Wer braucht schon Zauberfarben?
Welt spricht“, ergänzt er. „Sie sagen, die Hexe trägt schwarze und weiße Magie gleichermaßen in ihrem Körper. Ich wollte es mit eigenen Augen sehen. Es ist faszinierend, das Wechselspiel deiner Augen- und Haarfarbe zu betrachten. Erst jetzt kann ich es glauben, da ich dich mit eigenen Augen gesehen habe.“ Mann, sein Akzent zieht mir schon wieder die Gänsehaut hoch.
„Also wolltest du nur deine Neugierde stillen. Nun, da das erledigt ist, entschuldigst du mich sicher. Ich habe zu tun“, erkläre ich. Okay, ich bin sauer. Er wollte mich nur anglotzen, sonst nichts.
Alexej lächelt verschmitzt. „Meine Neugierde ist noch lange nicht gestillt“, haucht er mit sexy Blick. Macht er mich gerade an? „Wieso fahren wir nicht irgendwo hin, wo wir uns ungestört unterhalten können? Mein Wagen steht draußen“, schlägt er vor. Wow, das nenn ich mal einen Frontalangriff. Warts ab, gleich schlägt er sein Hotelzimmer vor, wo wir uns ‚ungestört unterhalten‘ können.
„Ich habe keine Geheimnisse vor meinem Bruder“, lasse ich ihn abschmettern.
Erneut lächelt Alexej: „Würdest du mir die Ehre erweisen und mich zum Zirkeltreffen begleiten?“, fragt er doch tatsächlich. Hmmm. Mal überlegen. Er sieht gut aus. Das würde Beliar wahnsinnig eifersüchtig machen. Naja, so süß ist Alexej auch wieder nicht.
„Ich habe bereits eine Begleitung“, antworte ich kurzerhand. Meinen Bruder nämlich.
Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, er wäre nicht mein Typ, aber er ist eben nicht Beliar. Verdammt, ich bin so was von überhaupt nicht über ihn hinweg.
„Das ist sehr bedauerlich. Dann sehen wir uns heute Abend Raven“, haucht er, während er mir erneut einen Handkuss verpasst. Stimmt, das ist ja schon heute.
Junus grinst mich über seine Schulter hinweg an, als er Alexej zur Tür bringt. Warte mal. Dieser Besuch war ja mehr als merkwürdig. Sag nicht, Junus hat damit etwas zu tun.
Als mein Bruder zurück ist, stelle ich ihn zur Rede: „Spucks aus, was hast du mit der Nummer gerade eben zu tun?“, verlange ich.
Mein Bruder hebt beschwichtigend die Hände. „Nicht das Geringste. Sag nicht, er gefällt dir nicht, Raven.“
„Du elender Kuppler. Ich sehs dir doch an, du hast das eingefädelt. Gestehe es auf der Stelle“, fordere ich.
„Okay, ich kenne ihn von früher. Vielleicht hab ich ihn angerufen, aber zu meiner Verteidigung: Du bist schon viel zu lange allein. Es wird Zeit, dass du ausgehst, Spaß hast, dich verliebst.“ Schwermut überkommt mich, denn ich bin bereits verliebt. In einen Mann, den ich nicht haben kann.
„Was machst du denn für ein Gesicht Raven?“, hakt mein Bruder nach.
Als ich nicht antworte, seufzt er laut. „Raven, du vergräbst dich in Arbeit, bist wie eine Maschine. Du bist sechzehn. Komm mal aus deinem Schneckenhaus raus.“
„Haha, sehr witzig Junus“, tadle ich ihn. „Ich würde ja überhaupt nicht auffallen. Ist ja nicht so, dass ich das mit meiner Haarfarbe unter Kontrolle hätte.“ Tatsächlich meide ich die Öffentlichkeit. Ich will niemandem Angst einjagen. Außerdem habe ich keine Lust, als vermeintlicher Alien in Area 51 zu landen.
Junus seufzt erneut. „Du denkst noch an ihn, oder?“, mutmaßt er.
„Ja“, gebe ich zu.
„Wenn du ihn nicht gehenlässt, wirst du nie glücklich werden Raven“, prophezeit er mir.
„Denkst du, das weiß ich nicht“, fahre ich ihn an. „Es ist nur so schwer, ich …“ Mir fehlen die Worte. Ich weiß nicht mehr, was ich zu dem Thema sagen soll.
Junus streicht über meine Locken. „Alexej ist perfekt, um auf andere Gedanken zu kommen“, meint er.
„Ich kenne ihn gar nicht“, rede ich mich raus.
„Dann lern ihn kennen“, schlägt Junus vor. Irgendwie fühlt sich der bloße Gedanke an einen anderen Mann bereits wie Verrat an.
Erschöpft lehne ich meinen Kopf an Junus‘ Brust. Mein Bruder umarmt mich sogleich.
„Hey, Kleines. Was ist denn mit dir los?“, haucht er mir ins Ohr.
„Ich weiß auch nicht“, flüstere ich erschöpft.
„Gerüchte sagen, Beliar hat um die Hand meiner Schwester angehalten“, informiert mich Junus. Wut steigt in mir hoch.
Ich bin sicher, Beliar ist bereits über mich hinweg, während ich mich an meinem Bruder festklammere, um nicht vor Liebeskummer zusammenzuklappen.
Ohne Worte reiße ich mich von Junus los und stapfe den Flur entlang. Ich hätte Lust, jetzt etwas so richtig schön zu zerschmeißen. Reiß dich am Riemen Raven, tadle ich mich.
Es wird Zeit,
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