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Wer braucht schon Zauberfarben?

Wer braucht schon Zauberfarben?

Titel: Wer braucht schon Zauberfarben? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu Pera
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Augen passiert? Hast du deren Farbe verändert, damit dich niemand finden kann?“, will er wissen.
    „Lenk nicht vom Thema ab“, rüge ich ihn.
    Er lächelt. „Ich werde den Bann von dir nehmen Raven. Danach wirst du dich an alles erinnern. Nimm meine Hand. Vertrau mir.“ Schätze, ich habe keine andere Wahl. Wenn ich wissen will, wer ich bin, bleibt mir nichts anderes übrig, als dieses Risiko einzugehen.
    Nach kurzem Zögern ergreife ich seine Hand. Er zieht mich an sich heran und küsst mich auf die Stirn. Alles innerhalb von ein paar Sekunden, in denen mein Herz beinahe stehenbleibt.
    An die Stelle seiner Lippen setzt er im nächsten Augenblick die Murmel.
    Blitzschnell fluten mich meine frühesten Kindheitserinnerungen, die mich schlagartig in die Knie zwingen. Der junge Mann hält mich fest, damit ich nicht zu Boden gehe.
    Die Bilder einer Burg prasseln auf mich nieder. Mein Zuhause. Es ist ein wundervoller Ort, an dem ich jeden Tag aufs Neue auf Entdeckungsreise gegangen bin.
    Ich sehe meinen Vater, der mich auf seinen Schoß zieht. Meine Knie sind aufgeschlagen, aber er sagt mir, ich muss das wie ein tapferer Krieger ertragen, weil ich eine Owen bin. Und die Owens zeigen niemals Schwäche. Ich liebe ihn über alles.
    Meine Mutter starb bei meiner Geburt. Ich vermisse sie sehr, habe jeden Tag an ihrem Grab für sie gesungen. Die Traurigkeit, die ich bei dem Gedanken an sie verspüre, wird mir wieder bewusst.
    Sogleich kommen die Erinnerungen an meinen Bruder Artis zurück zu mir, der mich stets vor allen Waghalsigkeiten, in die ich mich hineinmanövriert habe, gerettet hat. Ich liebe ihn vom ganzen Herzen. Mehr als alles andere auf dieser Welt. Das Gefühl ist ident mit dem, das ich für Junus empfinde.
Es ist also wahr, sie haben mir vorgegaukelt, Junus wäre Artis und mir eine neue Kindheit verpasst
.
Das ist echt krank.
    Ich erinnere mich an eine Feier, die zu meinen Ehren ausgerichtet wurde. Man stellt mir jemanden vor. Einen Mann mit tätowiertem, kahlem Schädel. Man sagt mir, es wäre mein zukünftiger Ehemann.
Heilige Scheiße
.
    Ich sei auserkoren, seine Kinder zu gebären. Es ist Nadar, der Seher, der mich in seine Arme hebt und mich anlächelt. Er ist mir unheimlich. Seine Augen flößen mir Angst ein.
    In meiner kindlichen Neugierde zeichne ich die Symbole auf seinem Kopf mit meinen Fingern nach. Verstehe nicht, was sie bedeuten.
    Nadar nimmt meine Hand in seine und küsst sie lächelnd. Ich will das nicht. Verstehe nicht, warum mich mein Vater dazu zwingen will, diesen Mann, der viel älter ist als ich, zu ehelichen. Aber mein Onkel sagt mir, dass dies mein Schicksal wäre. Es ist Tiberius, der Bruder meines Vaters.
So schließt sich der Kreis. Daher war er mir immer so wohlgesonnen. Deshalb vertraue ich ihm instinktiv. Wir sind vom selben Blut.
    Ich sehe den Tag, an dem mich mein Vater weggeschickt hat. In seinem Blick ist unendliche Traurigkeit verwoben. Er sagt mir, dass mir eine große Zukunft bevorsteht. Den Weg dorthin muss ich allerdings allein gehen. Nur widerwillig lässt er mich los. Mein Bruder hat Tränen in den Augen, als er sich von mir verabschiedet. Er sagt mir, dass er mich liebt und dass wir uns bald wiedersehen.
    Nadar bringt mich fort – zerrt mich förmlich aus der Halle. Mein Vater ruft mir hinterher, dass ich ein tapferer Krieger sein muss. Um ihm zu zeigen, dass ich eine richtige Owen bin, weine ich nicht.
    Nun sehe ich die Nacht, in der sie mich gegen die Ador-Hexe ausgetauscht haben. Neben mir liegt ein Junge – Junus. Er scheint zu schlafen. Nadar hat seine Erinnerungen wohl bereits manipuliert.
    Daraufhin kommt der Seher auf mich zu. Ich habe Angst, wehre mich, doch Nadar packt mich fest und vollzieht den Zauber, der meine Erinnerungen in eine Glasmurmel bannt und mir so meine Vergangenheit stiehlt.
    Im nächsten Moment trägt mich Junus fort von dem Haus der Adors. Jemand entreißt mich seinen Armen, stößt ihn grob weg. Der Mann ist mir fremd.
    Mittlerweile weiß ich, dass es der Seher war
. Nadar bringt mich durch den Steinkreis und übergibt mich meinen Zieheltern im 21. Jahrhundert
.
Sie sind wieder da – alle Erinnerungen, die ich verloren habe.
    Ich keuche als hätte mir jemand die Luft abgeschnürt und mich kurz vor der Bewusstlosigkeit losgelassen. Ich weiß jetzt, wer ich bin. Mein Name ist R ose A nne V ictoria E rin N azire Owen oder auch kurz Raven.
    „Raven?“ Artis hält mich im Arm. All die Emotionen, die ich für Junus empfand, galten ihm. So

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