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Wer einmal auf dem Friedhof liegt...

Wer einmal auf dem Friedhof liegt...

Titel: Wer einmal auf dem Friedhof liegt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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Überfall nun ein
Werbegag, wie alle Welt geglaubt hat, oder hat er tatsächlich stattgefunden?“
    „Ja“, seufzt sie, „ich weiß, wie
darüber gedacht worden ist. Aber ich versichere Ihnen, die Geschichte ist
tatsächlich passiert.“
    Klingt absolut aufrichtig.
    „Dann erzählen Sie mir doch, wie das
passiert ist.“
    „Also gut... Ich war gerade nach Hause
gekommen. Alleine. Es hat geklingelt, und ich hab die Tür geöffnet. Mein
Dienstmädchen hatte frei. Zwei Männer drängten sich in den Flur und zerrten
mich in dieses Zimmer hier.“
    „Wie sahen die Männer aus?“
    „Ganz normal.“
    „Wenn ich mich recht erinnere, konnten
Sie damals keine genaue Beschreibung der beiden geben. Nur daß es zwielichtige
Gestalten waren, haben Sie gesagt. Deswegen wurde Ihnen das auch nicht
abgenommen. Sie hatten grade zwei Kriminalfilme gedreht...“
    „Ich war zu sehr geschockt, um was
Besonderes an den Männern zu bemerken. Ich glaube, sie sahen tatsächlich ganz
normal aus.“
    „Und wie ging’s weiter?“
    „Sie haben mich bedroht, redeten
unzusammenhängendes Zeug, von Iris und von Tarnung. Ich glaub, die waren nicht
ganz richtig im Kopf...“
    „Womit haben sie Ihnen gedroht?“
    „Was weiß ich ? , Wir
machen dies oder das mit dir, spiel nicht die Unschuldige’... Bedroht haben Sie
mich, eingeschüchtert. Als wär das nötig gewesen! Ich war vor Angst sowieso
schon wie gelähmt.“
    „Iris, Iris“, wiederhole ich. „Kann es
nicht sein, daß die beiden nicht nur ,Iris’ , sondern
,Désiris’ gesagt haben?“
    „Möglich. Weiß ich nicht mehr. Ich hab immer ,Iris’ verstanden...“
    „Und wie ging die Sache aus?“
    „Ganz überraschend. Plötzlich haben
sie geflucht, haben mich losgelassen und sind abgehauen.“
    „Die Männer haben Sie angefaßt?“
    Dany Darnys wird rot.
    „Ja“, sagt sie leise.
    „Warum werden Sie rot?“
    „Ach, nichts.“
    „Noch einmal: War es Bluff oder
nicht?“
    „Nein. Ich sage Ihnen die Wahrheit.“
    „Nicht die ganze.“
    „Hören Sie“, entrüstet sie sich.
„Warum interessieren Sie sich eigentlich dafür? Ich hab Sie nicht engagiert,
damit Sie diese alte Geschichte wieder aufwärmen.“
    „Ich weiß. Darum könnten Sie mir aber
trotzdem die Wahrheit sagen... und nicht nur die halbe. Oder ist das Ganze doch
nur ein Märchen?“
    „Das kann Ihnen doch egal sein.“
    „Ist es mir auch, offen gesagt. Aber
ich bin von Natur aus neugierig.“
    „Die Verbrecher wollten mich
vergewaltigen“, schreit sie. „Sind Sie jetzt zufrieden? Wollen Sie noch
Einzelheiten hören? Sie haben meinen Rock hochgeschlagen und... na ja, zu mehr
kam es nicht. Einer von den beiden hat geflucht auf Teufel komm raus, und dann
sind sie abgehaun. Und jetzt sollten Sie ebenfalls abhaun, Monsieur Burma. Wenn
Sie mir noch eine Frage stellen, verlange ich meinen Scheck zurück und wende
mich an einen Ihrer Kollegen...“
    „Aber so beruhigen Sie sich doch! Ich
entschuldige mich ja tausendmal. Nichts liegt mir ferner, als Sie mit bösen
Erinnerungen zu quälen. Diese Blume hat meine Phantasie angeregt. Iris,
Désiris. Ein guter alter Bekannter von mir heißt so, müssen Sie wissen.
Désiris. Hieß so, besser gesagt. Hat Anfang März seine Frau und sich selbst
umgebracht. Gar nicht weit von hier, genau am anderen Ende der Avenue de
Wagram.“
    „Wie schrecklich! Ja, ich hab’s damals
in der Zeitung gelesen. Was halten Sie davon?“
    „Weiß ich nicht“, gebe ich zu. „Weiß
ich wirklich nicht. Und ich bitte Sie nochmals um Entschuldigung,
Mademoiselle.“
    „Ach, schon vergessen“, säuselt sie
lächelnd. „Und vergeben. Aber wenn in Zukunft irgend jemand diese Geschichte in Zweifel zieht, dann wissen Sie, daß sie sich tatsächlich so
abgespielt hat.“
    „Ja.“
    Ich riskiere noch eine Frage:
    „Die Sache mit den Blumen und dem
Vergewaltigungsversuch haben Sie vermutlich damals den Zeitungen gegenüber
nicht erwähnt?“
    „Nein. Ich hab sofort gemerkt, daß man
mir den Überfall nicht abnehmen würde. Warum also Einzelheiten erzählen? Und
noch dazu so peinliche Einzelheiten...“
    „Natürlich.“
    Wir verabschiedeten uns endgültig.
     
    * * *
     
    Ich gehe zurück zu meinem Wagen. Er
steht etwas weiter unten gegenüber dem seltsamen Gebäude aus der
Jahrhundertwende, hinter dessen Keramikfassade man ein Badehaus vermutet.
Keramik-Hotel heißt es übrigens. Als ich hinter dem Steuer meines Dugat sitze,
suche ich im Prickelnden Paris die Adresse der Redaktion. Doch wie

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