Wer braucht schon Zauberworte? (German Edition)
Fischer und gräbt mich jedes Mal an, wenn ich an seinem Stand vorbeigehe. Gemeinsam mit seinem Vater verkauft er den Fisch, den sie im Meer fangen. Dementsprechend riecht er auch.
Beim ersten Mal, als er so nahe bei mir stand, hätte ich ihm fast auf die Füße gekotzt. Das nenn ich mal Körperbeherrschung, denn – frag mich nicht wie – aber ich hab mein Frühstück drinbehalten. Der Trick ist, die Luft solange wie möglich anzuhalten. Darin bin ich mittlerweile echt gut.
„Hallo Hope, du siehst heute wieder wunderschön aus.“ Ja, danke, du siehst aus wie immer. Seine Haare sind so verfilzt, dass man sie eigentlich nur abschneiden kann. Ich meine, Dreadlocks sind ja schön, aber das ist schon eine Dreadmatte. Außerdem stehen ihm die Ohren ab wie Dumbo.
„Willst du einen Fisch kaufen?“ Mein Blick schwenkt automatisch zu seinem Stand, an dem die glitschigen Fische in der Mittagshitze brüten. Von ihnen steigen Scharen von Fliegen auf. Ich atme dreimal tief durch und schüttle energisch den Kopf. Nein danke, für mich heute keine Lebensmittelvergiftung.
„Tanzt du mit mir beim Mondfest?“
Was
? Erneut schwenkt mein Blick ab – diesmal zu seinen Händen. Fehler sag ich nur. Sie sind ganz rot vom Fischausnehmen. Das kannst du vergessen Mann. Nur wenn du … nein, nicht mal, wenn du sie dir wäschst. Ich zucke mit den Schultern und umrunde ihn. Panisch sauge ich Luft in meine Lungen. Das war knapp. Ich habe schon schwarze Punkte gesehen. Atok ist zwar nett, aber absolut nicht mein Typ. Obwohl ich ihn liebgewonnen habe. Er ist einer der Wenigen, die mit mir sprechen.
Man sagte mir, die Dorfbewohner fürchten sich vor Lord Thalis. Sie sagen, in seiner Burg spukt es. Tja, das Gerücht ist ja nicht mal so weit hergeholt.
Mir auch zum Nachteil ist der Umstand, dass ich eine Sklavin bin, also unterste Gesellschaftsschicht. Sogar die Bettler stehen über mir – die sind wenigstens frei. Ich gehöre dem Mann, der mich gekauft hat und darf nichts besitzen. Nicht mal ein Lederband, mit dem ich mir die Haare zusammenschnüren könnte.
Zielsicher steuere ich den Schmied an, der nur ein paar Meter weiter seine Werkstätte hat. Eine Windböe erfasst mich und wieder einmal löst sich der blöde Knoten an meinem Zopf. Meine Mähne weht wild umher. Ich schließe die Augen. Wie ein sanftes Streicheln spüre ich den Wind auf meiner Haut. Es fühlt sich beinahe so an, als wäre er lebendig.
Im nächsten Augenblick schlage ich die Augen auf. Ups. Kurzer Realitätsverlust. Ich bemerke die Schmidgesellen erst jetzt, die eigentlich am Amboss hämmern sollten. Stattdessen haben sie ihre Arbeit eingestellt, um mich so richtig schön anzuglotzen.
Schnell versuche ich die Haare einzufangen. Gedanklich fluchend flechte ich mir den Zopf über die Schulter. Den Knoten am Ende ziehe ich extrafest.
Mein Blick bleibt an einem der Gesellen hängen, der mich förmlich in seinen Bann zieht. Sein Gesicht ist absolut symmetrisch. Die schwarzen Haare hat er zurückgebunden und sein Dreitagebart lässt mich dahinschmachten. Seine nackte, muskulöse Brust glänzt schweißnass. Dieses Sixpack ist der absolute Wahnsinn. Der Hammer, den er in Händen hält, lässt ihn aussehen, als wäre er ein Halbgott. Männer mit Werkzeugen sind echt zum Niederknien. Über seinen ganzen linken Oberkörper ziehen sich Tätowierungen, die kunstvoll in seine Haut gestochen sind. Von seinen Oberarmen fang ich lieber erst gar nicht an. Die Lederschürze, die er sich um die Hüften gebunden hat, sieht so lässig aus, dass ich die Glut der Kohlen förmlich bis hierher spüren kann. Das nenn ich mal einen Mann. Meine Fresse.
Ich drifte bereits in einen Tagtraum ab, in dem wir uns vor den Kohlen wild küssen, da tritt der Schmied, ein dickbäuchiger Kelte mit Stiernacken, vor mich und stemmt die Hände in die Hüften. Sein Blick sagt mir, dass er
mich
für die Arbeitseinstellung seiner Leute verantwortlich macht.
„
AN DIE ARBEIT
!“, brüllt er und reißt die Männer aus ihrer Starre. Sogleich beginnt wieder das laute Hämmern von Metall auf Metall.
„Was willst du Sklavenmädchen?“, knallt er mir grimmig vor den Latz. „Außer meine Gesellen von der Arbeit abhalten“, ergänzt er forsch. Hey, was kann ich dafür, wenn sie mich anschmachten. Ja genau Hope, wer hat hier wen angeschmachtet?
Ich male ein Hufeisen in die Luft. „Hufeisen? Die sind leider aus.“ Ärgerlich verschränke ich die Arme vor der Brust und deute mit dem Kopf auf eine Metallkiste,
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