Wer Blut vergießt
auf die Stadt herabgesenkt und lastete schwer auf den Straßen in der Nähe des Flusses wie ein gewaltiges graues Monstrum.
Kincaids alter Astra parkte vor Dougs Haus, und der kümmerliche Rest von Tageslicht verblasste im grün-goldenen Schein der Haustür.
Als Melody und Gemma ausstiegen, kam Kincaid bereits heraus, um sie zu begrüßen. Er musste nach ihnen Ausschau gehalten haben, und wieder krampfte sich ihr Magen vor Angst zusammen. Als sie vor Kincaid stand, fasste sie ihn am Arm, um ihn einen Moment zurückzuhalten. »Geht es um Andy?«, fragte sie leise. »Ist er …«
»Ihm geht’s gut.« Kincaid klopfte ihr beruhigend auf die Schulter. »Kommt rein, dann können wir uns gegenseitig auf den neuesten Stand bringen.«
Drinnen thronte Doug in seinem Wohnzimmersessel wie eine Königliche Hoheit bei der Audienz. Im Kamin brannte ein Feuer, und auf dem Couchtisch standen Teller mit frisch zubereiteten Sandwichs und Obst.
»Das Wasser kocht gleich«, sagte Kincaid. »Ich hol nur noch die Tassen.«
Melody wies auf die Sandwichs. »Hast du die gemacht?«
»Doug meinte, ihr braucht was im Magen, also hab ich schnell ein paar Sachen eingekauft.«
»Du machst dich ja wirklich als Hausmann«, sagte Melody. Sie war sich allerdings immer noch nicht sicher, ob sie in der Lage wäre, das Festmahl angemessen zu würdigen.
»Sporn ihn nicht noch an«, warf Gemma ein. »Er stellt so schon meine erbärmlichen Versuche in der Küche weit in den Schatten.« Sie griff nach einem Sandwich-Dreieck und biss hinein. »Mmh, Roastbeef mit Meerrettich. Schmeckt nach mehr.«
Doug hatte schon einen leeren Teller neben seinem Platz stehen und trommelte ungeduldig auf die Armlehne seines Sessels. Als Kincaid ein Tablett mit Tassen und einer Kanne Tee hereinbrachte, fragte Doug: »Was habt ihr denn bei Caleb Hart erreicht?«
»Ziemlich wenig, würde ich sagen«, antwortete Gemma kauend. »Wir haben ihn in dem Studio in Crystal Palace angetroffen«, fügte sie hinzu, nachdem sie heruntergeschluckt und von Kincaid eine Tasse Tee entgegengenommen hatte. »Er hat zwar zugegeben, Arnott im Pub erkannt zu haben, aber Poppy und ihre Eltern wissen Bescheid über seinen Prozess und die Folgen. Es war Poppys Vater, der ihm geholfen hat, vom Alkohol loszukommen. Und wir werden natürlich alles überprüfen, aber wie es aussieht, hat er plausible Alibis für beide Morde.«
»Ich denke, wir sollten reihum berichten«, sagte Kincaid, während er Melodys Tasse füllte und dann Doug und sich selbst nachschenkte. »Gemma, erzähl doch mal von eurem Gespräch mit dem Direktor des Internats.«
Gemma lieferte ihnen eine etwas gekürzte Version von Wayne Carstairs’ Geschichte und fügte dann hinzu: »Damit haben wir eine Verbindung zwischen Vincent Arnott und Shaun Francis, aber ich kann immer noch nicht erkennen, wie das alles mit Shauns Begegnung mit Andy im Park im Sommer desselben Jahres zusammenhängt. Jagen wir hier vielleicht einem Phantom hinterher?«
»Nein, ich fürchte, das tut ihr nicht.« Kincaid setzte sich auf die Kante des Sofas und drehte die Tasse in seinen Händen. »Ich habe heute Mittag bei Tam mit Andy gesprochen. Eure Mrs Drake war Andy Monahans Nachbarin.
Andy war ein Schlüsselkind. Schlimmer noch – seine alleinerziehende Mutter war Alkoholikerin, und er musste für sie sorgen. Er und Mrs Drake – Nadine – freundeten sich an. Es war anscheinend das erste Mal, dass ein Erwachsener irgendein Interesse an ihm zeigte oder sich um sein Wohlergehen sorgte. Und nach dem, was Andy mir erzählt hat, vermute ich, dass Nadine Drake genauso einsam war.« Er streifte Melody mit einem besorgten Blick. »Es war Nadine, die ihn zum Gitarrespielen ermunterte, doch er sagte, er habe mit ihr nie über persönliche Dinge gesprochen. Er wusste, dass ihr Mann gestorben war, aber er hatte keine Ahnung, was sie beruflich machte.«
»Das ist doch merkwürdig«, meinte Gemma, während sie sich hinüberbeugte, um nach der Teekanne zu greifen.
»Nicht unbedingt.« Kincaid zuckte mit den Achseln. »Andy sagte, sie hätten über Bücher und Musik und Geschichte geredet – die Dinge, die sie beide interessierten. Erst als Erwachsene beurteilen wir einen Menschen gleich danach, was er macht und wen er kennt. Andy war erst dreizehn. Und was Nadine Drake betrifft, vermute ich, dass es ihre Art war, die Beziehung zu ihm von ihrer Lebenswirklichkeit zu trennen.«
Melody überlief es plötzlich kalt. »O Gott, war an dieser Geschichte wirklich
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