Wer den Himmel berührt
es. »Es wäre schön, wenn ich ab und zu mal etwas Zeit für mich selbst hätte. Ich habe so viel zu tun, daß ich keine Zeit für mich habe. Dienstags muß ich mir die Haare waschen. Mittwochs wasche ich die Wäsche. Donnerstags …«
Er hob die Hand, als wollte er ihre Klagen damit ausräumen. »Du tust nur, was du tun willst.«
»Ich habe Fiona versprochen …«
»Verteidige dich bloß nicht mir gegenüber.«
»Tue ich das?« fragte sie. Und dann wandte sie sich von den Wolken vor ihnen ab und sah ihn an. »Du glaubst, ich fliege raus, um mit Blake zusammenzusein?«
Er sah starr vor sich hin, nickte und zog eine Augenbraue hoch. »Ins Schwarze getroffen.«
Sie reagierte nicht darauf, da sie beschloß, sich nicht ausgerechnet an einem Freitagnachmittag auf ein solches Gespräch einzulassen, wenn Blake sie zwei Stunden später abholen würde, damit sie mit ihm nach Tookaringa flog.
Blake. In all der Zeit hatte sie sich eingeredet, daß sie nur das tat, worum Fiona sie gebeten hatte, nämlich den Kindern ihrer besten Freundin eine Mutter zu sein – die außerdem auch Blakes Kinder waren. Sie hatte ihr Herz nicht geöffnet, wenn sie oben in Tookaringa war, und schon gar nicht dann, wenn sie daran dachte, an den Wochenenden dort hinzugehen. Es war zuwenig Zeit seit dem Verlust vergangen, den er erlitten hatte. In seinem Herzen war noch kein Platz für eine andere Frau.
War es das, was sie sich erhoffte? Vielleicht war es an der Zeit, sich ihre Motive einmal genauer zu betrachten.
»Der Koch ist derart beeindruckt von dir«, sagte Blake, als sie sich Tookaringa näherten, »daß er angekündigt hat, für dich etwas ganz Besonderes zuzubereiten.«
Cassie lachte. »Ich wette, ich weiß, was es ist. Er hat mir gesagt, als er als Küchenchef in diesem Restaurant in Perth gearbeitet hat, war seine Spezialität Ente mit Orangen.«
»Mein Gott«, sagte Blake und lächelte zum ersten Mal seit langer Zeit.
»Es ist schön, dich lächeln zu sehen.«
»Also, ich glaube, ich werde es schaffen. Ich habe das Gefühl, wieder am Leben teilzuhaben.«
Es gab tatsächlich Ente mit Orangen. Und sie schmeckte ganz ausgezeichnet.
Als sie mit dem Abendessen fertig waren, war es neun.
Cassie brachte die Kinder ins Bett, gab jedem von ihnen einen Gutenachtkuß und versprach ihnen für den nächsten Tag ein Picknick.
»Weißt du, was ich tun werde?« sagte Steven. »Ich gehe nach Hause. Es ist nicht etwa so, Cassie, als sei es nicht das Glanzlicht meiner Woche, deine Gesellschaft zu genießen, aber ich bin schon lange nicht mehr zu Hause gewesen. Ich komme morgen abend zum Essen wieder, und hinterher spielen wir eine spannende Partie Cribbage. Aber ich glaube, heute will ich in meinem eigenen Bett schlafen.«
Cassie und Blake blieben in der sanften Nachtluft allein. In der Ferne heulte ein Dingo. Sie saßen eine Zeitlang stumm da, und dann sagte Blake: »Ich habe gerade an unsere gemeinsame Zeit in Kakadu gedacht.«
»Das ist lange her.« Und doch erinnerte sie sich noch an jede einzelne Minute.
»Niemand hat mich je derart aus dem Gleichgewicht gebracht. Ich konnte an nichts anderes mehr denken als an dich.«
Aber was ist dann passiert? hätte Cassie gern gefragt. Doch sie wußte selbst, was geschehen war. Der Krieg war ausgebrochen.
Blake stand auf und kam zu dem kleinen Zweiersofa aus Rattangeflecht, auf dem Cassie saß. Er nahm ihre Hand. »Du hast mir Angst eingejagt.«
»Dir Angst eingejagt?«
»Ich hatte mich selbst nicht mehr unter Kontrolle. Ich glaube, ich war froh, daß der Krieg dazwischengekommen ist, daß ich vor meinen Gefühlen fortlaufen konnte. Daß ich mich von dir distanzieren konnte.«
»Das scheint dir blendend gelungen zu sein.«
»Es ist mir nie gelungen. Es war ein reiner Akt der Willenskraft, mich von dir fernzuhalten. Jedesmal wenn du einen Raum betreten hast, jedesmal …«
»Hör auf damit! Tu das der Erinnerung an Fiona nicht an!«
Blake schien bestürzt zu sein. »Das hat nichts mit der Erinnerung an Fiona zu tun. Ich habe eine glückliche Ehe geführt. Fiona war eine wunderbare Ehefrau. Aber das hat mich nicht davon abgehalten, dich in all den Jahren zu begehren. Daß du jemanden wie diesen zimperlichen Chris geheiratet hast … das hat mir das Herz gebrochen, Cassie.«
»
Das
hat
dir
das Herz gebrochen?« Sie stand auf, trat an den Rand der Veranda und starrte in die Nacht hinaus.
»Cassie, ich habe niemals aufgehört, dich zu begehren.« Sie hörte seine Schritte und
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