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Wer einmal auf dem Friedhof liegt...

Wer einmal auf dem Friedhof liegt...

Titel: Wer einmal auf dem Friedhof liegt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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natürlich nicht gerne zu, daß sie verarscht worden sind. Ich
muß schon sagen, ein komischer Heiliger, dieser Désiris.“
    „Scheint mir auch so.“
    „Aber die Leute haben von heiligen
Betrügern die Schnauze voll. Deshalb hab ich dem toten Erfinder lieber den
Heiligenschein eines verkannten und gescheiterten Genies gelassen.“
    „Mit anderen Worten, Sie tun so, als
hätten Sie ‘ne prima Erklärung für seinen Selbstmord geliefert, haben es aber gar nicht.“
    „Doch! Sie schon wieder! Zwei Sachen
haben mitgespielt: geniales Scheitern und banale Angst vor der Entdeckung
seiner kleinen Betrügereien. Da hat er den Kopf verloren. Jedenfalls...“
    „...ist er tot“, beende ich das
Gespräch.
     
    * * *
     
    Und wieder verstreichen die Tage. Ich
warte auf einen Anruf von Monsieur Labouchère. Der Artikel im Crépu müßte
ihn eigentlich dazu veranlassen. Doch Vater Labouchère ruft nicht an. Weder in
den Tagen darauf noch in den folgenden Wochen. Als genialer Erfinder oder
Schaumschläger oder Betrüger gerät Désiris in Vergessenheit, zusammen mit der
zerstückelten Frau und den anderen Fällen. Die Urlaubszeit kommt, geht vorbei
und gerät ebenfalls in Vergessenheit. Und dann zeigt der November sein nebliges
Gesicht.

Die
Doppelgängerin
     
    Das Mädchen räkelt sich auf einem
Sofa, ein Bein hochgezogen, das andere baumelnd. Die einstudierte Pose ist
bestens dafür geeignet, ihre weiblichen Reize ins rechte Licht zu rücken. Sie
werden nur von schwarzen Nylonstrümpfen mit passendem Strumpfhalter samt
Strapsen und hochhackigen Schuhen bedeckt. Üppige, stolze Brüste und ein
hübsches Gesicht, umrahmt von einer langen blonden Haarpracht, ziehen den Blick
auf sich. Das neckische Lächeln, halb naiv-unschuldig, halb
lasterhaft-verdorben, verwirrt den Betrachter.
    Es ist leider nur ein Bild. Eins von
dreißig, vierzig, die ein Herrenmagazin schmücken. Prickelndes Paris, für Minderjährige verboten, nur unterm Ladentisch zu kriegen.
    Ich reiße mich von dem Bild los und
konzentriere mich auf die junge Frau, die drei Meter von mir entfernt in einem
Sessel sitzt . Ihre wohlgeformten Beine können mit
denen auf dem Foto konkurrieren. In Bezug auf die Brüste kann ich mir kein
endgültiges Urteil erlauben. Meine Gastgeberin Dany Darnys hat mich
bedauerlicherweise nicht in derselben Aufmachung empfangen wie das unkeusche
Fotomodell. Einen vorzeitig Entwöhnten kann sie allerdings auch so ins
Schwitzen bringen. Was das Lächeln des blonden Filmstars betrifft, so läßt es
sich nicht leugnen: viel verdorbene Unschuld, viel naives Laster...
    „Wie finden Sie das?“ fragt Dany
Darnys.
    Sie hat mich in ihre luxuriöse Wohnung
eingeladen. Vom Fenster des großzügigen Salons aus sieht man eine Ecke des
Triumphbogens. Ich saß kaum, als meine Gastgeberin mir schon das Magazin in die
Hand drückte und sagte:
    „Sehen Sie sich die Bilder an. Seite
10, 11 und 12.“
    Erst dann bekam ich einen ordentlichen
Whisky und die Erlaubnis zu rauchen. Und jetzt sitze ich hier mit diesen
leichtbekleideten Damen. Hier ein Paar Brüste, dort ein Hintern mit nackten
Schenkeln. Eine hübsche Fleischparade. Ich soll also mein Urteil abgeben.
    „Könnten Sie sein“, stelle ich fest.
    Sie protestiert:
    „Nein, das bin nicht ich!“
    „Weiß ich. So kurzsichtig bin ich
nicht. Scheint so, als hätten die Fotografen eine täuschend ähnliche
Doppelgängerin von Ihnen aufgegabelt. Pech für Sie, Glück für das Magazin. Bis
jetzt haben die Imitationen von Brigitte Bardot und Sophia Loren sehr zu
wünschen übriggelassen.“
    Dany Darnys klimpert mit den Wimpern.
    „Hatten die beiden ebenfalls die...
äh... Ehre?“
    „Ihnen waren sogar ganze Ausgaben
gewidmet.“
    „Sie scheinen ja bestens informiert“,
erwidert sie spitz. „Lesen Sie den Schund regelmäßig?“
    Ich muß lächeln.
    „Lesen ist wohl nicht das richtige
Wort. Schund übrigens auch nicht. Es gibt viel Hübsches darin zu entdecken...“
Zum Totlachen! Was soll diese beschissene Prüderie?
    „Sie müssen schon entschuldigen“, füge
ich hinzu, „aber eine falsche Bardot von hinten ist mir lieber als ein
richtiger Finanzminister von vorne.“
    Mein kleiner Scherz kommt nicht an.
Ungeduldig wirft sie ihre Zigarette zu den vielen Kippen in den
Kristallaschenbecher, der neben der Whiskyflasche auf einem Glastischchen
steht. Außerdem liegt da noch eine Lederhülle, wahrscheinlich mit Schecks
gefüllt.
    „Das glaub ich wohl“, sagt der
Filmstar. „Um auf die Fotos

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