Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer braucht denn schon Liebe

Wer braucht denn schon Liebe

Titel: Wer braucht denn schon Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marte Cormann
Vom Netzwerk:
die Kimbern damals ihr Leben aushauchten, nicht auf meinem Weg.« Mit geübtem Griff fasste Karen ihre Haare im Nacken, um sie dort zusammenzubinden, doch zu spät viel ihr ein, dass sich ihr Haargummi in der Handtasche befand, die ihr mit dem übrigen Gepäck gestohlen worden war.
    »Ab hier trennen sich unsere Wege«, erkärte sie energisch. »Ich habe noch einiges mehr zu erledigen, als mit Ihnen den Tag zu verplaudern.«
    »Ihren Besuch bei der Polizei, meinen Sie?!«
    »Ein Königreich für einen Blick in Ihr Vorstrafenregister!«
    »Tut’s ein Fürstentum auch?«, konterte er leichthin.
    Karens Finger flog an ihre Stirn. »Jetzt verstehe ich, wieso Sie es im Leben zu nichts gebracht haben. Mit Ihrem sentimentalen Hang zu Wundern, Heiligen und Königreichen!«
    »Das mit dem Königreich war Ihre Idee«, verteidigte Lorenzo sich entrüstet. Worauf sie nur mit den Achseln zuckte.
    »Na, wenn schon!« Sie ließ ihn einfach stehen und begann, vor ihm den kleinen, aber sehr steilen Abhang hochzuklettern, den sie letzte Nacht auf dem Hintern hinuntergerutscht war. Das Kleid aus jadegrünem Stretch, das ihr wie eine zweite Haut auf dem Körper saß, zeigte noch immer deutliche Schmutzspuren, die sich mit der bloßen Hand jedoch nicht entfernen ließen.
    Überhaupt sehnte sie sich nach einem komfortablen Badezimmer – und ihrer Zahnbürste.
    Missmutig beobachtete sie, wie Lorenzo leichtfüßig an ihr vorbei den Abhang hinaufkletterte.
    Auch Lorenzo war mit eigenen Gedanken beschäftigt. Es lag keineswegs in seinem Interesse, dass Karen zur Polizei ging. So, wie er diese kleine Person mit dem forschen Mundwerk mittlerweile einschätzte, würde sie dort vermutlich eine minutiöse Personenbeschreibung von ihm abgeben. Und wenn ihre Beobachtungsgabe nur halb so scharf war wie ihr Verstand, dann war seine Zeit in Freiheit gezählt. Nach knappen drei Tagen.
    Dabei war er doch gerade erst auf den Geschmack gekommen.
    Nein, er konnte und wollte nicht riskieren, dass sie ihn verriet. Aber wie sollte er es verhindern? Indem er sie doch noch umbrachte? Außer ihnen beiden war weit und breit niemand zu sehen. Wer würde sie vermissen?
    Als Lorenzo oben die Straße erreichte, wandte er sich so abrupt zu ihr um, dass sie erschrak. Dicht hinter ihm blickte sie aus diesen strahlend türkisblauen Augen zu ihm hoch. Sehr verführerischen Augen, wie er zugeben musste. Die zudem zu den kupferfarbenen Haaren einen faszinierenden Kontrast bildeten.
    Zum Glück stand er mehr auf den nordischen Typ.
    Jedenfalls hatte er das bis gerade noch gedacht. Jetzt war er sich da nicht mehr so sicher.
    Es wirkte ein wenig widerwillig, als Lorenzo Karen die Hand hinstreckte, um ihr das letzte Stück hinaufzuhelfen. Je länger er sie betrachtete, desto mehr verfinsterte sich seine Miene.
    »Sie sehen aus, als wollten Sie mich umbringen«, stellte Karen sachlich fest, doch wenn sie ehrlich war, irritierte sie sein Benehmen sehr. Die kleinen gelben Sprenkel in seinen braunen Augen, die sie beim Aufwachen noch so anziehend gefunden hatte, funkelten jedenfalls plötzlich ausgesprochen gefährlich.
    Und er ist doch der Teufel.
    Ein ungewaschener, ungepflegter Bursche mit Stoppelbart und dem Gestank von Schwefel und Fegefeuer.
    Sie schnupperte.
    »He! Contenance! Es gehört sich nicht, derart an mir herumzuschnüffeln!«
    » Wie herumschnüffeln?«
    »Na eben so, wie man’s bei einem kleinen Kind tut!« Überrascht bemerkte Karen die dicke Zornesader, die quer unterhalb seines Haaransatzes pulsierte.
    »Haben Sie sich als kleiner Junge denn oft in die Hosen gemacht?!«, erkundigte Karen sich mitleidslos.
    Einen Moment lang stand er bloß da und starrte sie fassungslos an. »Wie kommen Sie darauf, dass … ach!« Mit einer wegwerfenden Handbewegung drehte er ihr den Rücken zu und stiefelte davon. Immer in Richtung des kleinen Ortes, der zu Fuß höchstens noch eine halbe Stunde von ihnen entfernt lag.
    In Lorenzo tobte es. Keine Minute länger wollte er mit dieser Frau zusammen sein. Diese Frau war überhaupt keine Frau. Eine richtige Frau irritierte einen Mann nämlich nicht, indem sie ständig an ihm herumschnupperte. Eine richtige Frau trat die Seele eines Mannes auch nicht mit Füßen, indem sie ihn fragte, ob er als Junge häufig in die Hose gemacht hatte. Eine richtige Frau benahm sich nicht wie seine Mutter, deren kalte Zurückweisung ihn zum seelischen Krüppel auf Lebenszeit verdammt hatte.
    Lorenzo kochte vor Wut, und es war Karens Glück, dass sie

Weitere Kostenlose Bücher