Wer den Tod begruesst
glaubte, zerstört hatte.
Und er spürte einen Verlust, der sich ausbreitete wie Krebs.
Jillian fühlte sich wie eine Fremde unter Fremden, als sie im Bankettsaal saß und sich zu einem Dauerlächeln zwang. Sie war sich sogar selbst fremd an diesem Abend. Möglicherweise befand sich in dieser Menschenmenge jemand, der sie hasste, sich darüber freute, ihr Furcht einzuflößen, den Gedanken genoss, sie zu töten. Nolan war sicher, dass die Todesdrohung etwas Persönliches war. Der Beweis war die Zerstörung ihres Penthouse. Jeder Raum war zerstört worden. Jeder außer einem: der Küche. Wer auch immer das getan hatte, wusste, dass sie keine Köchin war, sich nichts aus Kochen machte, es auch nicht lernen wollte. Also hatte sie oder er ihr das eine gelassen, von dem sie wussten, dass es kein Verlust für sie wäre. Nur damit sie begriff, wie persönlich es war.
Sie blickte sich um und wünschte sich, dass Rachael da wäre. Eine Freundin hätte ihr gut getan an diesem Abend. Egal, was Nolan dachte, Rachael konnte nicht dafür verantwortlich sein.
Rachael. Sie musste seit Freitag ständig an sie denken, seit Nolan den Verdacht geäußert hatte, dass sie möglicherweise sexuell missbraucht worden war. Von ihrem eigenen Vater. Allein bei dem Gedanken wurde ihr übel.
Gelächter brach aus um sie herum. Sie lachte mit, weil alle am Tisch lachten. Weil sie so tun musste als ob. Sie spielte eine Rolle heute Abend. Irgendwie musste sie die Fassade aufrechterhalten – während der einzige Mensch, auf den sie sich verlassen, an den sie glauben, dem sie sich zuwenden und gestehen wollte, wie schrecklich sie sich fürchtete und wie elend sie sich fühlte, seine Gefühle abgeschaltet hatte wie eine Lampe.
Möglicherweise hätte sie ihn verachten können, wenn sie ihn nicht so liebte. Aber für welches Gefühl sie sich auch entschied, sie konnte ihn nicht erreichen. Offensichtlich wusste sie nicht, wie.
»Jillian?«
Sie fuhr zusammen, als Nolan ihren Namen aussprach.
Sie sah ihn an. Seine Augen waren dunkel vor Besorgnis. »Sie haben dich gerade aufgerufen. Geht es dir gut?«
Sie hörte den erwartungsvollen Applaus des vollen Ballsaals und stellte um auf Autopilot.
Ein strahlendes Lächeln auf den Lippen, erhob sie sich, war sich deutlich ihrer unsicheren Beine bewusst und Nolans stützender Hand im Kreuz und schlängelte sich langsam durch das Gewirr von Tischen zum Podium durch.
Unter Aufbietung ihrer letzten Reserven stieg sie die drei Stufen hoch. Dann tat sie ihr Bestes, um Nolans lauernde Präsenz ein paar Schritte hinter sich zu ignorieren, betrat das Podium und begann ihre Rede.
Nolan stand hinter Jillian auf der Plattform und forschte in dem verdunkelten Raum nach irgendetwas Auffälligem. Das Problem war, dass er nichts sehen konnte. Man hatte das Licht gelöscht; der gesamte Ballraum war dunkel bis auf die einzelne Wachskerze auf jedem der Tische und einigen Scheinwerfern hoch über dem Podium, deren Lichtstrahlen kreuz und quer über die Menge fuhren, als handelte es sich hier um irgendeine dämliche Hollywood-Premiere.
Ihm missfiel auch der Aufbau des Podiums. Auf einer erhöhten Plattform stand ein Podium mit einem Mikrofon. Die Plattform befand sich an der Südseite des Ballsaals. Dahinter führten drei riesige Doppeltüren auf einen geräumigen Korridor. Ihm war versichert worden, dass die Türen verschlossen wären, er hatte es selbst überprüft, bevor er und Jillian sich im Saal niedergelassen hatten.
Dies war der Teil des Abends, an dem Jillian am verwundbarsten war. Nolan hatte sich den ganzen Abend nie weiter als dreißig Zentimeter von ihr entfernt. Jetzt war er gezwungen, etwas mehr als einen Meter weiter weg zu stehen, außerhalb der Scheinwerfer, im Dunkeln.
Als sein Handy am Gürtel vibrierte, beschleunigte sich sein Puls. Das erleuchtete Display zeigte Ethans Nummer an.
»Was?«, sagte er so leise wie möglich, um die Rede nicht zu stören.
»John Smith, Jillians Vergessener Mann‹? Scheint so, als hätte er vor kurzem im Breakers als Tellerwäscher angefangen. Er steht für heute auf dem Arbeitsplan.«
Nolans Alarmglocken schrillten, als er das Handy ausschaltete. Und als sich eine Tür etwa fünfzehn Meter links neben dem Podium einen Spalt weit öffnete – eine Tür, die eigentlich verschlossen sein sollte –, war der Adrenalinstoß heftig.
Ein dünner Lichtstrahl fiel in den Raum und beleuchtete die Gestalt, die in der offenen Tür stand. Sogar auf diese Entfernung konnte es
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