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Wer einmal auf dem Friedhof liegt...

Wer einmal auf dem Friedhof liegt...

Titel: Wer einmal auf dem Friedhof liegt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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zurückzukommen... Halten Sie das nicht auch für
eine Schweinerei?“
    „Ganz Ihrer Meinung. Wollen Sie
Anzeige erstatten?“
    „Nein. Der Skandal ist so schon groß
genug. Ein Prozeß wär nur noch zusätzliche Werbung für die.“
    „Im übrigen glaube ich, daß Sie einen Prozeß verlieren würden.“
    „Und warum?“
    „Na ja, ich bin kein Rechtsanwalt,
aber ich hab so meine Erfahrungen und dazu ein gutes Gedächtnis. Die
Verantwortlichen dieser Praktiken wissen im allgemeinen sehr genau, wie weit sie gehen dürfen. Sie bedienen sich der Methoden gewisser
Nobelpuffs, nur auf einer anderen Ebene. Manche dieser Etablissements waren
früher nämlich auch immer auf der Jagd nach bestimmten Doppelgängerinnen. Und
die zahlungskräftige Kundschaft hatte das Gefühl, mit Berühmtheiten ein...
äh... gemütliches Beisammensein zu erleben. Zum Beispiel mit Cécile Sorel, mit
den Guy-Schwestern...“
    „Den Guy-Schwestern?“ ruft Dany
Darnys. „Wie gemein!“
    Sie weiß offenbar nicht, daß es sich
bei denen nicht um Betschwestern handelt. Ich kläre sie darüber auf, wer die
Guy-Schwestern waren: zwei Nackttänzerinnen, die 1925 im Casino de Paris
auftraten. Das scheint meine Gesprächspartnerin zu erleichtern.
    „Ich kann mich nicht erinnern“, fahre
ich fort, „daß die Opfer jemals gerichtlich vorgegangen wären. Nein, von einem
solchen Prozeß hab ich nie gehört. Klar, man kann niemandem einen Strick daraus
drehen, jemand anderem zu ähneln, auch nicht, wenn dieser oder diese andere
eine berühmte Persönlichkeit ist. Und diese Ähnlichkeit zu Geld zu machen, ist
meines Wissens auch nicht strafbar. Schon gar nicht, wenn es sich um keineswegs
pornografische Fotos handelt, wie hier im Prickelnden Paris. Das sind
doch nur pikante Szenen mit leichtbekleideten Mädchen, mehr nicht. Genausowenig
gibt es ein Gesetz gegen geschickte Fotografen, die die Ähnlichkeit zu dem
gewünschten Original durch Kunstgriffe wie Beleuchtung, Perspektive und Make-up
noch unterstreichen. Sicher, solche Fähigkeiten haben keine Chance, von der
Akademie für Sitte und Anstand ausgezeichnet zu werden. Aber für eine
Verurteilung langt es auch nicht. Sie haben recht: Ein Prozeß würde den Skandal
nur noch vergrößern. Bis jetzt hat die Bilder nur ein kleiner Kreis von...
äh... Liebhabern gesehen.“
    „Also wirklich, Monsieur Burma, es ist
mir ein Vergnügen, Ihnen zuzuhören. Sie scheinen sehr gut unterrichtet zu
sein...“
    „Wenn man den ganzen Tag in Paris
rumläuft, hört man so allerhand“, erwidere ich, bescheiden lächelnd.
    „Also kann man nichts dagegen
unternehmen?“
    „Auf gerichtlichem Wege nicht.“
    Die Schauspielerin zündet sich die
nächste Zigarette an. „Pikante Szenen“, murmelt sie. „Und dafür nehmen sie
Mädchen, die so aussehen wie berühmte Leute. Könnten die nicht irgendwen
nehmen?“
    „Tun sie. Aber wenn sich’s so
ergibt... Solche Ähnlichkeiten sind ein zusätzliches Salz in der gepfefferten
Suppe ihrer Fotosammlung. „
    „Kapier ich nicht“, sagt sie seufzend.
„Auf jeden Fall danke ich Ihnen für Ihre Aufklärungsstunde. Ein Prozeß ist also
aussichtslos. Aber ich möchte doch wenigstens erreichen, daß mit meiner Person
nicht noch mehr Schindluder getrieben wird. Deswegen hab ich Sie angerufen.“
    „Und wie soll ich das Wunder
vollbringen?“
    „Sie sollen kein Wunder vollbringen.
Ich möchte, daß Sie mit dem Mädchen Kontakt aufnehmen und sie herbringen. Ich
will ihr einen Vorschlag machen.“
    „Was für einen, wenn ich fragen darf?“
    „Sie dürfen. Ich könnte ihr einen Job
verschaffen. Vielleicht engagiere ich sie auch als Double. Wir Schauspieler
brauchen so was oft. Irgend etwas werd ich schon für
sie finden. Sie soll sich nur nicht mehr so fotografieren lassen.“
    „Eine elegante Art, eine
Doppelgängerin zu ködern“, bemerke ich.
    „Nicht wahr? Schön, daß Sie mir
zustimmen. Heißt das, ich kann mit Ihrer Hilfe rechnen?“
    „Aber natürlich!“
    Sie beugt sich vor und nimmt das
Lederetui mit dem Reißverschluß vom Tischchen. Tatsächlich, das ist ein
Scheckheft. Außerdem enthält es einen vergoldeten Füllfederhalter. Sehr
elegant, sehr geschmackvoll. Sie schraubt ihn auf, ihre schlanken Finger mit
den rosa Fingernägeln entnehmen dem Etui ein Scheckformular derselben Farbe.
    „Übrigens, was Ihr Honorar betrifft...
Ich kenne mich da nicht aus... Reichen...“
    Die Summe beweist, daß sie sich
tatsächlich nicht auskennt und daß sie um jeden Preis ihre

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