Wer braucht schon Liebe
ihn. Er ist so unglaublich sexy und so unglaublich anständig, und ich frage mich, ob ich ihn wirklich gehasst habe oder ob ich nur versucht habe, so etwas wie das hier zu vermeiden? Wir fahren durch das Tor. Zwei Fans spähen ins Auto. David winkt. Wir fahren über einen Hubbel. Und mir dreht sich der Magen um.
» Geht’s dir auch so mies wie mir?«, frage ich.
Er sieht mich an und grinst. » Das bezweifele ich.«
Ich haue ihn.
» Weißt du, eigentlich müsste es peinlich sein«, sagt er, so als würde ich meine Rolle nicht richtig spielen.
» Was?«
» Erstes Date«, sagt er. » Peinlich. Immer.«
Ich fühle, wie meine Gesichtszüge erstarren. » Oh Gott. Nenn es nicht so.«
» Wie soll ich es dann nennen?«, fragt er fröhlich, die Augen immer noch auf die Straße gerichtet.
» Müssen wir es überhaupt irgendwie nennen?«
Fragend sieht er mich an und sagt dann kurz darauf: » Nein.«
Wir fahren auf der N11 Richtung Wicklow Mountains. Es fühlt sich gut an, aus Dublin rauszukommen. Weg von allem. Mein Handy klingelt und ich ignoriere es.
» Gehst du nicht ran?«
» Wahrscheinlich nur Sarah.« Ich sehe nach. » Oh nein!«
Er sieht mich an.
» Es ist meine Gran. Ich war mit ihr verabredet. Genau jetzt.« Ich drücke auf die grüne Taste. » Hi, Gran.«
» Wo bist du?«, fragt sie.
» Unterwegs«, sage ich und schneide eine Grimasse, um ihm zu sagen, dass es mir leidtut. » Bis gleich.« Ich hätte gern gefragt, ob es ihr gut geht, aber diese Frage mag sie nicht. Also lege ich auf. Sehe David an. » Es tut mir so leid. Ich muss hin. Gerade heute.«
» Kein Problem. Wo wohnt sie?«
» Killiney. Macht es dir was aus, mich dort abzusetzen? Ich kann Mike anrufen, dass er mich wieder abholen soll.«
» Wird gemacht.«
» Es tut mir wirklich leid.« So leid sogar, dass ich einen gewagten Vorstoß mache. » Können wir das ein andermal nachholen?«
» Klar.«
Nach zehnminütiger schweigsamer Fahrt halten wir vor Grans Haus. Wir sehen uns an. Und ich will nicht, dass er geht.
» Du willst wahrscheinlich nicht mit reinkommen?«, frage ich, obwohl ich weiß, dass er nicht will.
Er sieht mich an und zuckt mit den Schultern. » Warum nicht?«
Und mir ist klar, dass ich viel zu breit lächele.
Gran öffnet die Tür, ganz in Schwarz. Sie sieht noch müder aus als sonst. Ihre Augen sind rot gerändert.
» Hey, Gran«, sage ich. » Das ist David, ein Schulfreund.«
Sie sieht erst mich an, dann den Fremden. » David und weiter?«, fragt sie viel zu interessiert.
» McFadden«, sagt er und streckt ihr die Hand entgegen.
Und plötzlich komme ich mir vor wie bei Großmutter-was-hast-du-für-große-Augen. Und ihre Augen fahren zu mir herum. » McFadden?«
Ich werfe ihr einen warnenden Blick zu. Sag. Bloß. Nichts.
Und das tut sie auch nicht. Aber … fast sofort strafft sie die Schultern. Ihre Augen sind konzentriert, aufmerksam. Und sie lächelt. Ein richtiges Lächeln.
» Nun, David McFadden«, sagt sie, » du bist herzlich willkommen.« Sie tritt einen Schritt zurück, um uns hereinzulassen, und als ich an ihr vorbeigehe, wirft sie mir einen wissenden Blick zu. Dann wirbelt sie durchs Haus, wie ich es schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen habe. Reißt die Vorhänge auf. Kickt das Fußmassagegerät hinters Sofa. Bietet uns Tee und Kaffee an.
Dann sagt sie, und sie denkt, sie sei sehr verwegen: » Ein kleiner Baileys wird euch nicht schaden, oder?«
» Doch, wird er, Gran«, sage ich und denke an den Wodka.
» Ich nehme einen Kaffee«, sagt David.
Danach ist es, als würde ich nicht mehr existieren. Sie fragt ihn über alles aus – woher er seinen Akzent hat, was sein Vater macht, wieso er in Irland ist.
» Gran!«, sage ich immer wieder zwischendurch. Aber sie beachtet mich nicht.
Er lacht jedes Mal.
Es mag vielleicht peinlich sein, aber in einer Stunde erfahre ich mehr über ihn, als ich im ganzen Schuljahr erfahren habe. Er kommt aus San Diego. Sein Vater arbeitet in der Luftfahrt. Er hat einen Bruder (jünger) und eine Schwester (älter). Als die Rede auf seine Mutter kommt, erinnert Gran sich wieder daran, dass ich auch noch im Zimmer bin. Sie dreht sich mit einem langen, bedeutungsvollen Blick zu mir hin. » Das ist gut«, sagt sie. » Er versteht.«
Nach einer Stunde scheucht sie uns aus dem Haus. » Ich habe genug von eurer Zeit in Anspruch genommen«, sagt sie, als könnten wir es kaum erwarten, allein zu sein. Was, zumindest in meinem Fall, stimmt. Aber sie mag ihn. Und das ist
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