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Wer den Himmel berührt

Wer den Himmel berührt

Titel: Wer den Himmel berührt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Bickmore
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stimmte und vor sich hinsummte.
    Er hatte Cassie gebeten, ihm beizubringen, wie man Impfungen machte, und diese Pflicht nahm er ihr ab, während sie sich um Fälle kümmerte, die niemand sonst behandeln konnte. Er war ständig auf der Suche nach Hilfskräften, von denen er wußte, daß sie auf ganz bestimmten Gehöften gebraucht wurden: Hauslehrerinnen, jungen Viehtreibern, Köchen, Buchhaltern und in der letzten Zeit auch Piloten, obwohl die meisten Verwalter und Besitzer von Gehöften es lernten, ihre einmotorigen Flugzeuge oder ihre Hubschrauber selbst zu steuern. Diese Revolution hatte Blake in jenem Landesteil begonnen.
    Sam gehörte so selbstverständlich zu Cassies Alltag wie das Atmen. Aber um zwei Uhr morgens fiel ihr auf, daß sie ihn nie richtig betrachtet hatte. Sie war nie mit ihm ins Kino gegangen. Sie hatte nie mit seiner Frau und ihm zu Abend gegessen. Zwar hatte sie vor dem Krieg viele Mahlzeiten mit Sam gemeinsam eingenommen, doch sie konnte sich nicht erinnern, je mit Liv und ihm zu Abend gegessen zu haben, wenn man das große Einweihungsfest draußen auf Tookaringa nicht mitrechnete.
    Er hatte zu ihr gesagt: »Ich habe sie geheiratet, weil du Chris geheiratet hast.« Aber es hatte nie die Möglichkeit bestanden, daß sich zwischen ihnen etwas entwickeln könnte, und schon gar nicht damals, 1939. Aber jetzt natürlich … natürlich was? Nun, er war verheiratet. Dann kam noch der Umstand hinzu, daß es so wohltuend war, mit ihm zusammenzusein, daß er so sehr zu dem Gewebe gehörte, aus dem ihr Leben gesponnen war, und daher würde keine prickelnde Spannung aufkommen. Aber – zwischen Chris und ihr hatte auch kaum prickelnde Spannung geherrscht, und trotzdem hatte die Beziehung gut geklappt. Wenn es auch nicht gerade wunderbar gewesen war, so war es doch eine brauchbare Ehe gewesen.
    Worüber machte sie sich überhaupt Gedanken? Plötzlich war Sam allein, und er hatte fast einen Monat in ihrem Gästeschlafzimmer verbracht. Sie hatten viele Abende gemeinsam verbracht, ganz offen miteinander geredet. Aber sie hatten schon vorher jahrelang den ganzen Tag miteinander verbracht, und das hatte auch nichts zwischen ihnen geändert.
    Oder doch? War das nicht ein Teil dessen, was ihr das Leben und die Arbeit versüßte? War sie jemals so glücklich gewesen, als sie mit Warren oder mit Fiona geflogen war? Auf ihren Alleinflügen ganz gewiß nicht. Nein, es lag an Sam. Sam änderte alles.
    Um halb sieben schleppte sie sich aus dem Bett. Sie hatte gerade erst geduscht, als das Telefon läutete. Es war Sam.
    »Hör mal, ich möchte heute rausfliegen. Wenn ich zu müde werde, kannst du übernehmen. Ich sitze schon zu lange auf dem Boden fest.«
    Als sie neben ihm im Cockpit saß, bemerkte sie, daß ihr der Puls nie aufgefallen war, der in seiner Schläfe pochte. Und sie hatte nie seine langen, schmalen Hände betrachtet, die so fähig wirkten, wenn sie auf dem Steuer lagen.
    »Was schaust du an?« fragte er lächelnd.
    »Dich.«
    Er lachte. »Das tust du schon seit Jahren jeden Tag.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ich glaube nicht.«
    »Doch, klar.«
    »Jedenfalls siehst du anders aus.«
    »Wie das?«
    Cassie schloß die Augen und fragte sich, ob Schnurrbärte kitzelten.
    Sie trugen beide Shorts, und sie überlegte sich, wie angenehm seine Beine doch anzusehen waren. Wie kam es bloß, daß sie sie vorher nie wahrgenommen hatte? Sie hörte ihn summen und drehte sich zu ihm um.
    »Du bist froh darüber, wieder in der Luft zu sein.«
    »Und wie! Ich habe das Gefühl, ich könnte ohne dieses Flugzeug fliegen. So wohl habe ich mich schon seit langem nicht mehr gefühlt. Vielleicht seit Jahren.« Dann schmetterte er: »Some Enchanted Feeling«. Cassie lachte wider Willen.
    Die Herausforderung des Tages stellte ein riesengroßer Schwarzer mit Zahnschmerzen dar. Cassie lehnte ihn an einen Baumstamm und zog an dem entzündeten Zahn. Aber jedesmal wenn sie daran zog, kam ihr der Kopf des Mannes gemeinsam mit dem Zahn entgegen. Sie konnte tun, was sie wollte, aber mit der Hebelwirkung klappte es einfach nicht. Sam holte drei andere Männer, und zu viert setzten sie sich auf den riesigen Kerl, während Cassie den Zahn zog. Später konnte sie darüber lachen.
    Sie waren darüber unterrichtet worden, daß das kleine Städtchen Armbruster im Norden, in dem sie erst seit kurzem regelmäßige Sprechstunden abhielten, jetzt eine Zahnhygienikerin hatte. Es war eine winzige Ortschaft, die sie bisher nur zweimal aufgesucht

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