Wer braucht schon Zauberfarben?
die Augen auf. „Hat der Seher die Ergebnisse verändert?“, stoße ich panisch aus.
„Nein Mädchen“, antwortet Tiberius.
Jetzt ist meine Neugierde geweckt. Schnell reiße ich den Umschlag auf und lese:
…
99,9 %ige Wahrscheinlichkeit kein Verwandtschaftsverhältnis …
Mein Atem geht stoßweise. Das kann nicht sein. Jemand hat das Ergebnis verändert. Junus ist mein Bruder.
„Glaub es ruhig Mädchen. Und insgeheim weißt du auch, dass es wahr ist“, kommentiert Tiberius meinen Schock, den man mir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schon von der Nasenspitze ablesen kann.
„Nein, das ist nicht möglich“, hauche ich panisch.
„Natürlich ist es das. Wenn du ehrlich zu dir bist und eins und eins zusammenzählst, weißt du das auch. Die Tatsache, dass keiner ihrer Zauber bei dir wirkt, die Symbole auf deinem Körper.“ Hat er etwa mit dem Seher darüber gesprochen?
„Nein. Junus konnte mich verzaubern. Er hat meine Erinnerungen und meine Kräfte an sich genommen“, wende ich ein.
„Nein, Mädchen. Du hast sie ihm freiwillig gegeben. Sein Zauber wirkte nicht. Deiner schon“, erklärt Tiberius.
„Moment mal. Aber wie hätte er mir dann die Kräfte wieder zurückgeben können? Dabei konnte ich ihm nicht helfen, denn Junus hatte die meinen ja bereits“, stelle ich fest.
„Dein Körper hat die Kräfte mit offenen Armen empfangen. Dagegen ist niemand immun, sonst könntest du keine Kräfte beim Initiationsritus erhalten. Und die Erinnerungen hast du selbst in dir aufgesogen. Dein Körper wollte sie zurück, nur deshalb hat es funktioniert“, erklärt Tiberius.
„Nein, du willst mich täuschen. Die Ergebnisse wurden manipuliert“, raune ich wild.
„Rede dir das ruhig ein. Das ändert nichts daran, dass Junus nicht dein Bruder ist“, verlautbart er.
„Wieso wusstest du das? Wer bist du?“, verlange ich.
„Ich bin Tiberius. Ein Freund. Jemand, dem du vertrauen kannst. Hör doch auf das, was dir dein Instinkt sagt Mädchen. Du bist anders und das spürst du auch“, antwortet er.
Ja ich fühle es. Ich bin eine schwarze Hexe. Wenn das wahr ist, kann Junus nicht mein Bruder sein. Tiberius hat recht. Ich vermute es bereits die ganze Zeit über.
Meine Hände zittern. Das Herz wird mir durch die Erkenntnis entzweigerissen. Mein Verstand sagt mir, dass Tiberius‘ und Nadars Worte Sinn ergeben. Mein Herz wehrt sich, kämpft dagegen an. Mein Körper versteht das nun auch.
Tiberius streckt beide Arme zur Seite aus. „Mein Angebot steht noch. Komm her Mädchen“, bietet er an.
Meine Beine geben nach. Er ist sofort an meiner Seite und hält mich fest.
„Es wird alles gut, Mädchen. Du bist nicht allein, hörst du?“ Doch, bin ich. Mir wurde gerade alles genommen. Ich habe meinen Bruder und Beliar verloren.
Sie werden denken, ich wusste davon. Mit meinen wirren Plänen, die ich gesponnen habe, um McConnor das Handwerk zu legen, habe ich ihnen alles dafür geliefert, dass sie mich für eine berechnende Intrigenspinnerin halten. Das nenn ich mal ein klassisches Eigentor.
Wenn Beliar davon erfährt, wird es ihn überzeugen, dass die andere Frau die wahre Ador-Hexe ist. Was sie ja offensichtlich auch ist. Er wird sich für sie entscheiden und ich kann sogar verstehen wieso. Meine Tränen halten nichts von dieser Logik.
Tiberius streichelt über meinen Rücken, drückt mich fest an sich und flüstert mir aufmunternde Worte ins Ohr. Es tut gut, dass er hier ist, obwohl mir nicht klar ist, wieso er all das weiß oder warum er mir hilft.
Nur ein paar Tränen, das sage ich mir. Ich muss mich zusammenreißen, denn Beliar wird bald zurück sein.
„Wenn ich nicht die Ador-Hexe bin, wer bin ich dann?“, will ich von ihm wissen, während ich krampfhaft versuche, nicht vollkommen durchzudrehen.
„Alles zu seiner Zeit“, erklärt Tiberius.
„Nein, sag mir, wer ich bin. Was geschieht nun mit mir?“, hauche ich erschöpft.
„Später Mädchen. Jetzt müssen wir erst einmal den Brief verschwinden lassen und dich ein bisschen herrichten, damit sie es nicht merken.“ Er drückt mich sanft von seiner Brust. Liebevoll streichelt er mir über die Wange. Meine Tränen trocknen sofort.
Tiberius lächelt und sagt: „Schon viel besser. Und jetzt hör mir zu. Du hast vielleicht ein paar Tage, bevor alles auffliegt.“
„Warte“, wende ich ein. „Wieso konntest du den Zauber vollbringen? Gerade eben. Meine Tränen sind getrocknet“, hake ich nach.
„Na ich bin ein
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