Wer Böses Tut
dran.«
»Halten Sie den Mund, oder ich zeige es Ihnen«, knurrte Minderedes. Er fesselte ihn, zog den vor Schmerz jaulenden Jennings auf die Füße und wandte sich an Tartaglia. »Draußen warten ein paar Beamte, Sir. Wir bringen ihn aufs örtliche Revier und holen einen Arzt.«
»Sein Arm ist gebrochen. Bringt ihn lieber direkt in die Notaufnahme. Aber nehmt ihm auf keinen Fall die Handschellen ab. Aus irgendeinem Grund will er unbedingt fliehen.«
»Wahnsinn, Mark. Du bist ja gefährlich«, sagte Turner und wischte sich den Schweiß von der Stirn, während Minderedes Jennings aus dem Zimmer schleifte. »Ich wusste gar nicht, dass wir einen verdammten Steven Seagal im Team haben.«
»Das ist Jiu-Jitsu und nicht Aikido«, erwiderte Tartaglia scharf, um ihn in seine Schranken zu weisen. Vielleicht lag es an Turners Nerven oder am Nachlassen der Spannung, aber ihm war nicht danach zumute, das Ganze auf die leichte Schulter zu nehmen. Er war nicht stolz auf das, was er getan hatte, aber andernfalls hätte er ein Messer in der Brust gehabt, und seiner Ansicht nach hatte Turner die Situation unnötig provoziert.
»Verdammt nützlich, egal, was es ist«, sagte Turner und nickte langsam, als kenne er den Unterschied. »Hast du den schwarzen Gürtel oder so was? Vielleicht kannst du mir ja ein paar Griffe beibringen.«
Tartaglia sagte dazu nichts.
»Wann hast du das gelernt?«, beharrte Turner und folgte ihm aus dem Raum.
»In der Schule. Heute trainiere ich nicht mehr.« Es war über fünfzehn Jahre her, seit er das letzte Mal einen Fuß in ein Dojo gesetzt hatte, aber Jiu-Jitsu gehörte wie Fahrradfahren zu den Dingen, die man nicht verlernte; die Reaktionen kamen instinktiv und automatisch wie das Atmen. Zum Glück hatte er nur selten Grund, sein Können anzuwenden.
»Gefällt dir dieses Kampfsportzeug?«
»Eher im Gegenteil. Ich wurde gemobbt.«
»Was, du?«
»Das kann jedem passieren. Mein Vater dachte, ein Kampfsport würde mir Selbstvertrauen geben.«
»Das ist es also«, sagte Turner mit einem angedeuteten Lächeln. »Und ich dachte immer, es ist das südländische Blut.«
Tartaglia widerstand dem Impuls,Turner den dämlichen Ausdruck aus dem Gesicht zu wischen, und blieb vor der Schlafzimmertür stehen. »Ich will nur noch mal nach Heather sehen.«
Er schob die Tür auf und ging hinein. Sie hatte sich nicht bewegt. Er ging neben ihr in die Knie und lauschte wieder auf ihre Atemzüge. Jetzt hörte er fast nichts. Als er sie berührte, fühlte sie sich kalt an, und er konnte im ersten Moment kaum ihren Puls finden. Er beugte sein Gesicht ganz nah über ihres. Ihr Atem roch nicht nach Alkohol, ein gutes Zeichen, allerdings war es möglich, dass sie zusammen mit dem Heroin irgendeinen anderen Cocktail genommen hatte. Vielleicht war sie okay. Vielleicht würde sie von allein wieder aufwachen. Doch sein Instinkt sagte ihm, dass sie dabei war, ihnen zu entgleiten. Es ging um das Leben eines jungen Mädchens, mit dem er zwar nie gesprochen hatte, mit dem er sich aber seltsam verbunden fühlte, weil es Donovan ähnlich sah, und ganz abgesehen davon konnten sie es sich nicht leisten, sie zu verlieren. Sie war ihrem
Wissen nach die einzige lebende Person, die bezeugen konnte, was für einen perversen Charakter Michael Jennings hatte.
»Turner!«, schrie er, ohne Heather aus den Augen zu lassen.
Turner steckte den Kopf zur Tür herein. »Alles in Ordnung mit ihr?«
»Nein, verdammt. Ruf einen Krankenwagen!«
Neunundzwanzig
»Ich war es nicht. Ich habe nichts mit dem Mord an Dr. Watson zu tun. Wie oft soll ich Ihnen das noch sagen, damit Sie mir glauben?« Mit wässrigen Augen, die Hände gefaltet vor sich, schaute Michael Jennings über den Tisch hinweg erst Donovan und dann DS Jason Pindar neben ihr flehentlich an.
Donovan wiegte langsam den Kopf, als hätte sie das alles schon mal gehört und glaubte ihm kein Wort.
Sie waren in einem Vernehmungsraum auf dem Revier in Camberwell. Es war beinahe acht Uhr abends, und das Aufnahmegerät und die Kamera liefen seit fast zwei Stunden. Tartaglia, Steele und Turner saßen in einem Nebenzimmer und verfolgten das Verhör über eine Videoschaltung. Tartaglia beobachtete jede einzelne Reaktion auf die Fragen, die man ihm stellte, aber das jungenhafte Gesicht war ein Bild unerschütterlicher Unschuld, der eingegipste Arm in der Schlinge gab dem Ganzen noch zusätzlich einen theatralischen Touch von Hilflosigkeit. Mit dem Wust blonder Haare, der
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