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Wer Böses Tut

Wer Böses Tut

Titel: Wer Böses Tut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Forbes
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Als er die Tür aufmachte, schlug ihm der süße, moschusartige Duft einer Räucherkerze entgegen, der so stark
war, dass er den allgemeinen Gestank in der Wohnung überlagerte. Schmutzige, rot gemusterte Vorhänge sperrten das Tageslicht aus, doch aus dem Flur fiel genug Licht herein, sodass er Heather erkennen konnte, die, eine Decke halb um sich gewickelt, mitten im Zimmer flach auf dem Rücken auf einer Matratze lag. Er hatte während seiner Zeit auf dem Revier mehr als genug Junkies gesehen, oft nachdem sie sich eine Überdosis gespritzt hatten, aber er urteilte nicht über sie. Man konnte die Hölle eines anderen Menschen nicht verstehen, und beim Anblick des jungen Mädchens auf dem Bett überfiel ihn eine tiefe Traurigkeit.
    Er ging in das Zimmer hinein, und nachdem sich seine Augen an das dämmrige Licht gewöhnt hatten, sah er, wie blass, beinahe durchscheinend, ihre Haut war. In einer engen Jeans und einem T-Shirt, das ein gutes Stück über ihrer Taille endete, sah sie aus wie eine Puppe, ein magerer Arm lag auf dem Kissen, ihre nackten Füße ragten unbequem über das Ende der Matratze heraus und berührten fast den Boden. Spritze, Löffel, Feuerzeug und noch einige andere Kleinigkeiten, die zur Ausrüstung eines Süchtigen gehörten, lagen in ihrer Nähe auf dem Boden verstreut neben einem ramponierten Teddybären, dessen glasige Augen an die Decke starrten.
    Er beugte sich hinunter und betrachtete Heather genauer, nahm das kurze, struppige braune Haar in sich auf, die zarten Gesichtszüge, die kleine Stupsnase und den hübschen, kleinen Mund. Er glaubte, die Blutergüsse und Brandmale, die Turner beschrieben hatte, an ihren Handgelenken und Füßen zu erkennen und auch einen Schatten an ihrem Hals. Sofort fielen ihm die Male an Rachel Tenisons Körper ein, die ganz ähnlich waren. Vielleicht hatte sie Jennings irgendwo in einer Bar aufgerissen. Vielleicht war das die Verbindung. Catherine. Rachel. Heather. Wenigstens lebte Heather noch. Aber in einem irrte
Turner sich; in ihrer selbst verschuldeten Erstarrung wirkte sie kaum älter als ein Kind.
    Und auf einmal fiel ihm auf, dass sie auch Sam Donovan ähnlich sah, obwohl ihn bei dem Gedanken sofort ein ungutes Gefühl überkam. Vielleicht spielte ihm das Licht einen Streich, oder es war zu dunkel, aber bei Heathers Anblick war ihm, als sähe er Donovan in einem anderen Leben oder in einem Alptraum. Bei dem Gedanken durchzuckte es ihn schmerzhaft, und er wollte sie am liebsten sofort sehen, warm, herzlich und gesund, und den Arm um sie legen. Vielleicht waren das wieder die Nachwehen des Bräutigam-Falls, die ihn verfolgten. Ob Turner die Ähnlichkeit bemerkt hatte? Und was hatte Turner neulich Abend bei Donovan gewollt?
    Heather lag bewegungslos und still da. Beunruhigt kniete er sich auf die Matratze und lauschte konzentriert, bis er sie schließlich langsam und flach atmen hörte. Beruhigt setzte er sich an eine Ecke neben sie, lauschte dem beständigen Dröhnen des Verkehrs draußen und dem Wummern der Musik im Stockwerk über sich und stellte sich darauf ein zu warten.
    Es dauerte nicht lange, bis er das Vibrieren seines Handys in der Tasche spürte; eine SMS von Minderedes, wie verabredet, gleichzeitig an ihn und Turner gesendet.
     
    Jennings kommt. Folge ihm.
     
    Er schaute auf die Uhr. Jennings kam früh nach Hause. Er stand auf und stellte sich in den Schatten hinter der Schlafzimmertür. Sekunden später hörte er vor dem Fenster Schritte auf der Treppe zum Souterrain, dann einen Schlüssel im Schloss. Die Wohnungstür fiel hinter Jennings zu, und er ging an der Schlafzimmertür vorbei direkt ins Wohnzimmer. Als Tartaglia hinter der Tür hervorkam und ihm nachging, hörte er lautes Rufen, gefolgt
von Turners eintöniger Stimme, die Jennings seine Rechte erklärte.
    Jennings stand gleich hinter der Tür, das Gesicht Turner zugewandt, die Nackenmuskeln angespannt, die Arme an den Seiten, bereit zum Sprung.
    »Halten Sie den Mund«, übertönte Jennings Turners Stimme. »Sie sind verrückt. Ich habe nichts getan.« Anscheinend hatte er Tartaglia hinter sich noch nicht bemerkt.
    Obwohl Jennings nicht größer als einsfünfundsiebzig sein konnte, war er muskulös und kräftig, als trainiere er regelmäßig. Er hatte dichte, stufig geschnittene, strähnige blonde Haare und trug Jeans, Turnschuhe und eine marineblaue Fleecejacke mit Kapuze. Sofort fiel Tartaglia die Beschreibung des Mannes ein, den Liz Volpe im Holland Park gesehen hatte, und er

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