Wer Böses Tut
ihm und schob ihm die Flasche zu. »Er hat versucht, meine innersten Geheimnisse herauszufinden.«
»Wollte mich wohl eher eifersüchtig machen.« Er schenkte sich den Rest Wein aus der Flasche ins Glas und machte es beinahe randvoll. »Oder willst du mich ärgern? Gefällt er dir?«
Sie verschränkte die Arme und fixierte ihn. »Er hat mir erzählt, dass du auf einen Drink bei Rachel warst, an dem Abend, bevor sie gestorben ist. Das hast du mir nie erzählt.«
»Ist das ein Verbrechen?«
»Nein. Aber warum hast du es mir nicht gesagt?«
»Schätzchen, Lizzie, es gibt tausend Sachen, die ich dir nicht erzähle.« Ohne sie aus den Augen zu lassen, trank er gierig von seinem Wein. Als sie nicht antwortete, fügte er hinzu: »Im Ernst, ich dachte, das ist nicht wichtig.«
»Aber die Polizei denkt es.«
Er hob die Hände hoch und verschüttete dabei etwas Wein. »Herrgott noch mal, nur weil ich am Abend vor Rachels Tod schnell bei ihr was trinken war, glauben sie jetzt, ich hätte sie umgebracht, verfluchter Mist.«
»Sie glauben, dass du nach dem Drink mit ihr essen gegangen bist.«
»Du nicht auch noch«, sagte er und zeigte mit dem Glas auf sie, als wäre es ein Finger. »Nur damit wir uns richtig verstehen:
Ich war weder an diesem noch an irgendeinem anderen Abend mit Rachel essen, klar?«
»Vielleicht nicht. Aber du hast sie gevögelt.«
Er trank einen Schluck Wein und behielt ihn einen Moment lang bedächtig im Mund, ehe er schluckte, als müsse er darüber nachdenken.
»Ich habe gefragt, ob du sie gevögelt hast.«
Er erwiderte ihren Blick. »Und wenn, würdest du mich dann an deinen Polizistenfreund verpfeifen?«
»Ich weiß nicht«, sagte sie und fragte sich, ob er einen Witz machte.
»Komm schon, Lizzie, was hat das mit dir zu tun? Ich bin ein freier Mann, oder? Wenigstens sagst du mir das immer.«
»Beantworte mir nur die eine Frage, Jonathan. Hast du an dem Abend mit Rachel geschlafen? Sag es einfach.«
Er seufzte und stellte das Glas ab. »Natürlich nicht. Warum sollte ich?« Er kam zu ihr herüber, griff nach ihren Händen und schaute sie aus roten, wässrigen Augen an. »Egal, was du denkst, ich war nie scharf auf Rachel. Nicht wirklich. Wie auch immer, das würde ich dir nie antun.«
Sie schüttelte den Kopf und machte sich los. »Aber du hast schon mal mit ihr geschlafen. Und ihr habt es beide für euch behalten, bis Rachel die Katze aus dem Sack gelassen hat, indem sie die Schlafzimmertür offen gelassen hat.«
Er seufzte abermals. »Himmel, das ist eine Ewigkeit her. Was soll das alles? Was ist in dich gefahren?«
Als sie ihn ansah, hatte sie wieder das Bild von ihm und Rachel zusammen im Bett vor Augen, als sie die beiden an jenem Morgen gesehen hatte, sein überraschtes Gesicht und Rachels triumphierenden Blick. Sie dachte daran, wie verletzt und wie betrogen sie sich gefühlt hatte. Sie wünschte, sie könnte ihm jetzt vertrauen, doch ihr Instinkt sagte ihr etwas anderes.
»Was ist los?«, fragte er ehrlich betroffen und strich ihr übers Haar. »Was hat sie dir getan?«
»Nichts. Wie kann sie mir etwas tun? Ich weiß nur, wie sie war. Nicht der zuckersüße Ausbund an Tugend, wie alle dachten. Es macht mich krank. Ich rede von der echten Rachel, der, die gerne alles in der Hand hatte, der, die wollte, dass alle nach ihrer Pfeife tanzen. Hast du wieder für sie getanzt, Jonathan? Das ist es, was ich wissen will. Warst du derjenige, der in jener Nacht in ihrem Bett lag?«
Er sah sie mit ernstem Blick an. »Ich sage dir doch, das war ich nicht. Warum bedeutet dir das so viel? Verschweigst du mir etwas?«
»Nein.«
»Dann lass mich in Ruhe, okay?« Er schnappte sich sein Weinglas, trank einen Schluck und knallte es, das Gesicht verziehend, auf den Tresen. »Der Wein schmeckt beschissen. Hast du nicht was Anständiges zu trinken?«
»Hast du Rachel umgebracht? Sag’s mir.«
Er legte den Kopf schief und grinste. »Nein, hab ich nicht. Du?«
Achtzehn
Es regnete in Strömen, als Donovan Professor Spicer verließ. Sie hatte ihren Regenschirm vergessen und rannte, so schnell sie konnte, suchte sich ihren Weg durch den dichten Verkehr, der den Russel Square verstopfte, in eine der Seitenstraßen, wo sie ihr Auto geparkt hatte. Sie fingerte in der Handtasche nach dem Autoschlüssel, schloss die Fahrertür auf und stieg schnell ein. Dann schaltete sie die Zündung ein, stellte den Ventilator an und wartete, bis die beschlagenen Scheiben frei waren, dabei strich
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