte ihn für tot gehalten, als er dort auf der Erde lag, mit starren, weit geöffneten Augen. Doch offensichtlich war diese Diagnose ein Irrtum gewesen, denn Leichen standen eher selten wieder auf und machten sich davon.
    „Ich glaube nicht, dass…“, begann sie deshalb zögernd und brach dann verunsichert ab. Sie machte keine Anstalten, den ihr gereichten Umschlag anzunehmen.
    Der Anwalt ahnte offenbar ihre Bedenken, denn er erklärte ihr: „Es handelt sich hier nicht um eine Erbschaft, sondern um eine Schenkung.“
    Doch Katharina zögerte noch immer.
    „Lesen Sie doch erst einmal diese Mitteilung“, schlug der Anwalt vor. „Vielleicht bringt sie etwas Licht in die ganze Angelegenheit.“
    „Gut“, sagte Katharina schwach und nahm den Umschlag endlich entgegen. Sie war sich gar nicht sicher, ob sie überhaupt bereit war, irgendetwas über die tieferen Hintergründe der schrecklichen Ereignisse zu erfahren. Sie verspürte sogar direkt Angst, etwas lesen zu müssen, was sie in Wirklichkeit gar nicht wissen wollte.
    Das Siegel des Umschlags erkannte sie sogleich. Es war das alte Siegel der Familie Adlam, das schon Roberts Großvater Leonard benutzt hatte. Es gehörte zu den äußerst seltenen Überbleibseln aus Roberts früherem Leben mit seiner Familie, die noch in Benutzung waren. Beinah alles andere ruhte hinter verschlossenen Türen in diesem großen Haus, bedeckt von weißen Leichentüchern. Doch die Türen waren in den letzten Tagen von Fremden geöffnet und die Tücher gelüftet worden. Von den Polizisten, die alle Räume des Hauses durchsucht hatten. Katharina war es beinah vorgekommen, als seien Gräber geöffnet und die toten Körper daraus hervorgezerrt worden.
    Die alten Möbel und ihr reichlicher Inhalt erzählten von dem Leben längst verstorbener Menschen, verrieten ihre Vorlieben, ihre Weltanschauung. Katharina hatte alles nur aus der Distanz beobachtet, mit einem unguten Gefühl im Magen. Sie hatte keine Ahnung gehabt, dass Robert wirklich alles aufgehoben hatte, was an seine Familie erinnerte. Er redete nie von diesen Menschen, seinen Eltern und Geschwistern. Für Katharina waren es völlige Fremde. Doch sich von den Erinnerungsstücken zu trennen, das war ihm offensichtlich nicht gelungen.
    Katharina brach das Siegel und öffnete den Umschlag.
    Der Anblick von Roberts vertrauter Schrift versetzte ihr einen unerwarteten Stich. Als sie ihn zuletzt gesehen hatte, hatte sein Verhalten blankes Entsetzen in ihr ausgelöst. Doch trotzdem konnte sie nicht umhin, ihn schmerzlich zu vermissen. Der kurze Brief beinhaltete keine persönliche Anrede, nur ein Datum am oberen Rand des Papiers. Nur drei Tage vor dem Tag seines Verschwindens war die Nachricht

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