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Wer einmal lügt

Wer einmal lügt

Titel: Wer einmal lügt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Foto?«
    In der oberen linken Bildecke war ein Mann in einem engen T-Shirt mit blondierten Strähnchen zu sehen. Broome nahm vermutlich an, dass Megan den Mann erkannt hatte und deshalb so aufgeregt war. »Ich kann sein Gesicht nicht sehen«, antwortete sie.
    »Keine Ahnung, wer das ist?«
    »Nein, absolut nicht.«
    »Aber das ist hundertprozentig der Ort, an dem Sie Stewart Green das letzte Mal gesehen haben?«
    Sie tat so, als müsste sie noch einmal genau hinsehen, obwohl sie nicht den geringsten Zweifel hegte. »Ja.«
    Broome legte beide Hände mit den Handflächen nach unten auf den Tisch. »Können Sie mir sonst noch etwas über dieses Foto erzählen?«
    Die Tatsache, dass Broome ein Foto des Pfads in den Pine Barrens hatte, war zwar überraschend, aber keineswegs schockierend oder auch nur verblüffend. Dass sie so perplex war – so perplex, dass sie kaum sprechen oder reagieren konnte –, lag nicht am Ort oder dem Mann mit den blondierten Strähnchen.
    Es lag am Foto selbst.
    »Wo haben Sie das her?«, fragte sie.
    »Wieso?«
    Sie musste vorsichtig sein. Sie zuckte so beiläufig, wie sie nur konnte, die Achseln und log noch einmal. »Ich habe mich nur gefragt, wie Sie an ein Foto von genau der Stelle kommen, von der ich Ihnen erzählt habe.«
    Er studierte ihr Gesicht. Sie versuchte, ihm in die Augen zu sehen.
    »Es ist anonym per Post zum Revier geschickt worden. Offenbar hat sich jemand große Mühe gegeben, um sicherzugehen, dass ich den Absender nicht herausbekomme.«
    Megan spürte, wie ihr ein kalter Schauer über den Rücken lief. »Warum?«
    »Keine Ahnung. Haben Sie eine Idee?«
    Die hatte sie. Als Megan sich damals in Ray Levine verliebte, hatte sie nichts über Fotografie gewusst. Doch er hatte es ihr beigebracht. Er hatte ihr vom Licht, der Perspektive, der Blende, der Komposition und der Brennweite erzählt. Er war mit ihr zu den Orten gefahren, an denen er am liebsten fotografierte. Er hatte unablässig Fotos von der Frau gemacht, die er angeblich liebte – von ihr.
    Im Lauf der Jahre hatte Megan immer wieder im Netz nach Fotos von Ray gesucht. Sie hatte aber nur alte Bilder aus der Zeit, bevor sie sich kennengelernt hatten, gefunden, als er noch ein bedeutender Fotojournalist war. Trotzdem erinnerte sie sich sehr gut an seine Arbeit. Sie wusste, wie er mit Perspektive, Komposition, Licht, Blende und so weiter arbeitete – daher hatte sie, selbst nach all den Jahren, keine Sekunde gezweifelt: Dieses Foto war von Ray Levine.
    »Nein«, sagte Megan zu Broome, »habe ich nicht.«
    Sie hörte, wie Broome leise stöhnte: »Ach, Scheiße, das musste doch jetzt wirklich nicht sein.«
    Als Megan sich umdrehte, rechnete sie damit, Harry Sutton zu sehen, aber das war nicht der Fall. Gerade hatten zwei Männer das Diner betreten. Dem einen stand Alternder Bulle nicht nur ins Gesicht geschrieben – graumelierte Haare, die Polizeimarke am Gürtel, die Daumen zum Hosehochziehen in den Gürtel geklemmt, als handele es sich dabei um eine bedeutsame und erhabene Aufgabe. Der andere Mann trug ein absurd grelles Hawaiihemd. Die drei oberen Knöpfe waren geöffnet, so dass in reichlich Brusthaare verwobene Goldketten und Medaillons zu sehen waren. Er war Mitte fünfzig oder ging vielleicht schon auf die sechzig zu und wirkte benommen und verwirrt. Alternder Bulle entschied sich für eine Nische und rutschte hinein. Hawaiihemd schlurfte hinter ihm her und fiel auf seine Sitzbank wie eine Marionette, bei der man die Bänder zerschnitten hatte.
    Broome senkte den Kopf tief über seinen Kaffee, versuchte eindeutig, sich zu verstecken. Es klappte nicht. Die Augen von Alternder Bulle verengten sich. Er stand auf und sagte etwas zu Hawaiihemd. Hawaiihemd sah man nicht an, ob er ihn verstanden hatte. Er blieb einfach sitzen und starrte auf den Tisch, als wäre darauf ein tiefgründiges, dunkles Geheimnis zu entdecken.
    Alternder Bulle kam auf sie zu. Broome steckte das Foto schnell in die Aktenmappe, damit sein nahender Kollege es nicht sah.
    »Broome«, sagte Alternder Bulle mit einem knappen Nicken.
    »Chef.«
    Das Verhältnis war offensichtlich gespannt. Goldbergs Blick wanderte zu Megan und blieb dort. »Und wen haben wir hier?«
    »Das ist Jane«, sagte Broome. »Eine alte Freundin.«
    »So alt sieht sie gar nicht aus«, sagte Goldberg, beugte sich zu ihr herunter und musterte sie eingehend.
    »Wie charmant«, sagte Megan vollkommen tonlos.
    Das gefiel Goldberg nicht. »Sind Sie auch bei der Polizei?«, fragte

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