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Wer braucht schon Liebe

Wer braucht schon Liebe

Titel: Wer braucht schon Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Deegan
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an seinen Kuss. Dann überkommt mich ein merkwürdiges Gefühl. Als würde Mum sich das für mich wünschen. Als wäre sie hier im Raum, als würde sie es gutheißen. Sechs lange Monate habe ich nichts gespürt von ihr. Nichts. Obwohl ich es versucht habe. Mit ganzer Kraft. Aber jetzt spüre ich sie. Sie ist glücklich, und sie will, dass ich es auch bin. Aber will ich es? Will ich es wirklich? Sollte es überhaupt ein » es« geben? Was, wenn es keins gibt? Was, wenn er einfach nur nett war? Was, wenn er in Wahrheit Rachel lieber mag? Schließlich hat er mir ihr zuliebe geholfen. Sie ist hübsch und lieb und unkompliziert, nicht so verkorkst wie ich. Und so wütend. Ich denke daran, wie er wieder zur Party gegangen ist. Mit wem hat er sich dann unterhalten? Mit jemandem, auf den er sich verlassen kann, der nett ist, der ihm nicht gleich ins Gesicht springt? Mit jemandem, der gerne lacht. Er ruft bestimmt nicht an. Er wacht auf und denkt an Rachel. Und bis morgen werde ich nicht wissen, ob er meine Nummer nicht herausgefunden hat oder ob er einfach wieder zur Besinnung gekommen ist.
    Morgen. Oh, mein Gott. Ich werde nie, nie wieder Alkohol trinken.
    Aber er ruft an. Als ich seine Stimme höre, schwebt mein Herz auf Wolke sieben. Und stürzt dann wieder ab. Was, wenn er nur anruft, um einen Rückzieher zu machen? Das würde zu ihm passen – so höflich, wie er ist.
    » Wie fühlst du dich?«, fragt er.
    » Mies.« Wow, ich bin ganz heiser.
    » Hast du gerade gebellt?«
    Ich lache. Und klinge wie Tina Turner. Oder vielleicht sogar wie Ike.
    » Also. Hast du heute schon was vor?«
    » Nein«, bricht es aus mir heraus. Als wäre ich verzweifelt oder so was.
    » Sollen wir uns treffen?«
    Dann fällt es mir wieder ein. Und selbst ich kann hören, wie meine Stimme traurig wird. » Meine Mutter hat heute Geburtstag.«
    » Oh. Alles klar. Tut mir leid. Ich rufe ein andermal an …«
    Plötzlich will ich nicht, dass er auflegt. » Nein! Wir unternehmen was. Jetzt. Heute.«
    » Bist du sicher?« Er klingt so, als wollte er nicht stören.
    » Absolut.« Sie würde es so wollen. Das weiß ich. Und ich kann nicht allein sein. Nicht heute.
    Kurzes Schweigen. Dann: » Soll ich dich abholen?«
    » Hast du ein Auto?«
    » Eine Schrottlaube, die ich mir seit Neuestem mit meiner Schwester teile.«
    » Cool!«
    » Warte, bis du sie siehst …«
    » Hey, hör mal, du hast einen fahrbaren Untersatz …«
    » Also wann?«
    Ich werfe einen Blick auf meine Uhr. Und dann einen in den Spiegel. Zu beidem fällt mir nur eins ein: OH MEIN GOTT . Es ist zwei Uhr nachmittags. Und ich sehe aus wie jemand aus der Gothic-Szene.
    » Gib mir eine Stunde.«
    ***
    So sieht mein Leben aus: Ich muss einem Bodyguard Bescheid sagen und nicht meinem Dad, wenn ich mich mit einem Jungen treffe. Der Rockstar ist auf und davon, als wäre es ihm egal (was es auch ist), und hat Mike dagelassen, damit er ein Auge auf mich hat. Anscheinend will er, dass jemand auf mich aufpasst. Er will es nur nicht selber tun.
    » Nimm dein Handy mit«, sagt Mike. Aber für ihn ist es total okay. Das weiß ich.
    » Alles klar. Danke.«
    Er kneift die Augen zusammen und sieht zur Überwachungskamera. » Hat er einen orangen Käfer?«
    » Keine Ahnung.« Ich schiele auf den Bildschirm. Und erkenne sein Gesicht durch die Windschutzscheibe. Es sieht aus, als würde er singen. » Das ist er«, sage ich. Und stelle fest, dass ich lächele.
    Als er vorfährt, stehe ich an der Tür. Ich renne die Treppe hinunter. Mit großen Schritten kommt er mir entgegen. Jetzt springt er immer zwei Stufen gleichzeitig hoch, bis er bei mir ist. Er lächelt, bevor er mich küsst. Ich schließe die Augen und blende die Stimmen in meinem Kopf aus, die mir sagen, dass ich mit dem Feuer spiele, die mir sagen, dass ich mich verbrennen werde. Ich kann damit umgehen, rede ich mir zu. Ich weiß, was ich tue. Ich kann mich jederzeit zurückziehen.
    » Bist du so weit?«, fragt er.
    Und genau darüber sollte ich mir Gedanken machen. Bin ich so weit?
    Er hält mir die Autotür auf. Als ich einsteige, erinnern mich mein dröhnender Kopf und mein rebellierender Magen an gestern Nacht.
    » Wohin?«, fragt er, als er sich hinters Steuer setzt.
    Ich weiß es nicht. Wohin geht man mit jemandem, den man bis gestern noch gehasst hat und den man jetzt viel zu sehr mag?
    » Überrasch mich«, sage ich, weil es (unwesentlich) besser ist als » Äh«.
    Er lässt den Motor an und fährt los. Verstohlen werfe ich einen Blick auf

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