Wer den Himmel berührt
gekommen ist, nachdem ich deinen Brief erhalten habe, in dem stand, daß du Chris geheiratet hast.«
»Als du fortgegangen bist, hast du geglaubt, ich würde Blake heiraten.«
»Das ist wahr.« Er schwieg eine Zeitlang. »Und damals hat mir das nichts ausgemacht. Es hat erst angefangen, mich zu stören, als ich in England war, aber ich habe es akzeptiert. Ich war ein Idiot, weil mir nicht eher klargeworden ist, was ich für dich empfinde, aber deine verdammte Selbständigkeit, dein Können, dein vorlautes Mundwerk und deine nüchterne Art haben mich abgeschreckt. Erst als ich im Krieg war, habe ich begonnen, hinter all das zu schauen. Ich habe mir selbst einen Arschtritt gegeben, aber dann habe ich mir ausgerechnet, daß ich gegen jemanden wie Blake Thompson ohnehin nie eine Chance gehabt hätte. Damals war ich noch nicht soweit für jemanden wie dich. Ich war jung, und ich habe geglaubt, an einem Mädchen sei nur wichtig, wie hübsch es ist und wie weich es sich anfühlt. Du hast gut ausgesehen, aber weich warst du wahrhaftig nicht. Aber als ich deinen Brief bekommen habe, in dem stand, du hättest nicht etwa Blake, sondern Chris geheiratet – weißt du, was ich daraufhin getan habe?« Er lachte. »Ich habe es dir nie gesagt, oder doch? Ich habe mit der Faust voll durch eine Fensterscheibe geschlagen. Das Glas ist zersplittert, und die Hand hätte ich mir auch fast gebrochen. Das war eine ganz schöne Sauerei.«
Cassie starrte den dunklen Schatten an, der Sam war. »Nein«, sagte sie, und ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Das hast du mir nie erzählt.«
»Es ist schon in Ordnung. Das gehört der Vergangenheit an. Damals war ich ohnehin noch nicht soweit. Ich fand immer noch, Frauen sollten zu Hause bleiben und kochen und Babys bekommen und in jedem Punkt meiner Meinung sein.«
»Hast du nicht all das bei Liv gehabt?«
»Doch, allerdings. Nur hat sie zu diesem Land nicht ja gesagt, das ich liebe. Und ich mußte feststellen, daß ich mich fast zu Tode gelangweilt habe. Natürlich interessiert sie sich nicht im geringsten für all die Leute, die wir draußen im Busch sehen. Ihr ist vollkommen egal, was wir den ganzen Tag über tun. Sie bringt kein Mitgefühl für die Notlagen auf, sorgt sich nicht um die Dinge, die wir beide, du und ich, so aufregend und so lohnend finden. Nein, Cassie, ich bin nicht einsam, weil Liv nicht hier ist. Was mir fehlt, ist etwas ganz anderes.«
Cassie stand auf und verließ den vergitterten Bereich der Veranda, um sich neben Sam zu setzen. Sie nahm seine Hand. »Es tut mir leid, Sam. Ich weiß, daß auch das, was du gerade körperlich durchgemacht hast, Niedergeschlagenheit hervorruft. Weißt du, es gibt niemanden, dessen Glück mir mehr am Herzen liegt. Du bist mein bester Freund geworden.«
Er drückte ihre Hand. »Komisch, findest du nicht auch? Die Wege, die unser Leben schlägt. Wenn du dein Leben noch einmal von vorn leben müßtest, was würdest du ändern?«
Cassie seufzte. Sie dachte einen Moment lang nach. »Ich wäre nicht vor all diesen Jahren mit Blake nach Kakadu gefahren.«
»Ah, dann hast du also doch unter einem gebrochenen Herzen gelitten. Ich habe mich in all den Jahren immer wieder gefragt, wer von euch sich von wem verabschiedet hat.«
»Niemand hat sich verabschiedet, mit keinem Wort.«
»Dann war es ein Schock für dich, daß er sich mit Fiona zusammengetan hat, was?«
Sie nickte. »Fiona hat nie gewußt, daß sie den Mann geheiratet hat, den ich geliebt habe.«
»Ist es denn jetzt Vergangenheit?«
»Meinst du nicht, Liebe sollte gegenseitig sein, weil sie sonst zum reinsten Masochismus wird? Blake und ich haben so viele Jahre nichts mehr miteinander unternommen, was uns verbindet, daß ich mich manchmal frage, wie ich überhaupt noch mit ihm reden kann.«
Plötzlich wandte sich Sam zu ihr um, und sie konnte in der Dunkelheit das Weiß seiner Augäpfel sehen. »Das ist es also?« Er schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. »Und ich habe in all der Zeit geglaubt … Cassie, du hast Chris geheiratet, als du herausgefunden hast, daß Fiona Blake geheiratet hat. Das stimmt doch, oder nicht?«
»Es schien mir das einzig Richtige zu sein.«
»O Cassie, meine gute Cassie, und ich habe noch nicht einmal gewußt, wie sehr du gelitten hast.« Er streckte einen Arm aus, legte ihn um ihre Schultern und zog sie eng an sich. »Dann hast du also auch nie die wirkliche Erfüllung erlebt?«
»Mein Gott, das klingt wirklich, als seien wir
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