Wer braucht schon Zauberfarben?
einziehen lässt.
„Ein paar deiner Rippen sind gebrochen“, stellt er fest.
„Darauf … wär ich … nie … gekommen“, spotte ich, während er meinen Körper weiter abtastet. Ich bemerke, dass er meinen Schenkel kurz wegdrückt. Er will wohl kontrollieren, ob ich da unten auch verletzt bin. Es ist mir egal, ich will einfach nur versuchen, an etwas anderes als an diesen stechenden Schmerz zu denken.
„Wieso warst du überhaupt alleine unterwegs? Warum bist du nicht bei deiner Familie?“, fragt er fast vorwurfsvoll.
„Lange … Geschichte“, erkläre ich.
Gillean mustert mich intensiv. „Ich muss die ganze Zeit über an dich denken“, gibt er zu. Dabei streicht er mir sanft über die Wange.
„Weil du … auf Hexenjagd bist … und ich die einzige … Hexe bin, … die du kennst. Ist … irgendwie … naheliegend“, stelle ich sarkastisch fest.
„Nein, weil mir deine Frage nicht mehr aus dem Kopf gehen will … und der Kuss“, stellt er richtig.
„Welche … Frage … denn?“, will ich wissen.
„Ob ich will, dass du stirbst. Raven, ich will nicht, dass dir etwas zustößt. Es tut mir so leid, was dir widerfahren ist“, gesteht er.
„Aber … hier … geht es nicht … um mich, Gillean“, entgegne ich.
Mit meiner Hand greife ich nach seiner, ziehe sie zu meinem Hals und führe sie tiefer bis zu meiner ledernen Kette, an der ich einen kleinen Beutel trage.
„Mach … ihn auf“, verlange ich.
Gillean tut, was ich verlange und zieht das Papier raus, das ich darin aufbewahre.
„Was ist das?“, fragt er stirnrunzelnd.
„Eine … Seite aus meinem … Geschichtsbuch. Sie stammt … aus … meiner Zeit … dem 21. Jahrhundert. Da … geht es … um dich“, kläre ich ihn auf. Ich hab das eigentlich aus dem Internet, aber das erklär ich ihm jetzt nicht.
„
Um mich
?“, stellt er verblüfft fest.
„Lies es … laut vor“, verlange ich, während sich mein Körper unter Schmerzen aufbäumt. Gillean faltet das Papier auseinander. Bei dem Anblick zieht er sogar scharf die Luft ein. Ein farbiges, auf Papier gedrucktes Bild hat er wohl noch nie gesehen.
Nach der Schrecksekunde liest er laut vor:
„
Lord McConnor, Gillean Finnigan Lauranus: Gilt als einer der brutalsten Großinquisitoren Irlands, der im Auftrag der heiligen Inquisition im Mittelalter wütete.
In späteren Schriften geht er auch als „Säuberer Irlands“ in die Geschichte ein, dessen Namen er in zahlreichen Hetzjagden gegen Menschen, die als Hexen verfolgt wurden, erworben hat. Schätzungen zufolge, ließ er über 20.000 Hexen und Ketzer, davon über 90 % Frauen im Laufe seines Lebens am Scheiterhaufen verbrennen …
“
Daran hat er sichtlich zu knabbern.
„Das ist nicht wahr – das bin ich nicht“, haucht er aufgebracht.
Ich lächle. „Da steht … dein Name drauf und das Bild … sieht dir verdammt ähnlich, … wenn du mich fragst“, erkläre ich.
„Das Papier ist zerrissen. Ein Teil fehlt“, stellt er fest.
„Ja, ich hab … den unteren Teil … abgetrennt“, gestehe ich.
„Was stand dort?“, will er wissen.
„Dein Sterbejahr“, informiere ich ihn. Er sieht aus, als hätte er einen Geist gesehen.
„Du willst mich täuschen. Das kann nicht wahr sein“, stellt er aufgebracht fest.
„Du vertraust … mir immer … noch nicht“, entgegne ich genervt.
„Sag mir das Jahr, Raven“, fordert er.
Ich schüttle den Kopf. Dabei laufen mir Tränen über die Wangen. Eigentlich bin ich nicht so nahe am Wasser gebaut, aber irgendwie läuft in letzter Zeit alles schief. Außerdem halt ich die Schmerzen bald nicht mehr aus.
„
Das Jahr Raven
“, verlangt er nachdrücklicher.
„Du stirbst … viel zu jung“, flüstere ich.
Ihm ist sein Unbehagen darüber mehr als ins Gesicht geschrieben. Ich greife nach seiner Hand und verlange: „Sag mir, … dass das nicht der Mann ist … der hier … bei mir ist, Gillean.“ Ich muss husten. Das treibt mir erneut die Tränen in die Augen.
„Raven, geht es wieder?“, fragt mich Gillean. Ich halt die Schmerzen nicht mehr aus. Mein Atem geht stoßweise.
„Raven!“ Zu spät, mir wird bereits schwarz vor Augen.
Eine Erschütterung meines Körpers weckt mich aus einem unruhigen Schlaf voller Alpträume. Ich stöhne vor aufwallendem Schmerz. Verdammt, ich muss in ein Krankenhaus.
„Raven.“ Gillean taucht über mir auf. „Wie fühlst du dich?“, fragt er mich, während er mir durchs Haar streicht. Sein Blick spiegelt genau das wider, wie ich
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