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Wer Blut vergießt

Wer Blut vergießt

Titel: Wer Blut vergießt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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ihn zurück. Und dann beschimpft Vince den Gitarristen, weil er eine Schlägerei angezettelt hat, und der Gitarrist sagt ihm, er soll sich verpissen. Das war’s dann auch schon.«
    »Kannten die zwei sich? Arnott und der Gitarrist?«
    »Ich glaube nicht. Es war keine von unseren üblichen Bands, und soweit ich mitbekommen habe, hat Vince ihm die Leviten gelesen, nach dem Motto: ›Benehmen Sie sich gefälligst, junger Mann.‹ Vince konnte da ziemlich unangenehm werden, aber mir war’s nur recht. Ich mag keine Schlägereien in meinem Lokal.«
    Gemma runzelte die Stirn. »Haben Sie Arnott danach noch gesehen?«
    »Ich habe ihm noch einen Drink serviert, vielleicht so kurz vor elf«, antwortete Reg und zog nachdenklich die Stirn in Falten. »Danach hab ich ihn im Gedränge aus den Augen verloren.«
    »Und dieser Gitarrist?«
    »Sein Manager hat ihm einen Eisbeutel auf die Hand gepackt. Das weiß ich, weil ich ihm selbst das Eis von der Bar geholt habe. Dann hat die Band noch mal gespielt, und ich glaube, er ist dann mit dem Manager gegangen. Ziemlich miese Band, aber der Gitarrist war gut.«
    »Wissen Sie vielleicht, wo wir ihn finden können?«, fragte Gemma. Sie sagte sich, dass jede Spur besser sei als gar keine Spur.
    »Ja, das weiß ich zufällig.« Reg schien erfreut, endlich einmal konkret helfen zu können. »Der einzige Grund, warum wir die Band gestern Abend hierhatten, war, dass Caleb Hart, der Plattenproduzent aus Dulwich, hier Stammgast ist und den Typen spielen hören wollte. Er macht heute Aufnahmen mit ihm in einem Studio hier in der Nähe. Ich kann Ihnen auch sagen, wie Sie da hinkommen.«

5
    Der Wiederaufbau begann im August 1852, und im Juni 1854 wurde der Crystal Palace an seinem neuen Standort von Königin Victoria wiedereröffnet … Das ganze Gebäude war gigantisch – 563 Meter lang und 124 Meter breit, mit zwei riesigen Türmen und zahlreichen Brunnen, aus denen 11000 Wasserfontänen aufstiegen.
    www.bbc.co.uk
    Andy hatte seine Strat eingestöpselt und war noch mit Stimmen beschäftigt, als Poppy die ersten Töne eines Bass-Riffs anschlug. Er sah verblüfft zu ihr auf. Es war charakteristisch, unverwechselbar, und ganz und gar nicht das, was er erwartet hatte.
    »Na, kennst du das, Gitarrero?«, fragte Poppy mit schelmischem Grinsen.
    Er stimmte die letzte Saite und begann sie zu begleiten, fand die Töne, fühlte sich in die Harmonien ein und sah zu, wie ihre zierlichen Finger über den Hals des Basses glitten. Als sie ihren Rhythmus gefunden hatten, wechselte sie zum Intro, beugte sich vor, bis ihre Lippen fast das Mikro berührten, und sang den Text, den er so gut kannte: »She’s a rich girl, she don’t try to hide it, diamonds on the soles of her shoes …«
    Ein Schauer lief Andy über den Rücken. Die kleine Poppy Jones war ein Alt, volltönend, tief und zugleich ein wenig rau, und sie klang anders als alles, was er jemals gehört hatte.
    Er sah zu Tam hinüber, der nur nickte. Ich hab’s dir gesagt , hieß dieses Nicken.
    Sie spielten den Song einmal durch, dann noch einmal. Die Zeit schmolz dahin, verloren im Klang. Von Paul Simon wechselte Poppy zu Rickie Lee Jones’ »Chuck E’s in Love«, und dann zu etwas, das er nicht kannte. Eine Eigenkomposition? Es war jazzig, bluesig und ein bisschen unfertig. Sobald Andy den Text draufhatte, sang er den Back-up-Part und spielte dazu seine eigenen Riffs auf der Strat, und der Song nahm Konturen an, wurde geschliffener. Sie war gut, doch zusammen waren sie besser.
    Nach einer Weile merkte er, dass Caleb Hart sie mit einer Videokamera filmte und dass sie die Zeit, für die Caleb das Studio gebucht hatte, längst überschritten hatten. Aber er wusste auch, dass niemand den Fluss unterbrechen wollte. Dafür würde später noch Zeit sein.
    Was sie in diesem flüchtigen Moment schufen, war reine Magie.
    Gemma und Melody traten aus der Wärme des Pubs hinaus in den böigen Wind, der die Westow Street heraufwehte. Wolkenfetzen jagten über den Himmel, und es war merklich kälter geworden. Gemma knöpfte ihre Jacke zu und rief dann einen Plan des Stadtteils auf ihrem Handy auf.
    »Wollen wir das Auto holen, Chefin?«, fragte Melody. »Und zum Tatort zurückfahren?«
    Gemma runzelte die Stirn und überlegte einen Moment. »Ich denke, eine von uns sollte sich mal diesen Gitarristen anschauen. Er ist bislang die einzige Person, von der wir wissen, dass sie mit dem Opfer näheren Kontakt hatte.« Die Westow Street, wo sie nach Auskunft des

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