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Wer Böses Tut

Wer Böses Tut

Titel: Wer Böses Tut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Forbes
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Chance ist gering, aber vielleicht klingelt da ja etwas bei Ihnen. Vielleicht bedeuteten sie Rachel etwas.«
    Er griff in seine Manteltasche und reichte ihr die zusammengefaltete Kopie des Gedichts. Sie faltete das Blatt auseinander, überflog die Seite und las schnell, wobei sie einige Worte lautlos mit den Lippen formte.
    Dann blickte sie stirnrunzelnd zu ihm auf. »Sie sagen, das wurde bei ihrer Leiche gefunden?«
    »Ja. Kennen Sie es?«
    »Ich habe es noch nie gesehen, aber es ist furchtbar. Ich wünschte, Sie hätten es mir nicht gezeigt …« Tränen liefen ihr über die Wangen, sie schob geräuschvoll ihren Stuhl zurück und stand auf. Mit bebenden Schultern schlang sie die Arme um sich und wandte sich ab. »Ich wünschte, ich hätte es nicht gesehen …« Sie ließ das Blatt Papier zu Boden flattern.
    »Es tut mir leid.«
    Sie lehnte sich kopfschüttelnd über den Küchentresen, hielt sich den Bauch, als müsste sie sich übergeben, und fing laut an zu schluchzen. Hilflos erhob er sich, ging zu ihr hinüber und berührte sie sanft an der Schulter. Sie drehte sich halb zu ihm um, und ohne nachzudenken, zog er sie wie ein Kind in seine Arme und wartete ab, bis sie sich beruhigte. Wie er dort stand und sie festhielt, wurde ihm klar, dass er seit Monaten keiner Frau mehr so nahe gewesen war. Die Berührung, die Wärme, die unerwartete Intimität verwirrten ihn, und für einen Augenblick schloss er die Augen und genoss ihre Nähe und den wunderbaren Geruch ihrer Haare. Mit einem Schlag erinnerte er sich daran, wer er war und warum er hier war. Abrupt ließ er sie los und trat zurück. Herrgott, was zum Teufel war in ihn gefahren?

    Der törichte Impuls eines Augenblicks konnte ihm ein Disziplinarverfahren einbringen. Er musste von Sinnen sein.
    Sie machte die Augen auf und schaute ihn fragend an. Dann wischte sie sich mit dem Handrücken über das Gesicht und zerrte ein Taschentuch aus dem Ärmel. Sie tupfte sich damit die Augen ab und putzte sich laut die Nase.
    »Es tut mir wirklich sehr leid«, sagte er. »Ich hätte es Ihnen niemals zeigen dürfen. Ich wollte nur wissen, ob es Ihnen irgendetwas sagt.«
    »Es ist nicht nur das Gedicht«, sagte sie leise und mit hängenden Armen. »Es ist das alles. Der Schock. Ich kann immer noch nicht glauben, was passiert ist.«
    »Und es tut mir leid, dass ich Sie so unter Druck setze, aber ich muss so viel herausfinden, wie ich kann. Das verstehen Sie doch, oder?«
    Sie nickte und putzte sich die Nase ein zweites Mal.
    »Werden Sie zurechtkommen?«
    »Ja, es geht schon. Danke.« Sie warf das Taschentuch in den Abfalleimer neben der Spüle, strich ihre Jacke glatt, und ihre Stimme klang so normal, als wäre das alles nur ein vorbeiziehender Sturm gewesen.

Neun
     
     
     
     
    Als Tartaglia wenige Stunden später die Tür zum Bull’s Head aufstieß, begrüßte ihn das leise, wehmütige Klagen eines Saxophons, begleitet von Bass und Schlagzeug. Am Ende der Hauptstraße von Barnes gelegen, mit Blick über die Themse und nur einen kurzen Spaziergang vom Büro entfernt, war dieser Pub einer seiner Lieblingsplätze. Früher war hier einmal eine viktorianische Kutscherkneipe gewesen, und der Hauptraum, in dessen Zentrum die Bar thronte, war ungewöhnlich groß und weiträumig. Er liebte die Atmosphäre, besonders im Winter, wenn ein warmer, behaglicher Dunst die einfachen, unverputzten Ziegelwände und die gemütliche, schlichte Einrichtung einhüllte. Der Raum war fast leer, nur ein paar Stammgäste saßen an Tischen verstreut und nippten schweigend an ihren Drinks. Die Kneipe war berühmt für ihre allabendlichen Jazzsessions, und die meisten Leute waren noch im Hinterzimmer und hörten dem Programm zu.
    Seine Augen tränten von der Kälte draußen, und es dauerte einen Moment, bis er Donovan in einer der Nischen abseits des Hauptraums entdeckte.
    »Was hat dich denn aufgehalten?«, fragte sie säuerlich und schaute zu ihm hoch, als er herüberkam. Auf dem Tisch vor ihr standen ein fast leeres Glas Bier und die Reste von etwas, das aussah wie Lasagne.
    »Ich war noch kurz im Büro, aber dann hat Steele mich auf dem Weg nach draußen erwischt.« Er zog den Reißverschluss seiner schweren Lederjacke auf und warf sie zusammen mit seinem
Rucksack auf die Bank neben ihr. »Hat sich über die Presse aufgeregt, wie üblich. ›Dieser Fall findet großes Interesse in den Medien. Sie wissen, was das heißt. Wir brauchen schnelle Ergebnisse.‹« Er imitierte Steeles akkurate,

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