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Wer fuerchtet sich vor Stephen King

Wer fuerchtet sich vor Stephen King

Titel: Wer fuerchtet sich vor Stephen King Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Anton
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Großteil seiner Romane bilden soll.
    Insofern ist der Roman ein Experiment. Als solcher ist er nicht so bedeutend wie die Rolle, die King ihm in seinem Gesamtwerk gern zueignen würde.
    Ein Text wie vom Reißbrett.
    Als hätte King das Thema Gewalt noch nicht ausgelotet, stellt er es auch ins Zentrum seines nächsten Romans, ROSE MADDER (DAS BILD). ROSE: Rose, weiblicher Vorname, im übertragenen Sinne „Schönste“. MADDER: Komparativ von mad , verrückt, zornig; Krappflanze, Färberröte. ROSE MADDER: Krapprosa (Farbstoff).
    Rose Daniels hat ein schweres Los: Ihr brutaler Ehemann Norman, Detective bei der Polizei, verprügelt und terrorisiert sie seit über zehn Jahren – sie hatte dadurch sogar eine Fehlgeburt. Ein einziger Tropfen Blut auf einem Laken bewirkt nach dreizehn Jahren Qual, dass sie die Kreditkarte ihres Mannes nimmt, dreihundertfünfzig Dollar abhebt und mit dem Bus nach Westen flieht. Rosie Richtig, wie es in einem Lied so schön heißt, hat Glück, wird von der Bahnhofsmission an ein Frauenhaus verwiesen und kommt mit dessen Hilfe langsam wieder auf die Beine. Ihren Ehering tauscht sie gegen ein Bild mit einem pastoralen, vielleicht griechischen Motiv, das sich allerdings, wie sie feststellt, zu verändern scheint. Grillen und Gras fallen heraus, und schließlich betritt Rose das Bild. Sie findet sich in einer surrealen, an die griechische Mythologie erinnernden Traumwelt wieder. Wendy Yarrow – eine von ihrem verrückten Norman misshandelte und getötete Farbige – ist dort Dorcas. Rose muss ihr zukünftiges Kind vor dem Stier Erinyes retten und dabei genau Dorcas’ Anweisungen befolgen.
    Nachdem Rose wie einst Ariadne mit dem Kind aus dem Tempel entkommen und in ihre Welt zurückgekehrt ist, vertieft sie ihre romantische Verbindung mit Bill Steiner, dem Sohn des Besitzers des Pfandleihhauses, in dem sie das Bild erstanden hat. Ihre Genesung setzt langsam ein. Allerdings wird Norman immer verrückter und zorniger – madder eben – und spürt auf fast intuitive Art und Weise die Stadt auf, in der Rose untergetaucht ist, und schließlich auch das Frauenhaus. Norman geht buchstäblich und brutal über Leichen, um seine Rose zu finden und zu bestrafen. Schließlich spürt er – noch immer mit einer Stiermaske vom Konzert des Frauenhauses auf dem Kopf, mit der er seinen letzten Mord beging – Rose und Bill in ihrer kleinen Wohnung auf, doch Rose lockt ihn in das Bild, wo Norman als Stier Erinyes getötet wird.
    Es folgt eine Antiklimax: Mit einem Mittel aus dem Bild sorgt Rose dafür, dass Bill alles vergisst, doch sie selbst wird immer zorniger, madder eben. Erst als sie mit einem Samen aus dem Bild einen Baum pflanzt, der ihren Zorn aufnimmt, enden ihre Wutausbrüche und überwindet sie das Leitmotiv, das man ihr aus dem Bild mitgegeben hat: „Ich vergelte!“ Sie bekommt tatsächlich das Kind, das sie aus dem Labyrinth gerettet hat. Der Epilog bezeichnet sie als Füchsin, ein Rückgriff auf eine der wenigen ruhigen Szenen im Roman, als sie gemeinsam mit Bill beim Picknick eine Füchsin beobachtete, die die Zähne fletschte, um die Menschen zu vertreiben und ihre Jungen zu schützen.
    Was will der Autor uns sagen? Warum das Bild, warum die Füchsin?
    Die Erinyes sind natürlich die drei Erynnien, die in der Unterwelt (des Bildes?) lebenden Rachegöttinnen der griechischen Mythologie. Der Leitsatz „Ich vergelte!“ bekommt in diesem Zusammenhang eine klare Bedeutung. Der Stier ist nicht nur der Inbegriff des Maskulinen, in ihm inkarniert sich Nor man – Nor mann . Die Füchsin schließlich ist ein Symbol für die Mutter: Sie bleibt friedlich, solange niemand ihr Kind bzw. ihre Familie bedroht. Dann jedoch fletscht sie die Zähne. Nicht nur Norman, sondern auch Rose kann madder werden. King erhöht die Problematik über den bloßen Kampf der Geschlechter hinaus: Der Zorn, der allzu schnell in Wahnsinn umschlagen kann, lauert in jedem Menschen. Norman und Rose und die Füchsin: mad – madder – maddest .
    Und das Bild? Es ist in der Tat ein Bild . Eins für die innere Kraft, die jeder Mensch in sich finden kann, nicht unbedingt geschlechtsbezogen als Bild für die Kraft der Frau – dafür sorgt schon die Umkehr der Erinyes. Vielleicht aber auch ein Bild für die Territorien, in denen die Twinner der Menschen leben. Roses Twinner ist Rose Madder, Wendy Yarrows eben Dorcas.
    Auch mit diesem Roman wagt King ein Experiment. Er erhöht einen simplen Spannungsroman um eine Ebene, die viele

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