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Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)

Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)

Titel: Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Gees
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Nachfahren, ihr hättet die Möglichkeit gehabt, die Macht der alten Völker wieder aufleben zu lassen, deren Geist noch eins war mit den Kräften der Natur. Und auch mit den Kräften, die über der Natur stehen. Und das mit allen zusätzlichen Chancen unserer modernen Zeit.“
    Er hielt inne.
     
    Ein Moment der Stille.
    Dann fügte er leise, mit einer Spur von Betrübnis in der Stimme, hinzu: „Aber dein Starrkopf hat gesiegt. Deine Antwort auf meine Bemühungen war: Das rigorose Brechen meiner Regeln. Die konstante Forderung nach mehr, als dir für den Moment zustand. Das Arbeiten gegen mich und meine Ziele. Und zuletzt die Drohung, dass nur Platz für einen von uns sei. Gleich darauf hast du, wie auch schon in der Vergangenheit bereits, einen Anschlag auf mein Leben verübt. Du hast eine meiner Schutzbarrieren, die zur Sicherung meines Eigentums dienten, gegen mich gekehrt, mit dem klaren Ziel, mich zu töten. Ich weiß nicht, woher der Hass gegen mich stammt. Ich habe mich nicht an dir schuldig gemacht. Ganz im Gegenteil: Ich hätte nach und nach alles in deine Hände gelegt, was für mich auf dieser Welt von Wert ist. Aber du wolltest kein bisschen Geduld aufbringen. Und auch meinen Geduld ist nun am Ende.“
    Wieder traten einige Minuten der Stille ein.
    In diesen Raum drang kein Geräusch von außen, musste Robert feststellen. Kein Gesang von Vögeln, kein Rauschen des Windes oder vielleicht des Flusses. Die Lichtstrahlen, die das Gewebe vor seinen Augen durchdrangen, hatten einen warmen, gelben Schimmer und waren in unsteter Bewegung. Kein Sonnenlicht, sondern das Flackern von Feuer. Das Knistern der Flammen drang an sein Ohr und der Geruch des Rauches wies auf mehrere Fackeln hin.
    Ein abgeschlossener, steinerner Raum, also. Völlig leer, bis auf ihn selbst, den Priester und den lichtspendenden Fackeln. Mit großer Wahrscheinlichkeit ohne Fenster, aber mit einer schweren, quietschenden Tür, deren Geräusche mehrmals während der zurückliegenden Phasen des Halbschlafs zu ihm durchgedrungen waren.
    Ganz, wie ein Kerker.
    Und auch die Fixierung seiner Handgelenkerinnerte ihn daran. Mit dem einzigen Unterschied, dass seine Gelenke nicht in eisernen Ringen steckten, sondern vermutlich in Lederschlaufen, die zusätzlich von innen mit einem Öl eingerieben waren, sodass sie nicht auf der Haut scheuerten.
    „Dass du schweigst“, bemerkte der Priester, „ist ungewöhnlich. Ich bin deinen Widerspruch gewohnt.“
    „Das heißt also“, stellte Robert fest, „ich habe das Wort, Richter ?“
     
    Der Priester stieß ein kurzes, heiseres Lachen aus.
    „Das ist meine alte Profession, mein Freund. Wenn ich heute mein Urteil fälle, dann gibt es keine Berufung. Die Gesetze mache ich. Und ich bin befugt, die Strafe selbst durchzuführen.“
    Jetzt konnte Robert sich weitere Ironie nicht mehr verkneifen.
     
    „Also bist du heute weniger ein Richter , als vielmehr ein Gott .“
    „Was kann ich anderes erwarten“, erwiderte der Priester, „als dass du mir mit Spott begegnest? Ich bin einmal dem Irrtum anheimgefallen, irgendeines Tages deine Achtung zurückgewinnen zu können. Doch die Art von Respekt, die du in unseren ersten gemeinsamen Jahren zeigtest, hast du grundsätzlich verloren. Du hattest auch keinen Respekt gegenüber den Schriftwerken einer uralten Sammlung. Nicht gegenüber den wenigen Menschen, die in deinem Leben Bedeutung hatten. Und schon gar nicht gestehst du ihn mir zu. Sag mir also: Wem oder was gilt deine Achtung noch, außer dir selbst?“
    Robert entgegnete ihm mit einem Anflug von Wut: „Gerade du musst zu mir von Achtung reden. Du hast weder Respekt vor dem menschlichen Leben, noch vor den Gesetzen der Natur. Du schaffst dir deine privaten Monster. Auch ich bin eines von ihnen. Du pfuscht der Schöpfung ins Handwerk. Du ergänzt einfach, was nach deiner Meinung fehlt. Ohne dass dein immer noch menschliches, beschränktes Hirn, das große Ganze auch nur ansatzweise überblicken kann.“
    Sanft, beinah nachsichtig, antwortete der Priester: „Robert, ich kann den Umfang meiner Eingriffe sehr viel besser überblicken, als du dir auch nur vorstellen kannst. Und was dich als mein sogenanntes Monster angeht: Das Buch, das du mir stehlen wolltest, hätte dir alles darüber erzählt, wer du wirklich bi s t . Und wie weit entfernt deine Grundlagen von irgendwelchen künstlichen Monstern sind, die übrigens nur in deinem Kopf existieren. Ich hätte dir dieses Buch als erstes zu lesen gegeben,

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