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Wer braucht schon Zauberfarben?

Wer braucht schon Zauberfarben?

Titel: Wer braucht schon Zauberfarben? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu Pera
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ich ziemlich überrascht sein, ihn zu sehen, drehe ich mich fast panisch um. Da steht er – der Halbgott in Lederjacke – der mich wieder mal dahinschmachten lässt.
    Ich liebe ihn. Mein Herz schreit es förmlich in die Welt hinaus. Mein Körper wird von ihm magnetisch angezogen. Ohne mein schauspielerisches Zutun, fluten Tränen meine Augen, solche Sehnsucht hatte ich nach ihm. Ich will, dass er mich festhält, jetzt, also strecke ich die Hand nach ihm aus.
    Er kommt auf mich zu. Mein Körper zittert. Ich muss mich dazu zwingen, nicht in seine Arme zu laufen. Die Nacht im Kerker kommt mir in den Sinn. Das Gesicht von Junus, der mich so kaltherzig gemustert hat. Die Angst um meinen Bruder. Alles bricht förmlich aus mir heraus. Als würde mein Leben davon abhängen, stürze ich mich in seine Arme. Mein Körper bebt an seinem Leib. Ich kann es nicht unterdrücken, ich brauche ihn so sehr.
    „Ist schon gut“, haucht er in mein Ohr. „Nun sind wir wieder vereint Liebste.“ Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, als ich die Mündung einer Schusswaffe an meinen Rippen spüre, mit der mich Beliar bedroht. Ich halte die Luft an. Seine Worte wollen einfach nicht zu dieser Geste passen.
    Voller Panik versuche ich, ruhig zu bleiben. Wie kann er meine größte Schwäche nur gegen mich einsetzen? Weiß er etwa, was mein Vater vorhat? Ahnt er, dass wir beobachtet werden? Meine Beine geben nach. Beliar presst mich fest an sich.
    „Davon braucht niemand zu erfahren Hope. Deine Tränen hat niemand gesehen“, flüstert er. Ich weiß, was er tatsächlich damit meint. Er will mir klarmachen, dass er mich tötet, wenn ich nicht mitspiele. Natürlich weiß er, dass wir beobachtet und ausgehorcht werden. Das macht mich grad vollkommen fertig.
    Als mir Nadar sagte, Beliar sucht nach mir, hatte ich solch ein innerliches Glücksgefühl. Ich Idiot dachte, er will mich zurückhaben. Stattdessen weiß er Bescheid und nutzt das Wissen, um mich in diesem kranken Spiel zu benutzen. Hat er denn meinen Brief nicht gelesen? Warte. Was, wenn ihn Tiberius vorher abgefangen hat? Was, wenn Beliar ihn gar nicht erhalten hat. Dann denkt er bestimmt, ich bin abgehauen, als sie mir auf die Schliche gekommen sind. Das wäre das absolute Schuldeingeständnis.
    Und Junus? Hat er den Brief etwa auch nie bekommen? War seine Abscheu gegen mich in der Burg meines Vaters vielleicht gar nicht gespielt? Oh nein. Aber das ergibt keinen Sinn. Was hätte Tiberius davon, ihm den Brief vorzuenthalten? Meine Zeilen wären doch optimal für den Plan gewesen. Beliar soll doch glauben, dass ich ihn liebe, damit er mich heiratet. Was für ein heilloses Durcheinander.
    Beliar zieht mich mit sich. Dabei ist er stets darauf bedacht, die gezückte Waffe gut verborgen in meiner Jackentasche zu verstecken. Ich bin starr vor Angst.
    Wenn er wütend ist, wird er ohne zu zögern abdrücken. Er glaubt sicher, ich will meinen Plan ausführen und ihn für meinen Vater ausspionieren. Womöglich hat er ja auch seine Späher in der Gilde. Warte mal? Wieso läuft jetzt nichts mehr nach meinem Plan? Was hab ich übersehen? Ich kann keinen klaren Gedanken fassen. Da ist nur die Berührung der Waffe, die meinen Körper beben lässt.
    „Beliar“, hauche ich, doch er drückt mich so fest an sich, dass mir die Luft wegbleibt vor Schmerz. Das soll wohl so viel wie: „Halt die Klappe, schwarze Hexe“ bedeuten. Ich habs kapiert.
    „Wir sprechen später miteinander. Ich bringe dich erst in Sicherheit“, erklärt er. Er ist echt gut. Sieht mich sogar liebevoll an. Das macht mir noch mehr Angst.
    Wir steigen in ein Taxi. Auch dieses Mal drückt er mich wieder an seine Brust, damit mich der Taxifahrer nicht im Visier hat. Ich hab gerade ein Déjà-vu, fühle mich in die Zeit zurückversetzt, als er mich gewaltsam aus meiner Welt geholt hat. Wie damals kralle ich mich in sein Hemd, um die Tränen zu kompensieren.
    Beliar scheint das zu erzürnen, denn er quetscht mir förmlich die Hand. Ich keuche erschrocken auf. Er tut mir weh. Diese Grenze hat er wohl auch vor, zu überschreiten. Irgendetwas sagt mir, dass das ein Horrortrip wird. Ich vergrabe mein schmerzverzerrtes Gesicht in seinem Nacken.
    „Du bist sicher erschöpft. Schlaf ruhig“, flüstert er mir zu, während er meine Wange küsst. Sein Hass brennt förmlich auf meiner Haut. Das bricht mir das Herz. Ein Schluchzen entfährt meiner Kehle, bevor ich es unterdrücken kann.
    „Schhh. Ich freue mich doch auch, dich endlich wieder bei mir

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