Wer Böses Tut
Kontakt gehabt, und das ist über zwei Monate her. Es ergibt einfach keinen Sinn.«
»Nein, wirklich nicht«, sagte Donovan. »Vielleicht hat sie Angst, dass etwas anderes ans Licht kommt, wenn wir anfangen, alles auseinanderzupflücken.«
»Natürlich, aber was? Sie will doch, dass wir den Mörder ihrer Freundin finden? Aber sie weigert sich, mir den Namen von irgendeinem Mann zu geben, mit dem Rachel etwas gehabt haben könnte.«
»Glaubst du, sie wusste, was los war?«
»Mein Bauch sagt mir, ja. Am Anfang habe ich alles ihrem Schock zugeschrieben, sie konnte nicht klar denken, wollte nichts Schlechtes über ihre Freundin sagen, was auch immer das sein könnte. Aber inzwischen hatte sie Zeit zum Nachdenken. Als ich sie heute Abend noch mal vernommen habe, war es dieselbe Leier: Sie war nicht da; sie hatte keine Ahnung; sie weiß nichts von einem Mann. Und sie weiß nichts über dieses SM-Zeug, das wir in der Wohnung gefunden haben.«
»Das könnte stimmen.«
Er schüttelte den Kopf. »Glaubst du das wirklich?«
»Wir sind nicht alle wie Bridget Jones, weißt du«, sagte sie ein wenig scharf. »Nicht jede Frau trägt ihr Herz auf der Zunge und plaudert beim geringsten Anlass über ihre innersten Gefühle.«
»Das habe ich nicht gemeint«, sagte er schnell und fragte sich, warum sie so ungewohnt empfindlich war. »Ich höre nur auf meinen Instinkt, mehr nicht. Rachel Tenison muss sich doch jemandem anvertraut haben, und wem, wenn nicht ihrer besten Freundin?«
»Wahrscheinlich kommt es darauf an, woran man es misst. Manche Menschen sind einfach enger befreundet als andere.«
»Jetzt klingst du wie Liz Volpe. Ich finde es einfach nur merkwürdig, dass der Kontakt zu Rachel Tenison so abgebrochen war, dass sie nicht mal einen Namen weiß.«
Donovans Antwort ließ einen Moment auf sich warten. »Vielleicht standen sie sich gar nicht so nah, wie sie uns weismachen will.«
»Warum ist Liz Volpe dann eine der beiden Hauptbegünstigten in Rachel Tenisons Testament? Warum hat sie ihr die Wohnung hinterlassen, wenn sie sich nicht nahestanden?«
Donovan zuckte mit den Achseln. »Vielleicht gibt es ja gar kein dunkles Geheimnis oder keinen mysteriösen Mann. Es ist kein Verbrechen, Single zu sein, weißt du.«
»Natürlich nicht«, stimmte er ihr zu. »Aber was ist mit den Handschellen und den Masken? Allein hätte sie damit nicht viel Spaß. Und die Verletzungen, die vor ihrem Tod entstanden sind, hat sie sich ja wohl kaum selbst zugefügt.«
»Okay. Dein Punkt. Aber wenn ich darauf stehen würde, in Handschellen von einem Mann mit Maske gevögelt zu werden - und ich möchte ausdrücklich betonen, dass ich das nicht tue -, würde ich es, glaube ich, für mich behalten. Ich würde es ganz bestimmt nicht meiner Schwester Claire erzählen, und die steht mir vermutlich von allen Menschen am nächsten.«
»Aber Claire würde trotzdem wissen, wenn du einen Freund hast.«
»Wahrscheinlich. Da wir zusammen wohnen, könnte ich es wohl kaum vor ihr verheimlichen. Aber wenn ich allein leben würde, wäre ich vielleicht nicht so offen. Egal, manche Beziehungen behält man lieber für sich.«
»Soll heißen?«, fragte er ein wenig überrascht und überlegte, ob sie damit jemand Bestimmtes meinte.
Sie rutschte auf dem Stuhl hin und her und verschränkte die Arme, als wäre es ihr unangenehm weiterzusprechen.
»Du wolltest sagen …?«, hakte er nach, neugierig geworden.
»Na ja, du hast bestimmt schon mal Freundinnen gehabt, bei denen es nur um Sex ging, und die würdest du doch auf keinen Fall deiner Familie und deinen Freunden vorstellen wollen. Und manche Menschen tun einfach nur geheimnisvoll; es ist ein Kitzel, nicht alles in der Öffentlichkeit auszubreiten, oder? Ich glaube fest, dass das mit ein Grund ist, warum Leute Affären haben. Ihnen gefällt die Geheimnistuerei. Das macht alles viel aufregender.«
Ihm fiel ein, was Liz über die Affäre mit Richard Greville gesagt hatte: Ich hatte das Gefühl, dass ich ihr den Spaß verdorben habe, weil ich es herausgefunden habe. Er dachte an die verschlossene Truhe in Rachel Tenisons Wohnung, an die SMS am Tisch im Restaurant, den versteckten Hinweis auf einen Mann. Vielleicht war die Verschlossenheit Teil ihres Wesens; vielleicht erregte es sie auch, wie Donovan gesagt hatte.
»Glaubst du wirklich, dass Rachel Tenison eine Art geheimes Leben hatte? Ich meine, warum? Sie lebte allein. Niemand kontrollierte, was sie tat.«
Donovan seufzte. »Aber darum geht es doch
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