Wer den Himmel berührt
Cassie.
»Wir lassen es jedes Jahr aus Adelaide kommen«, sagte Blake. Er blieb stehen und drehte sie zu sich um. »Ich habe recht gehabt, stimmt’s?«
»Ich kenne dich noch nicht einmal gut genug, um dir wirklich etwas sagen zu können.«
»Verschone mich mit diesem Blödsinn«, sagte er, und seine Augen durchbohrten sie. »Wir kennen einander jetzt schon besser als die meisten anderen Menschen, die uns in unserem Leben begegnet sind. Was jetzt noch fehlt, das sind nur Einzelheiten. Es wird Spaß machen, sie zu entdecken, aber in Wirklichkeit sind sie bedeutungslos.«
Jennifer winkte ihnen vom Rand des Rasens aus zu.
Hatte Fiona sie nicht gewarnt? Hatte sie etwa nicht gesagt:
Heute abend wirst du Blake begegnen, dem Sohn und Erben. Sieh dich vor. Er hat in der ganzen Gegend reihenweise gebrochene Herzen zurückgelassen, vielleicht sogar auf dem ganzen Kontinent.
Als sie den Tisch erreicht hatten, der immer noch mit Speisen beladen war, schnappte sich Cassie einen Teller und lud sich Schinkenscheiben auf. Wo war Sam nur? Sie sah sich verzweifelt nach ihm um und suchte nach einem Weg, Blake Thompson zu entkommen – und doch wollte sie gleichzeitig nichts anderes, als ihre Augen an ihm zu weiden. Sehen, ob es ihn wirklich gab. Sie drehte sich um, weil sie etwas zu ihm sagen wollte, doch er war nicht da. Sie sah ihn am anderen Ende des Tisches stehen und mit einem Mann reden, den sie nicht kannte, doch dabei starrte er sie an.
»Wollen Sie wissen, was ich über ihn herausgefunden habe?« Don McLeods Stimme ertönte hinter ihr. Mit dem Teller in der Hand kam er auf sie zu. »Ich kann beim besten Willen niemanden finden, der ihn nicht mag.«
»Worüber reden Sie?«
Don grinste sie an und aß ein paar Bissen, ehe er weiterredete. Er wirkte eher wie ein Gelegenheitsarbeiter und weniger wie ein presbyterianischer Geistlicher. »Sogar die Männer, die für ihn arbeiten, glauben, daß er nahezu auf Wasser wandeln kann. Er kann besser schießen als jeder einzelne von ihnen; auf sechzig Meter Entfernung sieht er im hohen Gras einen Büffel und erlegt ihn mit einem einzigen Schuß. Er kann im Ringkampf gegen jeden Mann gewinnen, der ihm über den Weg läuft, und dieser Kerl wird sich sogar darüber freuen. Er kann besser tanzen als jeder andere hier. Er verlangt nie von seinen Männern, daß sie etwas tun, was er nicht selbst täte, und er wird dieselben Aufgaben mit mehr Tapferkeit und Tollkühnheit ausführen, als jeder andere von ihnen es täte, und die anderen stören sich noch nicht einmal daran. Er scheint sich vor nichts zu fürchten. Außerdem hat er Sinn für Humor …«
»Na, so was«, sagte Cassie, die unwillkürlich lachen mußte. »Wie kommen Sie auf den Gedanken, all das könnte mich interessieren?«
»Hören Sie«, sagte Don, als er seinen leeren Teller auf den Tisch stellte. »Ich habe diese letzte halbe Stunde nicht damit zugebracht, den Spion zu spielen, damit ich all diese Informationen umsonst eingeholt hätte. Werden Sie mir jetzt zuhören oder nicht?«
»Okay«, sagte sie und grinste ihn an, »aber ich wüßte nicht, weshalb.«
»Er kann besser laufen, schießen und Geschichten erzählen als jeder andere. Er arbeitet so hart wie seine bezahlten Arbeitskräfte, und er hat sein Studium an der Universität in Sydney mit Auszeichnung abgeschlossen. Ihm liegt nichts mehr am Herzen als Tookaringa. Er liebt seine Mama und seinen Daddy, aber er hält sich kaum je hier auf. Er scheut nicht vor kühnen Gedanken zurück. Er lebt gern im Freien und unternimmt sechsmonatige Viehtriebe aus reiner Freude daran. Er ist so berühmt für seinen Umgang mit den Frauen wie für den mit Männern und Rindern. Man kann ihm alles anvertrauen, was er in Angriff nimmt, außer Frauen. Und nach allem, was ich gehört habe, hat er mit vielen Frauen zu tun.«
Cassie kniff die Augen zusammen. »Soll das eine Warnung sein?«
Dons Augen waren ernst, und er legte eine Hand auf ihren Arm. »Ich sage Ihnen lediglich, meine Liebe, daß der Kerl etwas Besonderes ist, genau wie seine Eltern. Aber ich sage Ihnen auch, daß Sie sich in acht nehmen sollen.«
»Don«, setzte Cassie an, die sich darüber freute, daß er sich solche Sorgen um sie machte, »ich weiß Ihre Warnung zu schätzen. Es rührt mich sogar regelrecht, daß Sie sich diese Mühe gemacht haben, aber ich bin durchaus in der Lage, auf mich selbst aufzupassen.«
Er nickte. »Ich wußte gleich, daß es mich nichts angeht. Ich brauche Sie nur anzusehen, um zu wissen,
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