Wer den Tod begruesst
getroffen wie die Kincaids. Sie war nicht bereit, nachzugeben. Sie würde sich von niemandem daran hindern lassen. Sie hatte bereits ein Zugeständnis gemacht: die Nacht in Golden Palms zu verbringen – unter der Bedingung, dass Nolan wieder als ihr Bodyguard engagiert werden würde. Ende der Verhandlungen.
Er hatte sich zwischen dem sprichwörtlichen Baum und der Borke befunden. Wenn er sich geweigert hätte, wieder mit von der Partie zu sein, wäre sie ohne ihn zu dem Bankett gegangen. Ja, Kincaid hätte eine Armee von Leibwächtern zu ihrem Schutz engagieren können. Aber ob sie ihn hätte gewähren lassen? Und ob die ihren Job getan hätten?
Er wollte es nicht darauf ankommen lassen.
Und das soll keine Hundertachtzig-Grad-Kehrtwendung gewesen sein?
Er hatte sich zu Beginn dieses Auftrags vor Angst in die Hosen geschissen, dass er es nicht draufhätte, jemanden zu beschützen, geschweige denn Jillian. Und jetzt traute er niemand anderem diesen Job zu. Er wusste, wie weit er gehen würde. Er würde sterben, bevor er zuließe, dass ihr etwas geschähe. Es gab keine Garantie dafür, dass jemand anderes das Gleiche täte.
Also hatte er sich den Rest des Tages und die Hälfte der Nacht bei E.D.E.N., Inc., eingeschlossen und über den Informationen gebrütet, die seine Brüder und seine Schwester über Jillian zusammengetragen hatten. Und über das Dutzend potenziell Verdächtiger, die vielleicht auftauchen und zum letzten Schlag ausholen würden.
Er war entschlossen, nicht an die Nacht zu denken, die er und Jillian in seinem Bett miteinander verbracht hatten. Entschlossen, nicht an das zu denken, was sie gesagt hatte.
Ich bin die Frau, die dich liebt.
Sie glaubte nur, das zu tun.
Hast du solche Angst vor mir?
Verdammt, ja, er hatte Angst.
Wen, glaubst du, hast du im Stich gelassen?
Will. Sara. Und jeden, der sich etwas aus den beiden machte. Es war ihm gleichgültig, was Jillian sagte oder glaubte. Er war verantwortlich. Er hatte sie im Stich gelassen. Er würde nicht auch noch Jillian im Stich lassen.
Er würde ihr Leben beschützen. Und wenn das hier vorbei und der Bedroher tot oder hinter Gittern wäre, würde er verschwinden. Ende der Geschichte.
Sie lachte, ein klarer, klingender Ton, und er musste – er musste einfach – in ihre Richtung blicken.
Sie hatte umwerfend ausgesehen in schimmerndem Weiß und Zuchtperlen eine Woche zuvor. Sie sah unglaublich aus in grasgrüner Seide und Rheinkieseln an diesem Abend.
Während das Kleid, das sie im Mar-A-Lago getragen hatte, sehr viel seidige Haut und ein unglaubliches Dekolletee enthüllt hatte, bedeckte sie dieses von Kopf bis Fuß – und überließ dennoch nichts der Vorstellung.
Der hohe Halsausschnitt endete direkt unter dem Kinn; die Ärmel waren lang und eng, wie das ganze Kleid. Die grasgrüne, mit schimmernden weißen Rheinkieseln bestickte Seide umhüllte ihren Körper wie eine zweite Haut. Unter dem leicht ausgestellten Saum konnte man einen Blick auf ihre nackten Zehen erhaschen, die in silbernen Sandalen aus Riemchen und zehn Zentimeter hohen Absätzen steckten.
»Du tust es schon wieder.«
Langsam hob er seinen Blick von ihren Brüsten zu ihren Augen. »Was?«
»Die Kinder erschrecken.« Sie lächelte, aber in ihren Augen lag eine Zerbrechlichkeit, für die er verantwortlich war.
Sie hatte ihm gesagt, dass sie ihn liebte, und er hatte sie ausgelacht. Sie hatte ihm gezeigt, wie viel ihr an ihm lag, und er hatte es zurückgewiesen.
Sie hatte ihm die unglaublichste Nacht seines Lebens geschenkt – und er hatte es herabgewürdigt zu bloßem Sex.
Vergiss es.
»Die Kinder kümmern mich nicht. Falls du es vergessen haben solltest, ich habe ein paar andere Dinge im Kopf.«
Sie blickte sich um. »Glaubst du wirklich, dass heute Abend irgendetwas passiert?«
»Ich werde dafür bezahlt zu denken, dass irgendetwas passiert.«
»Oh, richtig. Das vergaß ich. Bei dir geht es nur um den Job.«
Er hielt ihren Blick fest. Redete sich ein, dass es ihn kalt ließ, als sich ein Tränenschleier über ihre Augen legte. »Ja«, sagte er und begriff, dass sie ihm eine letzte Chance gegeben hatte, sie vom Gegenteil zu überzeugen. Ihretwegen wankte er keinen Millimeter. »Es geht nur um den Job.«
Weich prallte auf hart. Hoffnung auf grimmige Akzeptanz. Er sah alles in diesen hoffnungsvollen Augen, die so gern an ihn geglaubt hätten.
Sie hatte aufgegeben. In dem Moment wusste er, dass er endlich jegliches Gefühl, das sie für ihn zu haben
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