Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer einmal auf dem Friedhof liegt...

Wer einmal auf dem Friedhof liegt...

Titel: Wer einmal auf dem Friedhof liegt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
Vom Netzwerk:
nicht oft
Besuch. Ich stoße die Tür weit auf, ohne dem Jungen Gelegenheit zu irgendeiner
dummen Frage zu geben.
    „Also, hören Sie mal!“ faucht er und
versucht, mich festzuhalten. Aber ich stehe schon im Hausflur.
    „Monsieur Dupont erwartet mich.“
    Auf den Lärm hin kommt ein anderer
Mann angerannt. Er steht in der Tür zum Büro, meinen roten Briefumschlag in der
Hand. Alles läuft wie am Schnürchen.
    „Was ist los, Henri?“ fragt der Neue,
ein dicker, widerlicher Kerl mit Glatze und unsympathischer Stimme. Typ
schleimiger Lustmolch. Seine Füße mag ich mir gar nicht vorstellen.
    „Weiß ich auch nicht, M’sieur“,
antwortet Henri. „Der ist einfach reingekommen.“
    Der Dicke glotzt mich aus seinen
Glupschaugen an. Ein mieser Vogel.
    „Was wollen Sie?“ bellt er.
    Ich zeige auf meinen Umschlag in
seiner Hand.
    „Wenn Sie den Brief öffnen, werden
Sie’s wissen.“
    „Was soll ich machen, M’sieur?“ fragt
Henri, der unbedingt etwas machen will.
    „Nichts. Ich weiß nicht, was der sich
vorstellt, einfach so hier reinzuplatzen zu kommen... Aber er wird’s mir
bestimmt erklären.“
    Henri verdrückt sich. Monsieur Dupont
— falls er es ist — dreht sich um und stapft ins Büro zurück. Ich folge ihm.
Die Wände sind, bis auf einen Kalender, nackt. Das ist aber auch das einzig
Nackte in dem nüchternen Büro. Keine Brüste, keine Schenkel weit und breit.
Monsier Dupont scheint seine eigenen Produkte nicht übermäßig zu schätzen. Er
öffnet den roten Briefumschlag und nimmt meine Visitenkarte heraus.
    „Sind Sie der Privatflic?“ fragt er,
nachdem er meinen Namen gelesen hat.
    „J a.“
    „Angenehm“, sagt der Fettsack und reicht
mir die Hand. Sie ist sauber und trocken, der Händedruck fest. Kaum zu glauben!
„Wir waren mal Kollegen, damals, als ich für Marius in Lyon gearbeitet habe...
Ich sehe, Sie kennen sich aus. Sie lachen nicht, und Sie korrigieren mich
nicht. Die meisten, die ganz Schlauen, meinen nämlich, sie müßten mich
verbessern. Brüllen sofort, Marius ist nicht in Lyon, sondern in Marseille...
Na ja, angenehm, Sie kennenzulernen, Monsieur Burma! Aber ging das nicht etwas
weniger dramatisch? Warum so stürmisch? Na ja, egal. Setzen Sie sich doch
bitte.“
    Ich gehorche. Er setzt sich hinter
seinen Schreibtisch und überfliegt noch mal meine Karte.
    „Hm...“, brummt er. „Vertrauliche
Informationen wollen Sie also?“
    „Ja, über dieses Mädchen...“
    Ich hol das Magazin aus meiner Tasche
und zeige ihm die Fotos, über die sich Dany Darnys so sehr geärgert hat.
    „Name, Adresse, Telefonnummer, falls
sie Telefon hat
    „Langsam, langsam“, lacht der Dicke.
„Wofür halten Sie mich?“
    „Für einen alten Kuppler, wenn man den
richtigen Preis zahlt.“
    „Vorsicht mit großen Worten! Scheiße
nochmal, warum sind Sie eigentlich so aggressiv?“
    „Weiß ich selbst nicht.“
    Doch, ich weiß es ganz genau. Seine
Visage bringt mich auf hundert!
    „Vielleicht bringt mich die Kleine auf
hundert“, weiche ich aus.
    „Sie hat was“, stimmt er mir zu.
    In diesem Augenblick gellt ein Schrei
durchs Haus.
    „Was war das?“ frage ich.
    „Wahrscheinlich wird grad eins unserer
Modelle vergewaltigt“, sagt er und grinst ironisch. „Das passiert hier oft...
Also, wie gesagt...“
    Man hört Geschrei im Stockwerk über
uns, Türenknallen, Gerenne. Der Fettsack brummt was vor sich hin, steht auf und
geht hinaus auf den Flur. Ich folge ihm. Ein junges Mädchen rutscht das
Treppengeländer zu uns runter. Sie ist nur mit Seifenschaum und einem winzigen
Slip bedeckt. Klar, daß sie nicht die Stufen genommen hat. Mit ihren
eingeseiften Füßen hätte sie sich überschlagen.
    „Gut, daß Sie da sind, Monsieur
Dupont!“ kreischt sie. „Ich hab so langsam die Schnauze voll von Ihrem
Fotografen! Bitte, zahlen Sie mich aus, und ich verschwinde aus Ihrer
Mausefalle.“
    „Mach mal halblang!“ gibt der Dicke
zurück. „Du willst uns doch nicht erzählen, daß du Jungfrau bist, hm? Halt bloß
die Schnauze!“
    Er will das Mädchen fangen.
Eingeseift, wie sie ist, wird sie ihm aus den Händen rutschen. Das überlege ich
mir aber nicht, sondern schlage dem Schleimer meine Faust mitten ins schwammige
Gesicht. Es macht plumps !, und der Lustmolch liegt auf
seinem fetten Arsch. Henri steht plötzlich bei uns und schaut sich die Szene
verblüfft an. Ein weiterer Kerl, | wahrscheinlich der triebhafte Fotograf,
steht auf der Treppe.
    Ihr Chef rappelt sich wieder

Weitere Kostenlose Bücher