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Wer braucht denn schon Liebe

Wer braucht denn schon Liebe

Titel: Wer braucht denn schon Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marte Cormann
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fortzuwischen. »Es sei denn, auf Ihren Kopf ist ein Preis ausgesetzt«, fügte sie auf gut Glück hinzu.
    »Für Geld würden Sie also alles tun.« Demonstrativ begann Lorenzo, sich mit dem Messer die Fingernägel zu säubern, während seine Augen sie kalt und hart fixierten.
    Doch Karen ließ sich von ihm nicht einschüchtern. Auch wenn ihr bei seinem Anblick übel wurde. Mit dem Messer, mit dem er sich gerade die Fingernägel säuberte, hatte sie sich selbst gestern noch von der Salami abgeschnitten. Und das war nicht nur unappetitlich – es war barbarisch!
    »Heben Sie sich Ihre Show fürs Bauerntheater auf. Mich können Sie so nicht beeindrucken!« Verärgert schwang sie ihre Haare nach hinten über die Schulter. Das Sonnenlicht verfing sich in ihrem Haar und brachte es wie einen kupferfarbenen Heiligenschein zum Leuchten.
    Erstaunt beobachtete Karen, wie Lorenzo das Messer sinken ließ und sie fasziniert anstarrte. »Madonna!«, entfuhr es ihm.
    »Äh, alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte sie, ohne dass die Antwort sie wirklich interessierte. Es war bereits halb zehn, höchste Zeit, um sich von Lorenzo zu verabschieden, bevor er sie doch noch umbrachte. Außerdem musste sie dringend zur nächsten Polizeistation, um den Diebstahl ihres Autos anzuzeigen. Sie hasste es, Sachen zu verlieren. Opfer eines Diebstahls zu werden hasste sie noch mehr. Und ohne diese Anzeige würde später jede deutsche Versicherung nicht einmal für das gestohlene Gepäck aufkommen. Falls sich überhaupt eine für diesen Schadensfall zuständig fühlte.
    »Glauben Sie an Wunder, Karen?«, entgegnete Lorenzo in diesem Moment auf ihre Frage, mit einem Hauch von Zärtlichkeit in der Stimme. Er jedenfalls glaubte daran. Diese Deutsche besaß die Ausstrahlung einer Heiligen. Das Charisma einer Frau, vor der die Welt auf die Knie fiel.
    Das ganz große Pathos eben.
    Schockiert zuckte er zurück, als Karen ihn bloß verblüfft ansah, den Kopf in den Nacken warf und lauthals zu lachen anfing.
    Bis auf Schrittlänge trat sie an ihn heran. Sie reichte ihm gerade mal bis zum Kinn und musste den Kopf weit in den Nacken legen, um ihm in die Augen sehen zu können. Mit einem vor Vergnügen sprühenden Blick stach sie ihm mit dem Zeigefinger in die Brust. »An Wunder, mein lieber Freund, glaub ich genauso wenig wie an die Liebe. Beides wurde für Menschen erfunden, die die Realität nicht ertragen können. Für hoffnungslose Romantiker. Für Leute, die lieber Luftschlösser bauen, als mit beiden Beinen fest auf der Erde zu stehen. Wunder gibt es ebenso wenig wie den berühmten Prinzen aus dem Märchen. Wunder sind nichts anderes als Humbug.«
    Ohne mit der Wimper zu zucken, ließ Lorenzo ihren temperamentvollen Monolog über sich ergehen. Aber als sie sich nun abrupt abwandte und ihn einfach stehen ließ, schnappte er sich seinen Rucksack und seine Jacke und folgte ihr hinaus vor die Tür.
    »Madre mia! Wie kann eine Frau, die wie eine germanische Göttin aussieht, nicht an Wunder glauben?!« Von der Sonne geblendet hielt er sich die Hand vor die Augen.
    Ein strahlend schöner Tag wie aus dem Bilderbuch. Kein Wölkchen am kräftig blauen Himmel. Aus dem kollektiven Gesumme unzähliger Insekten war deutlich das Surren einer einzelnen Libelle herauszuhören.
    Ein Tag zum Verlieben.
    Oder um sich zu trennen.
    Karen entschied sich für Letzteres. »Sparen Sie sich den Schmus mit der Göttin. Ihr Römer seid doch alle gleich. Erst versprecht ihr uns das Blaue vom Himmel, dann lockt ihr uns in einen Hinterhalt, und am Schluss meuchelt ihr uns nieder.«
    Lorenzos Blick sprach Bände. »Haben Sie was gegen Italiener?!« Er hatte kaum ausgesprochen, als er sich auch schon mit der flachen Hand gegen die Stirn schlug. »Sie sind Rassistin?! Eine von diesen Neos?!«
    »Ein Nazi? Sie haben wohl nicht alle Tassen im Schrank! Ich spreche vom Kampf der Kimbern und Teutonen gegen die Römer. Völkerwanderung. Ungefähr 400 nach Christi. Capice?« Karen wunderte sich selbst über die Bilder, die ihr Hirn da produzierte.
    Mit lässiger Eleganz schulterte Lorenzo seinen Rucksack. »Dann haben Sie sicherlich nichts dagegen, wenn ich Sie in die Poebene begleite?!«
    Karen verzog das Gesicht, als habe sie in eine Zitrone gebissen. Anzügliche Witze konnte sie nicht ausstehen, und dass Lorenzo sich nun daran versuchte, machte ihn in ihren Augen einfach bloß unsympathisch. Anscheinend war er nur im Halbschlaf wirklich zu ertragen.
    »Zufälligerweise liegt die Stelle, wo

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