Wer braucht schon Liebe
leid«, sage ich, als sie ausgestiegen ist. » Ich weiß nicht, was in sie gefahren ist.«
Er sieht mich an. » Dieses Mädchen bedeutet Ärger.«
» Eigentlich ist sie ziemlich harmlos.«
Er sagt nichts, aber er sieht nicht überzeugt aus.
» Mike, kannst du mich bei Gran absetzen?«
» Natürlich.«
Gran öffnet die Tür mit einem Lächeln. Dann erlischt es.
» Wo ist McFadden?«
Sie reckt den Hals und blickt prüfend über die Veranda, als würde ich ihn verstecken.
» David hat ein Hockeyspiel.«
» Aha, du nennst ihn jetzt also David?«, sagt sie mit hochgezogenen Augenbrauen, als hätte ich ihr gerade gesagt, dass wir uns verlobt haben.
Ich schüttele den Kopf und gehe mit ihr hinein. Sie kocht Tee. Dann folgt die Spanische Inquisition. Ist er ein guter Hockeyspieler? (Keine Ahnung.) Wie ist er in der Schule? (Ganz okay, glaube ich.) Ist er immer noch total ätzend? (Keine Antwort.) Und schließlich: » Wie oft hast du ihn diese Woche gesehen?«
» Jeden Tag«, sage ich, um sie in Aufregung zu versetzen. Dann: » Wir sind zusammen in der Schule, Gran.«
» Klugscheißerin.«
Aber tatsächlich haben wir uns bis auf gestern Abend auch praktisch jeden Tag nach der Schule getroffen.
» Hält er dir die Tür auf?«, fragt sie, als wäre das eine entscheidende Frage.
» Gran! Niemand hält einem mehr die Tür auf.«
» Aber tut er es?«
Ich lenke ein. » Okay. Er tut es tatsächlich.« Er ist ziemlich aufmerksam.
» Ich wusste es!« Sie ist so zufrieden mit sich, dass sie vergisst, weitere Fragen zu stellen, und wir schweigen eine Weile. Meine Gedanken wandern wieder zu Rachel. Wie oft habe ich sie in den letzten sechs Monaten abgewiesen? Und sie hat trotzdem zu mir gehalten. Bis jetzt.
» Du hörst überhaupt nicht zu«, sagt Gran verärgert.
Ich sehe sie an. » Doch, ich höre zu.«
» Dann wiederhole, was ich gesagt habe!«
Ich habe keine Ahnung.
Sie verschränkt die Arme. » Ich habe gesagt: ›Den Jungen musst du dir warmhalten.‹«
» Oh. Alles klar.«
» Du weißt nicht, was du an ihm hast«, sagt sie verstimmt.
» Ich habe gar nichts.« Aber als ich ihr Gesicht sehe, füge ich hinzu: » Ich mag ihn, okay, Gran?«
Das ist typisch für sie – dass sie mich dazu kriegt, so etwas zuzugeben.
Sie lächelt. » Komm, umarme deine alte Großmutter. Jetzt stehen wir es vielleicht doch durch.«
Zum ersten Mal gibt sie zu, dass es etwas durchzustehen gibt.
***
Den Schläger quer über den Schultern, die Hände darübergelegt, kommt David vom Hockeyfeld. Er unterhält sich mit zwei Jungs aus seinem Verein, die ich nicht kenne. Als er mich entdeckt, leuchtet sein Gesicht auf, und ein Glücksgefühl erfüllt mich. Er trennt sich von seinen Kumpels und kommt zu mir. Er nimmt den Mundschutz heraus und küsst mich. So voller Testosteron und so siegreich, wie er ist, ist es das Schärfste, was ich je erlebt habe.
» Hey«, sagt er lächelnd.
» Hey.«
Er legt mir den Arm um die Schultern und zieht mich an sich. Wir gehen zum Auto. » Also. Was gibt’s Neues?«
» Ich nehme an, du hast das von Mark und Rachel gehört?«
Er sieht überrascht aus. » Warum so bedrückt?«
» Bin ich nicht. Ich wünschte nur, ich wäre nicht die Letzte gewesen, die es erfährt.«
» Sorry. Ich musste ihm Verschwiegenheit schwören.«
» Nicht du. Rachel. Sie hat es mir nicht erzählt. Ich musste es von Sarah erfahren.«
Er sieht mich an. » Ich verstehe euch beide nicht. Ihr erzählt euch gar nichts.«
Wir kommen zum Auto. Er wirft den Schläger auf den Rücksitz und wir steigen ein.
Dann fasse ich einen Entschluss. Ich hole tief Luft.
» Es liegt nicht an Rachel. Es liegt an mir.« Ich erzähle ihm, was zwischen uns vorgefallen ist. Er hört schweigend zu. Bis ich versuche zu erklären: » Ich will keine Nähe.«
Er sieht mich an. So richtig, meine ich. » Was ist das dann zwischen uns beiden?«
Die Frage steht im Raum.
» Sind wir uns nicht nah? Willst du das damit sagen?« Mein Herz hämmert. Ich kann ihn nicht ansehen. » Alex?«
Meine Handflächen sind schweißnass. Mein Mund ist trocken. Ich will nicht darüber nachdenken.
» Ich fühle mich dir nah«, sagt er, als wäre es ganz leicht. » Fühlst du dich mir nicht nah?«
Ich fühle mich in die Ecke gedrängt, gezwungen, etwas zuzugeben, was ich nicht zugeben will, vor allem nicht mir selbst gegenüber. Ich kann nicht. Ich kann einfach nicht. Ich fummele am Griff herum. Dann bin ich draußen. Hier ist es kühler. Mehr Luft. Ich bin in
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