Wer braucht schon Zauberworte? (German Edition)
in der gefühlte fünfzig Hufeisen liegen. Gerade bemerke ich, dass seine Gesellen erneut pausieren. Sie wollen wohl unser Gespräch belauschen.
„Die stehen nicht zum Verkauf“, informiert er mich.
Hä
? Sag mal, was ist denn das für ein Laden? Ich habe das Gefühl, er will mich einfach nur verarschen. Ich lasse mich nicht abspeisen. Erneut male ich das Hufeisen in die Luft, diesmal mit forderndem Ausdruck.
Er grinst schief. „Zuerst will ich die Goldstücke, dann bekommst du deine Hufeisen.“ Okay, er will mich abzocken. Ich schüttle den Kopf und fordere erneut die Hufeisen. Natürlich weiß er ganz genau, dass ich Lord Thalis gehöre – ich trage das Wappen des Lords sichtbar an meiner Kleidung – und der bezahlt immer im Voraus.
Belustigt zieht der Schmied die Augenbrauen hoch. „Willst du dich mit mir anlegen
Weib
?“ Das sollte mich wohl einschüchtern, doch ich funkle ihn herausgefordert an. Er bricht in schallendes Gelächter aus. „Also gut, wir regeln das in einem Duell.“
Was
? „Wenn du es schaffst, an mir vorbeizukommen, kriegst du die Hufeisen.“ Der Mann hat sie nicht mehr alle.
Er stellt sich breitbeinig hin und streckt die Hände zur Seite weg, wie ein Sumoringer. Gedanklich rolle ich mit den Augen. Was für ein Primat.
Nickend trete ich zurück. Der Schmied lacht laut auf – er glaubt wohl, ich hab gekniffen. Ich bin schon um die Ecke, da vernehme ich immer noch sein selbstgefälliges Lachen. Da bin ich allerdings schon auf die Wand seiner Werkstatt geklettert und ziehe mich aufs Dach. Es wird nur von Strohbündeln gedeckt und ist glücklicherweise nicht sehr hoch. An einer Stelle ist ein Loch, durch das ich hindurchschlüpfe. Am Dachbalken baumle ich kurz und springe im nächsten Moment nahezu lautlos auf die Erde inmitten der vorne offenen Werkstatt. Seine Gesellen haben mir dabei zugesehen. Nur der Schmied hält sich immer noch den Bauch vor Lachen. Sein Blick hängt noch an der Stelle, an der ich verschwunden bin, fest.
Als ich ihm von hinten an die Schulter tippe, zuckt er vor Schreck zusammen. In Windeseile hat er sich umgedreht und reißt die Augen auf. Seinen Gesellen steht die Belustigung ins Gesicht geschrieben. „Was zum …“ Er fällt gerade vom Glauben ab.
„Sie ist durch eins der Löcher im Dach geschlüpft“, klärt ihn ein blonder Muskelprotz auf, bevor sein Boss einen Herzinfarkt bekommt.
Jetzt wird der Schmied fuchsteufelswild. Die Ader an seiner Schläfe pocht stark. „Raus aus meiner Werkstatt Mädchen oder ich mache dir Beine!“ Hey, ich bin an dir vorbei – also her mit meinem Zeug.
Ich zeige ebenfalls gereizt auf die Hufeisen. Jetzt reißt ihm endgültig der Geduldsfaden. Wütend stapft er auf mich zu. In meiner Panik greife ich nach einer Axt, die auf einem Tisch neben dem Schleifstein liegt. Ich hoffe, die Klinge wurde schon geschärft.
Der Schmied stoppt und lacht wieder laut auf. „Mit dem Ding wirst du dich nur selbst verletzen, Mädchen.“ Ja genau. Was er nicht weiß – ich bin Irin. Schon als kleines Kind hat mich mein Dad zum Holzhacken mitgenommen. Ein paar Mal hab ich auch bei den Highlandgames zugesehen. Zu Hause hab ich dann immer das Axt-Zielwerfen geübt. Das ist allerdings schon ein paar Jährchen her, muss ich zugeben.
Als ich keine Anstalten mache aufzugeben, schüttelt er den Kopf und sagt: „Wie viele sollen es denn sein Mädchen. Dein Herr wird nicht begeistert sein, wenn du ohne Zehen nach Hause kommst, also sag schon.“
Ich male mit der Axt eine 8 in den Dreck vor meinen Füßen. Er nickt und steckt die Hufeisen in einen Sack, den er mir aushändigt. Warum nicht gleich so. Ich zähle natürlich nach. Es sind nur sieben. Der Vollidiot geht mir schön langsam auf die Nerven. Gereizt fordere ich das fehlende Hufeisen.
„Was willst du? Du hast deine Hufeisen.“ Mit der Axt male ich eine 7 in die Erde.
„Du hast dich verzählt“, stößt er aus. Ja genau. Stolz starre ich ihn nieder.
Er gibt nach ein paar Sekunden auf. Grinsend zieht er das fehlende Hufeisen hervor.
Anstatt es mir rüberzubringen, holt er aus und schleudert es mir direkt entgegen. Das macht er mit solch einer Wucht, dass es in direkter Flugbahn auf meinen Körper zugeschossen kommt.
In letzter Sekunde reiße ich die Axt hoch und blocke es ab. Die Wucht des Aufpralls, lässt mich dennoch zurückstraucheln. Ich falle über etwas, das auf dem Boden hinter mir liegt und knalle auf den Rücken. Der Schmied lacht sich grad schlapp.
Unbändige Wut
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