Wer Böses Tut
auf und ging hinein. Ich habe immer noch niemanden gesehen, also wollte ich nach unten gehen. Da habe ich sie unten in seinem Büro vögeln hören. Vielleicht war es auch ihr Büro, das weiß ich nicht mehr.«
»Die beiden haben die Ladentür aufgelassen?«
Sie zuckte mit den Achseln. »Vielleicht aus Versehen, oder vielleicht hatte sich das zwischen ihnen auch ganz spontan ergeben. Obwohl der Gedanke, jemand könnte einfach hereinkommen und sie erwischen, die Spannung noch erhöht. Manche Menschen mögen das.«
Sie sprach nachlässig, als wäre das alles Teil einer anderen Welt, und er fragte sich ganz kurz, was sie wohl mochte.
»Und Sie haben ihr gesagt, dass Sie wussten, was los ist?«
»Ja. Ich habe sie am nächsten Tag damit konfrontiert - ich mag es nicht, wenn man mich anlügt, auch wenn es mich eigentlich nichts angeht. Dann hat sie mir erklärt, dass Richard und sie eine Affäre hätten oder irgendwas in der Art. Sie redete ziemlich nüchtern darüber, wie jemand, der einem erzählt, was er zu Mittag gegessen hat. Sie sagte, es wäre noch ganz neu, und irgendwann hätte sie es mir erzählt. Was sie bestimmt auch getan hätte, aber - na ja, es war nicht ihre Art, über solche Dinge zu sprechen.«
Er nahm einen Anflug von Bitterkeit in ihrem Tonfall wahr, was er seltsam fand, und er fragte sich, ob sie vielleicht eifersüchtig gewesen war. Frauenfreundschaften waren rätselhaft. Eben noch Busenfreundinnen, dann spinnefeind, sie konnten so eng, so intensiv sein, dass da kein Raum mehr für irgendjemand anderen war. Er hatte sich oft ausgeschlossen gefühlt. Aber vielleicht fanden ja manche Frauen solche Intimität klaustrophobisch. Vielleicht war es das, was Liz Volpe sagen wollte. Er spürte, dass mehr hinter ihren Worten steckte, doch er hatte keine Ahnung, was es sein konnte.
Er stellte das Glas ab und drückte die Zigarette aus, beugte sich vor und hielt ihren Blick fest, sicher, dass sie nicht alles sagte. »Bitte erzählen Sie weiter.«
Liz zuckte mit den Achseln. »Mehr gibt es eigentlich nicht
zu erzählen. Ich hatte nur irgendwie das Gefühl, dass ich ihr den Spaß verdorben habe, weil ich es herausgefunden habe.« Sie blies eine letzte Rauchwolke in die Luft und zerdrückte heftig die Zigarette auf der Untertasse. »Vielleicht glauben Sie mir ja jetzt, wenn ich Ihnen sage, dass ich keine Ahnung habe, ob sie sich mit jemandem getroffen hat, bevor sie starb.«
»Gut«, sagte er, obwohl er noch nicht ganz überzeugt war. »Wir wissen inzwischen ein wenig mehr darüber, was Rachel am Donnerstagabend gemacht hat, nachdem sie das Büro verlassen hat. Sie hat sich mit jemandem auf einen Drink getroffen, der die Initialen JB hat. Sagt Ihnen das zufällig etwas?«
»JB?« Sie zog die Augenbrauen hoch und sah ihn mit einem merkwürdigen Blick an, den er nicht zu deuten wusste, dann schüttelte sie den Kopf.
»Später wurde sie in einem Restaurant gesehen, wo sie mit einem Mann, wahrscheinlich demselben, zum Essen war. Und Sie wissen wirklich nicht, wer das war?«
»Nein, warum sollte ich?«
»Später am Abend hatte Miss Tenison Sex mit jemandem, möglicherweise mit derselben Person, die sie auf einen Drink und zum Essen getroffen hat. Der Sex war brutal, gewalttätig …«
»O Gott«, hauchte sie und schlug sich die Hände vor den Mund. »Arme Rachel.«
»Wir sind nicht sicher, ob es einvernehmlich war oder ob sie vergewaltigt wurde.«
Sie starrte ihn an. »Was meinen Sie damit, Sie sind sich nicht sicher?«
»Aus forensischer Sicht ist es beinahe unmöglich, den Unterschied zwischen grobem Sex und bestimmten Fällen von Vergewaltigung festzustellen.« Er registrierte ihr schockiertes Gesicht und machte eine Pause.
»Sie sagen, sie könnte es gewollt haben?«
»Ihre Freundin mochte groben Sex. Wussten Sie das?«
Sie schüttelte langsam den Kopf. »Das denken Sie sich aus.«
»Wir haben einige Dinge in ihrer Wohnung gefunden. Anscheinend stand sie auf Bondage. Sie mochte es, gefesselt zu werden.«
»Rachel? Sie machen Witze.«
Wieder war er sich sicher, dass ihre Reaktion nicht gespielt war. »Sie wissen nichts davon?«
Sie wurde rot und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Warum, zum Teufel, sollte sie mir solche Sachen erzählen? Es gibt Grenzen,wissen Sie. Obwohl Sie das ja anscheinend nicht glauben.«
»Aber Sie haben die Fotos in ihrer Wohnung gesehen. Die von den Männern mit den Masken?«
»Ja«, antwortete sie, etwas ruhiger jetzt, als würde sie langsam begreifen. »Aber
Weitere Kostenlose Bücher