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Wer braucht schon Zauberfarben?

Wer braucht schon Zauberfarben?

Titel: Wer braucht schon Zauberfarben? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu Pera
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Versuch nicht, zu singen Süße. Die Waffe geht los, wenn du einen Zauber wirkst.“
    Ich wende mich meinem Vater zu. „Sieht so aus, als hättest du das richtige Druckmittel gegen mich in der Hand. Aber verzeih mir den vorherrschenden Zweifel daran, du würdest den Befehl geben, deine eigene Tochter umbringen zu lassen“, fordere ich ihn heraus.
    „Wenn du dich weigerst, betrachte ich dich nicht mehr als meine Tochter“, knallt er mir entgegen. Das tut so weh, dass sich meine Kehle schlagartig zusammenschnürt.
    „Es ist meine Überzeugung“, erkläre ich mit fester Stimme. „Raven nicht“, fährt mein Bruder dazwischen, aber das hält mich nicht auf.
    Energisch wiederhole ich: „Es ist meine Überzeugung, dass weiße und schwarze Hexen in friedlicher Koexistenz leben können.“ „
GENUG
“, brüllt mein Vater, doch ich ignoriere ihn ebenfalls und spreche weiter: „Ich gehe sogar soweit, zu sagen, dass Liebe zwischen uns entstehen kann. Und das werde ich dir auch beweisen Vater.“
    Mein Vater schießt vom Stuhl hoch und erhebt die Hand gegen mich. Ich schließe die Augen, um den Schlag nicht kommen zu sehen. Keinesfalls werde ich ihm die Genugtuung geben und zurückweichen. Ich muss stark sein.
    Als kein Schmerz folgt, öffne ich die Augen wieder. Mein Vater steht immer noch in Schlagposition vor mir. Er scheint es aber nicht übers Herz zu bringen. Stattdessen brüllt er: „HOLT IHN REIN.“
    Jemand wird in den Raum gezerrt. Es ist Junus. Verdammt – Druckmittel Nummer 2 also. Er sieht mich vollkommen emotionslos an. Ich hoffe, er spielt das nur und konnte meinen Brief vorher lesen.
    „Er ist nicht mein Bruder. Wieso sollte es mir etwas ausmachen, was mit ihm geschieht?“, bluffe ich.
    „Ich habe seinen Brief gelesen Schätzchen“, informiert mich mein Onkel. Verdammt. Verdammt. Verdammt.
    „Nun lass uns noch einmal über deinen Widerstand sprechen Tochter“, hakt mein Vater nach.
    „Habs mir anders überlegt“, knicke ich ein.
    „Sieht so aus, als ob du aus der Sache nicht rauskommst Süße. Leider hast du hierfür keinen Plan. Und wage es nicht, deinen unsichtbaren Raben zu rufen. Dein Vater spürt Eindringlinge. Du willst doch nicht, dass Junus stirbt“, wirft mein Onkel ein.
    Ich gestehe: „Sieht so aus, als wärt ihr mir immer einen Schritt voraus.“ Mein Onkel lächelt verschmitzt. Junus wird wieder rausgezerrt.
    „Da wir das geklärt haben, können wir jetzt wohl endlich speisen“, stellt mein Vater resümierend fest. Das ist jetzt nicht sein ernst.
    Ich hänge meinen Gedanken nach, während ich in meinem Essen stochere. Ich könnte heulen, denn ich liebe Junus wie meinen eigenen Bruder. Die Erinnerungen ändern nichts an der Tatsache. Daher lasse ich auch nicht zu, dass ihm etwas geschieht. Schätze, ich habe keine Wahl.
    „
Raven
“, fährt mich mein Vater ärgerlich von der Seite an. Dabei schlägt er sogar auf die Tischplatte. Was hab ich denn jetzt schon wieder angestellt?
    „Dein Verlobter hat dich etwas gefragt“, informiert er mich, als ich zu ihm aufblicke.
    Überrascht wende ich mich Nadar zu. Jetzt sind wir also schon verlobt. Der Antrag muss mir zwischen dem Beinahe-Schlag meines Vaters und dem Stochern in meinem Essen wohl entgangen sein.
    Nadar ergreift meine Hand. Seine Berührung ist mir unangenehm, aber ich hab Schiss vor meinem Vater, also lasse ich es geschehen.
    „Ich möchte dich hochbegleiten. Du siehst müde aus. In meinem Gemach wurde alles für dich vorbereitet“, meint er.
Wie bitte
? Vergiss es. Ich penn doch nicht mit ihm zusammen in einem Zimmer. Wir kennen uns doch gar nicht.
    „Ich würde das Verlies deinem Gemach vorziehen“, rutscht es mir heraus, bevor ich das Hirn einschalten kann. Den Zorn meines Vaters spüre ich sogar auf den feinen Härchen meiner Haut.
    „So sei es“, knurrt mein Vater. „Artis, führe sie in den Kerker, wenn sie sich so danach sehnt“, befiehlt er.
    Mein Onkel stellt kopfschüttelnd fest: „Mädchen, Mädchen, ich hatte das bereits befürchtet. Da unten wartet eine spezielle Zelle auf dich. Wenn du das siehst, wirst du dich nach Nadars Bett sehnen.“ Im Traum. Egal was da unten ist. Alles ist besser, als die ganze Nacht Angst zu haben, dass er über mich herfällt.
    Ohne Widerstand stehe ich auf und folge Artis durch die Tür. Mein Bruder führt mich schweigend in den unteren Teil der Burg.
    Vor mir tut sich das absolute Gruselkabinett auf. Übrigens das volle Programm inklusive modriger Geisterbahnstimmung.

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