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Wer braucht schon Zauberfarben?

Wer braucht schon Zauberfarben?

Titel: Wer braucht schon Zauberfarben? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu Pera
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Augenblick legt er mir eine Kette um, die sogleich unsichtbar wird.
    Meinen fragenden Blick kommentiert er mit den Worten: „Du glaubst doch nicht, dass ich nicht misstrauisch bin. Nach all den Fallen, in die ich dir schon getappt bin. Allem voran deinem Zwillingszauber, mit dem du mich in die Irre geführt hast. Den Fehler, dich zu unterschätzen, begehe ich kein zweites Mal. Diese Kette lässt mich alles mitanhören und mitansehen was du hörst oder siehst.“ Oh, oh. „Wenn du dich ihrer entledigst, werde ich dich persönlich zu deinem Vater schleifen. Bis jetzt hat er sich noch zurückgehalten, aber glaube mir, der Tod von Junus wird dein geringstes Problem sein, wenn herauskommt, dass du deinen eigenen Vater hintergehst.“ Was mach ich denn jetzt nur? Er hat mich reingelegt.
    Ich versuche, cool zu bleiben. „Vertraust du mir nicht Onkel?“, fordere ich ihn heraus.
    Tiberius lächelt und streichelt meine Wange. „Ich würde mein Leben für dich geben, Nichte. Aber Vorsicht ist das Gebot der Stunde. Dein Sinneswandel ist zu schön, um wahr zu sein. Natürlich heißt das nicht, dass ich dir nicht vertraue. Du bist meinesgleichen. Die Familie ist das Wichtigste für mich.“ Wunderbar. Wie soll ich denn jetzt Junus befreien, wenn ich keine Sekunde lang allein bin? Mein Onkel verlässt im nächsten Moment den Raum.
    Ich lehne meinen Kopf erschöpft ans Fenster und hänge meinen Gedanken nach. Das lief absolut nicht nach Plan. Und das mag ich überhaupt nicht. Eigentlich läuft in letzter Zeit gar nichts mehr so, wie ich mir das vorstelle.
    Die Trauerweide, die neben dem Grabhügel meiner Mutter steht, scheint im Wind zu tanzen. Mein Herz zieht sich krampfhaft zusammen. Ich hab sie nie kennengelernt. Was würde ich dafür geben, könnte sie jetzt hier bei mir sein. Sie würde wissen, was zu tun ist. Mein Herz sagt mir, dass ich zu ihr gehen soll, also trete ich aus der Burg.
    Die kurze Distanz zu ihrer Ruhestätte ist schnell überwunden. Aus einem Impuls heraus singe ich: „ Can you feel the love tonight “, von Elton John. Dabei laufen mir unentwegt Tränen über die Wangen.
    Als Kind habe ich ihr jeden Tag vorgesungen, habe gehofft, sie kommt aus dem Himmel zurück zu mir.
    Als meine Stimme im Wind verklingt, spüre ich meinen Vater hinter mir stehen. Er legt mir die Hand auf die Schulter. Ich drehe mich aber nicht um, da ich nicht will, dass er meine Tränen sieht.
    Seine Hand unter meinem Kinn zwingt mich, ihn anzusehen. „Ich habe deine Liebe in meinem Körper gespürt, als würdest du ozeanische Wellen über mich hinwegschicken. Du bist unglaublich stark, Tochter.“
    Mein Vater hebt meine Hand an und überreicht sie Nadar. Diese Geste macht mir unglaubliche Angst. Wenn mein Vater glaubt, ich werde die Frau eines Mannes, den ich nicht liebe, kennt er mich kein bisschen. Nadar mustert mich wieder fasziniert. Im nächsten Augenblick küsst er mich sanft auf die Lippen. Am liebsten würde ich ihm eine verpassen, aber stattdessen lächle ich – es dient einem höheren Zweck.
    Mein Bruder und mein Onkel stehen neben ihm. Atris umarmt mich fest und haucht mir ein: „Ich liebe dich Schwester. Bald sind wir wieder vereint“ ins Ohr. Mein Onkel drückt mich ebenfalls fest an sich.
    „Pass auf dich auf Süße“, flüstert er liebevoll.
    „Du weißt, was du zu tun hast“, gibt mir mein Vater noch mit auf den Weg, bevor mich Nadar fortbringt.
    Ich habe gerade einen Flashback in meiner Kindheit. Damals hat er mich auch von meiner Familie weggerissen. Aber diesmal bin ich kein Kind mehr. Ich bin eine junge Frau, die ihren eigenen Kopf hat.
     

    Nadar führt mich auf eine Brücke in Chicago. „Beliar wird bald hier sein“, erklärt er mir.
    Er nimmt den Ring wieder an sich, den er mir gegeben hat. Ich bin froh darüber – es ist mir irgendwie total unangenehm, als sein Eigentum markiert zu sein.
    Dabei streichelt er meine Wange und flüstert mir: „Ich ersehne unsere Hochzeitsnacht, vollkommene Schönheit“ ins Ohr. Freu dich nicht zu früh. Man sagt mir nach, ich wäre ein ziemlicher Drache.
    So lässt er mich stehen und löst sich vor meinen Augen in Luft auf. Dabei huste ich mir die Seele aus dem Leib, weil sein effektreicher Abgang Rauchschwaden hinterlassen hat. Das muss ich unbedingt lernen – so was könnte praktisch sein.
    Ich frage mich gerade, wie lange ich hier noch stehen muss, da vernehme ich ein: „Hope“ hinter mir. Beliar. Mein Herz macht einen Satz – das ging ja schnell.
    Als würde

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