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Wer einmal lügt

Wer einmal lügt

Titel: Wer einmal lügt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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schön, weißt du das?«
    »Willst du mich anmachen?«
    »Möglich.«
    Sie zog eine Augenbraue hoch. »Wäre das dann Mitleidssex?«
    »Für dich oder für mich?«
    Sie lachte. »Vielleicht für beide.«
    »Noch besser«, sagte Broome. »Im Moment hält mich dieser Fall ziemlich auf Trab, aber sobald ich damit fertig bin …«
    »Du weißt, wo du mich findest.«
    Sie zog ihre Hand aus seiner und ging ans andere Ende der Theke. Broome wollte gerade gehen, als Lorraine sagte: »Ich nehme mal an, dass Cassie dir hilft?«
    »Das stimmt. Sie könnte Harrys Mörder kurz gesehen haben.«
    »Wieso?«
    »Sie ist gestern Abend nochmal bei seiner Kanzlei gewesen.«
    »Allein oder mit Ray?«
    Broome blieb stehen. »Ray?«
    Lorraines Augen weiteten sich kurz. Er sah, dass sie es zurücknehmen wollte, aber Broome wollte nichts davon wissen.
    »Wer zum Teufel ist Ray?«

SECHSUNDZWANZIG
    N atürlich machte Megan sich vor allem Sorgen um die Sicherheit ihrer Familie.
    Bevor sie Broome nach Einzelheiten fragte, hatte Megan zwei nicht berufstätige Mütter angerufen. Um keinen Verdacht zu wecken, hatte sie jeweils mit ein paar der üblichen Vorstadt-Belanglosigkeiten angefangen: die nächsten Sporttermine der Kinder, den Trainer, der seine eigenen Kinder bevorzugte, die Lehrer, die zu viel/zu wenig Hausaufgaben verteilten, das neue Online-Ordersystem für das Schulmittagessen. Broome hatte nur den Kopf geschüttelt. Schließlich hatte Megan die Mutter dann um einen Gefallen gebeten und so dafür gesorgt, dass sowohl Kaylie als auch Jordan nach der Schule versorgt waren. Sie hatte sogar vorgeschlagen, dass sie bei den jeweiligen Familien übernachten könnten, so dass sie fern von zu Hause in Sicherheit waren.
    Was Broome ihr dann erzählte, versetzte ihrer ohnehin taumelnden Welt einen weiteren gewaltigen Hieb.
    Jetzt saß sie in einem fensterlosen Raum in einem Polizeirevier und versuchte einem Phantomzeichner zwei Personen zu beschreiben, die sie nur ein paar Sekunden lang gesehen hatte.
    Sie versuchte, sich zu konzentrieren, während Rick Mason ihr mit gezielten Fragen und Hinweisen half, sich das junge Paar vor ihrem inneren Auge zu vergegenwärtigen.
    Megan versuchte, die Details, die Broome ihr erzählt hatte, zusammenzufügen, doch im Endeffekt fand sie keine schlüssige Lösung. Broome hatte versucht, drei Ereignisse miteinander in Verbindung zu setzen, die allem Anschein nach nichts miteinander zu tun hatten: einen Mord, der vor achtzehn Jahren verübt worden war, das Verschwinden mehrerer Männer wie Stewart Green und Carlton Flynn um Mardi Gras herum in den letzten siebzehn Jahren und den gestrigen Foltertod des armen Harry Sutton. Wenn er doch recht hatte, wenn zwischen diesen Ereignissen tatsächlich eine Verbindung bestand, hatte Megan nicht die leiseste Idee, welche Rolle zum Beispiel das junge Paar darin spielen könnte. Zum Zeitpunkt des ersten Mords und von Stewarts Verschwinden mussten die beiden noch Kinder gewesen sein.
    »Die Nase war schmaler«, sagte sie zu Mason.
    Er nickte und machte sich wieder an die Arbeit.
    Die Was-Wäre-Wenns quälten sie: Was wäre, wenn sie vor all den Jahren nicht untergetaucht wäre? Was wäre, wenn sie vor Ort geblieben wäre, die Suppe ausgelöffelt und nachgesehen hätte, was wirklich mit Stewart Green los war? Hätte sie diese Sache inzwischen hinter sich gelassen? Wären all diese vermeintlichen »Mardi-Gras-Männer« von Stewart Green bis Carlton Flynn, die scheinbar spurlos vom Erdboden verschwunden waren, noch am Leben und würden sich im Kreise ihrer Lieben des Lebens erfreuen?
    Was wäre, wenn sie einfach bei Ray geblieben wäre?
    Sie empfand kein Bedauern – hatte aber viele Fragen. Wenn man Kinder hatte, konnte man den Entscheidungen der Vergangenheit nicht mehr nachtrauern – das wäre einfach monströs. Wäre Megans Leben mit einem dieser Was-Wäre-Wenns glücklicher oder trauriger verlaufen? Das spielte keine Rolle mehr, denn jedes dieser Was-Wäre-Wenns führte in eine Welt, in der ihre Kinder nicht existierten: Kaylie und Jordan wären nicht einmal geboren worden – und als Elternteil konnte man so ein Dasein unmöglich einem andern vorziehen. Ganz egal, ob ihr Leben aufregend oder nicht, temporeich oder nicht, vergnüglich oder nicht verlaufen war, letztendlich war ein Leben ohne Kaylie und Jordan einfach unvorstellbar.
    So weit kann eine Mutter nicht gehen.
    Die Tür flog auf, und ein großer Mann mit stahlwollegrauen Haaren in einem ein paar Nummern zu kleinen

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