Wer braucht schon Liebe
wenn ich das habe, heißt das dann, dass wir nächstes Mal nicht aufhören?
Am nächsten Tag tut Rachel so, als hätte sie noch nie etwas von Mark Delaney gehört. Ich beobachte sie bei den Proben, wie sie einander aus dem Weg gehen. Ich wünschte, ich könnte etwas tun. Er mag sie. Sie mag ihn. So einfach ist das. Oder sollte es zumindest sein. Und da habe ich eine Eingebung.
Nach der Probe gehe ich zu ihr.
» Solltest du nicht die große Verführerin spielen?«, sage ich, als wäre ich enttäuscht.
» Das würde ich, wenn Macbeth nicht Mark Delaney wäre.« Es klingt so, als würde sie ihn hassen.
» Du willst doch aber dein Bestes geben, oder?« Okay, meine Idee ist ziemlich simpel (sie wirft sich ihm als Lady Macbeth an den Hals und er wird nicht widerstehen können). Aber ich bin verzweifelt.
» Mach dir keine Sorgen. Wenn ich auf der Bühne stehe, kann mich nichts aufhalten. Nicht einmal Mark Delaney.«
Ich lächele. » Er wird aus allen Wolken fallen.«
» Zum Teufel mit ihm.«
» Wirklich?«
» Wirklich.«
Und ich frage mich, ob sie das ehrlich glaubt.
***
Es ist Samstag und Mike fährt mich und Marsha in die Stadt. Wir durchkämmen die Läden nach Knöpfen, Stoffen, Bändern, falschen Edelsteinen und – Überraschung, Überraschung – Gürteln. Es ist seltsam. Dublin ist mein Zuhause, aber es braucht eine New Yorkerin, damit es mir mal jemand zeigt. Sie bringt mich an Orte, von denen ich gar nicht wusste, dass es sie gibt: irgendwelche versteckten Gässchen, kleine Läden, wo wir richtig tolle Schätze finden. Ich dachte, ich wäre eine ziemlich ernst zu nehmende Shopperin. Aber im Vergleich zu Marsha bin ich nur eine markenversessene Einkaufszentrenbesucherin. Sie hat Fantasie und Stil. In allem entdeckt sie irgendwelche Möglichkeiten. Ich dachte immer, ein Knopf ist ein Knopf. Oder ein Gürtel ist ein Gürtel. Jetzt sind sie Schmuck, Waffen, Teil eines Stiefels oder einer Kopfbedeckung. Es macht Spaß. Wir legen immer wieder eine Kaffeepause ein, um unsere Einkäufe zu begutachten und neue Pläne zu schmieden. Sie erzählt mir von einigen ihrer Kunden – totale Spinner. Ich erzähle ihr von David. Sie wird munter.
» Ich habe gehofft, dass ihr beide zusammenkommt.«
» Echt?«
» Es war deutlich zu sehen, dass ihr verknallt seid.«
» Echt?«, sage ich wieder und sauge an meinem Smoothie, um mein Lächeln zu verbergen.
» Das ist also deine erste Liebe?«
Ich verschlucke mich beinah. » Gott. Nein! Niemand hat etwas von Liebe gesagt.«
» Okay, deine erste ernsthafte Beziehung?«
Ich denke immer noch darüber nach, als …
» Ach, es gibt nichts Schöneres als die erste Liebe.« Sie seufzt. » Nichts. Nie wieder.«
Ich schneide eine Grimasse. » Ist das nicht irgendwie deprimierend?«
» Äh. Ja.«
Wir lachen.
» Okay, also ich will nicht, dass du es dem Rockstar erzählst.«
» Wem?«
» ’tschuldigung. Meinem Dad.«
» Oh richtig«, sagt sie und hebt das Kinn leicht an, um ein Nicken anzudeuten.
» Und du erzählst ihm besser auch nicht, dass ich ihn den Rockstar nenne.«
» Das würde ich nie tun.«
» Gut.«
» Es könnte ihn verletzen.«
» Machst du Witze?«
» Alex, es wird dich vielleicht erstaunen, aber Männer haben auch Gefühle.«
» Du kennst ihn nicht sehr gut, oder?«
» Ich weiß, dass er ein guter Mensch ist.«
Ich lache. » Ja klar.«
» Weißt du, die Dinge sind nicht immer so einfach, wie sie aussehen.«
» Außer es geht um den Rockstar.« Ich stehe auf, sammle meine Tüten ein. Wenn ich über ihn rede, habe ich immer das Bedürfnis zu shoppen.
Doch wenn jemand wissen will, ob es einem ernst ist mit der Beziehung, dann muss man innehalten, sich selbst fragen, genau hinschauen. Als wir durch die Geschäfte ziehen, denke ich über den Menschen nach, mit dem ich so viel Zeit verbringe.
Bin ich wirklich in ihn verknallt?
Das wäre ein » Ja«.
Will ich wirklich die ganze Zeit mit ihm zusammen sein?
Noch ein » Ja«.
Denke ich wirklich mehr an ihn als an irgendjemand anderen?
Auf jeden Fall, ja.
Manchmal kann ich nicht glauben, dass wir schon seit acht Wochen zusammen sind. Aber meistens fühlt es sich so an, als wären wir schon seit einer Ewigkeit ein Paar, als würde ich ihn in- und auswendig kennen, als würden wir zwei zusammengehören. Ich frage mich, was er gerade macht. Ich frage mich, ob er an mich denkt. Wenn wir zusammen sind, will ich nie, dass es endet, ich will nicht, dass er geht. Ich würde so gern mit ihm schlafen. Ich
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