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Wer braucht denn schon Liebe

Wer braucht denn schon Liebe

Titel: Wer braucht denn schon Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marte Cormann
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nicht den Fehler machte, ihm in diesem Augenblick hinterherzulaufen. Zutiefst aufgewühlt hätte er sonst für nichts garantieren können. Wenn er jemals in seinem Leben ernsthafte Mordgelüste verspürt hatte, dann jetzt.
    In sicherer Entfernung warf Karen ihm nur einen flüchtigen Blick hinterher. So waren sie, die Männer! Niederlagen und Schwächen kamen im Leben eines echten Kerls eben nicht vor. Doch wehe, wenn der Zufall die kleinen Lebenslügen aufdeckte. Dann wurden Männer zu Mimosen.
    Oder zu Kindern.
    Ein Grund mehr, um selbst keine in die Welt zu setzen.
    Kinder waren einfach zu verletzlich.
    Ein dicker Kloß setzte sich bei dem Gedanken an die eigenen Narben in Karens Kehle fest. Bei dem Versuch, ihn hinunterzuschlucken, traten Tränen in ihre Augen, und sie begann zu frösteln, obwohl die Sonne warm vom Himmel strahlte. Ihr Herz raste vor innerer Anspannung, und ihr Kopf fühlte sich an wie mit Watte gefüllt. Tausend Gedanken, von denen sich keiner fassen ließ.
    Karen atmete tief durch und wartete, bis sie sich beruhigt hatte. Dann machte sie sich auf den Weg zur nächsten Polizeistation.
    Sehr viel weiter vorne lief Lorenzo.
    Normalerweise war Lorenzo ein Mann, den so schnell nichts aus der Ruhe brachte. Die jahrelange harte Erziehung, der er als Kind ausgesetzt war, ermöglichte es ihm, selbst mit unvorhergesehenen Situationen spielend fertig zu werden. Seine Begegnung mit Karen aber beschäftigte ihn noch, als er bereits einen so großen Vorsprung herausgearbeitet hatte, dass er sie selbst kaum noch erkennen konnte. Als sich ihm aus der Gegenrichtung das erste Fahrzeug an diesem Tag näherte, schlug er sich in die Büsche, um ungesehen und in Ruhe über sie nachdenken zu können.
    Seine Wut hatte sich mittlerweile in finsteren Groll gegen sie verwandelt. Und sein Instinkt warnte ihn, dass diese Frau jede Menge Ärger für ihn bedeuten konnte. Besser, er schlug einen großen Bogen um das Weib.
    Auf der anderen Seite war sie bereit, seinen Kopf meistbietend zu versteigern – falls sie erfuhr, welcher Preis tatsächlich auf ihn ausgesetzt war. Bedrückt wanderten Lorenzos Gedanken zu seinem Vater, der daheim in San Marcino den armen Antonio als Überbringer der schlechten Nachricht bestimmt in Grund und Boden gestaucht hatte. Es war seinem Freund hoch anzurechnen, dass er ihn trotzdem deckte.
    Drei läppische Tage erst waren seitdem vergangen. Für ihn eine kleine Ewigkeit.
    Eine Auszeit, die er sich selbst von seinem normalen Leben verordnet hatte. In einer Nacht-und Nebel-Aktion war er einfach auf und davon. Eine Kurzschlusshandlung – vielleicht. Aber wenn der Alltag nur noch aus Pflichten und Verantwortung bestand, ohne Rücksicht auf die eigenen Bedürfnisse, ohne Luft zum Durchatmen, dann wachte man eines Morgens auf und fühlte sich einfach nur noch ausgebrannt. Burn-out-Syndrom nannte man das in der Fachsprache. Ein anerkannter und erforschter seelischer und körperlicher Erschöpfungszustand, vorwiegend anzutreffen bei gestressten Managern und berufstätigen Müttern.
    Er war weder Manager noch berufstätige Mutter, sondern einfach nur Prinz Emanuel Lorenzo, der Thronfolger des Fürstentums San Marcino.
    Die Presse würde sich mit ihren Haifischzähnen auf ihn und seine Familie stürzen, wenn publik würde, dass er Europa wie ein Landstreicher zu Fuß durchstreifte. Sein Blick zuckte unwillkürlich hinauf zur nächsten Baumkrone. Noch konnte er dort keinen dieser nervtötenden Paparazzi entdecken, doch wenn er nach Karens Aussage bei der Polizei erst einmal aktenkundig geworden war, gab es kein Halten mehr. So gut wurde ein Carabiniere nicht bezahlt, als dass er der Versuchung widerstehen könnte, sich ein paar tausend Euro hinzuzuverdienen. Wie Trauben würden die Fotografen in den Bäumen hängen, ihn auf ihren Motorrädern verfolgen und hinter jedem Busch auf ihn lauern.
    Verdammt!
    Er fühlte sich noch lange nicht bereit dazu, nach Hause zurückzukehren. Zumal ihn dort bereits die nächste Pflicht erwartete. Die schwierigste, die ihm sein Vater, der Fürst, je auferlegt hatte: Anna, die Nichte und Patentochter des schwedischen Königs. Nach dem Willen seines Vaters sollte sie die Frau an seiner Seite werden. Kühl und blond – die würdige Nachfolgerin seiner mittlerweile verstorbenen Mutter, die dank ihrer einzigartigen Schönheit und Ausstrahlung nicht nur die Highsociety Europas wie ein Magnet ins kleine Fürstentum lockte.
    Wie stets konnte Lorenzo nur mit einem bitteren

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