Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer braucht schon Liebe

Wer braucht schon Liebe

Titel: Wer braucht schon Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Deegan
Vom Netzwerk:
dir gut?«, fragt David. Und ich drehe den Kopf zu ihm. Er hat sich auf einen Ellbogen gestützt und sieht auf mich herunter.
    » Ja.« Meine Stimme klingt heiser.
    » Deine Mom?«
    Ich nicke. Zwinge mich zu einem Lächeln. » Eine Minute lang habe ich sie vergessen.«
    Er legt sich wieder hin, als würde er mir Zeit geben wollen, an sie zu denken. Ich schließe die Augen und versuche mir ihr Gesicht vorzustellen. Aber es kommt nicht.
    Lange liegen wir schweigend da.
    » Wie war sie, deine Mom?«
    Er ist der Erste, der über sie reden will – abgesehen von der Psychotante, die dafür bezahlt wurde. Ich sehe ihn an und lächele. Ich setze mich auf. Dann setzt auch er sich auf. Wir sitzen da, die Arme um die Knie geschlungen.
    » Sie war lustig. Sie konnte mich zum Lachen bringen. Vor allem über mich selbst. Sie hatte so eine Art, dass sie einem alle Sorgen nehmen konnte. Ich musste ihr nur davon erzählen. Und puff! Weg waren sie. Sie hat mich verstanden, weißt du?« Und einen Augenblick lang ist sie wieder lebendig. Nicht nur ein ferner Schatten von jemandem, von dem ich manchmal das Gefühl habe, dass ich ihn nur geträumt habe. » Sie war normal«, sage ich, als wäre das die wundervollste Sache auf der Welt. Und wenn man in der Umgebung von einem Rockstar lebt, ist es das auch. » Sie hat gebacken. Mir Aufgaben im Haushalt zugeteilt. Mir Grenzen gesetzt. Ich hätte nie gedacht, dass ich das alles einmal vermissen würde.« Ich lächele, um zu verbergen, dass ich am liebsten heulen würde. » Immer wenn ich mich von irgendeinem Promi, der sich bei uns zu Hause mit dem Rockstar getroffen hat, zu sehr habe beeindrucken lassen, hat sie mich daran erinnert, dass jeder sich den Hintern abputzen muss.«
    Er lächelt und nickt, als wenn er sie gemocht hätte. Dann macht er alles kaputt, weil er fragt, warum ich meinen Vater immer » den Rockstar« nenne.
    Ich höre, wie meine Stimme kalt wird. » Weil er genau das ist. Ein Rockstar, kein Vater. Er interessiert sich nur für seine Musik. Nicht für mich. Nicht für meine Mum. Als sie krank wurde, ist er verschwunden, in den Keller oder auf Tour. Als sie gestorben ist, war er in New York, er hat so getan, als wäre sie schon nicht mehr da, als wollte er keine Zeit mehr auf sie verschwenden.« Meine Stimme zittert, weil es mir schwerfällt, es einzugestehen. » Als er zurückkam, war es so, als hätte es sie nie gegeben … Aber ich will nicht über ihn reden.«
    » Tut mir leid«, sagt er.
    » Was vermisst du am meisten an deiner Mum?« Ich will wissen, ob es ihm genauso geht wie mir. Und ich wünsche es mir so; vielleicht würde ich mich dann nicht mehr fühlen wie ein Freak.
    Er starrt in den Himmel und schweigt eine Weile. Dann sieht er mich an.
    » Einfach nur, dass sie da ist. Jeden Tag. Wenn ich morgens runterkomme. Wenn ich von der Schule nach Hause komme. Einfach nur das ganz normale alltägliche Zeug.«
    » Manchmal kann ich einfach nicht glauben, dass ich sie nie wieder umarmen werde«, sage ich und klinge selbst in meinen eigenen Ohren verloren.
    Dann liege ich in seinen Armen, spüre, wie stark er ist, rieche den einzigartigen und wunderbaren Geruch nach David.
    » Du bist ganz toll.« Seine Worte schweben in der Luft, erinnern mich an Mums letzte Worte an mich: » Du wirst ganz toll werden.« Ich sehe ihn überrascht an. Und zum ersten Mal glaube ich wieder an das Gute im Leben.

8 Sibirien
    Montagmorgen und ich bin total aufgelöst. Wie betritt man ein Klassenzimmer, wenn man weiß, dass der Junge, den man mag, da ist, wenn man aber nicht weiß, was Sache ist? Als er sagte » Wir sehen uns morgen«, meinte er da, wir sehen uns als Pärchen, oder nur, dass wir uns in der Schule sehen. Ich schaue zum vierzigsten Mal in den Spiegel. Ich will gut aussehen, aber nicht zu gewollt. Ich habe mir die Haare geglättet. Make-up aufgelegt. Es wieder abgewaschen. Jetzt gehe ich aus dem Zimmer und ziehe die Tür hinter mir zu, bevor ich noch einmal in die Nähe des Make-ups kommen kann. Es ist einfach albern.
    Ich kriege kein Frühstück runter, also trinke ich nur einen Saft.
    In der DART treffe ich Orla Tempany.
    » Geht es dir gut?«, fragt sie. » Du siehst ziemlich blass aus.«
    Mist, denke ich. Ich hätte doch Make-up nehmen sollen.
    » Das war vielleicht eine Party bei Sarah!« Sie zählt auf, wer mit wem gesehen wurde. Innerlich bin ich panisch und warte darauf, dass sie bei mir ankommt. Ich beruhige mich erst wieder, als sie mich nicht erwähnt. Und dann müssen

Weitere Kostenlose Bücher