Wer glaubt schon an Vampire? (German Edition)
es ihr Frühstücksnachbar mit der abstrusen Spiderman-Geschwindigkeit tatsächlich geschafft hatte, noch mehr über sie und ihre Arbeit auszuplaudern.
„Und warum interessieren Sie sich dafür?“, hakte sie daher nach einer Weile nach und stierte zugleich zum Kellner, weil ihr Wein längst überfällig geworden war. Offenbar hatte das Dienstpersonal aber um diese Zeit noch keine Lust zackiger zu arbeiten. Aron Jäger bemerkte ihren suchenden Blick und reagierte sofort. Mit einem einzigen, lässigen Fingerschnipper orderte er den Kellner zum Tisch und wies ihn zurecht.
„Der Wein der Dame fehlt noch und bitte bringen Sie gleich ein zweites Glas, nur mit doppelter Menge! Außerdem auch noch den Seeteufel für mich! Danke!“, forderte er mit eindringlicher Bestimmtheit, aber korrektem Auftreten. Emmi glotzte ihn an und wusste nicht, ob sie ihn bewundern oder verachten sollte. Sonst ein Ignorant bis zum Geht-nicht-mehr und nun hatte er nicht nur ihren Wunsch erraten, sondern auch noch gleich umgesetzt. Er hatte den Kellner gerügt und zugleich das Tempo vorangetrieben.
Emmi hätte sich vermutlich geärgert, wenn das Resultat diesem Aron Jäger nicht Recht geben würde. Der eisgekühlte Wein wurde augenblicklich serviert, der Koch in der Küche vermutlich zur Eile angetrieben. Die Effizienz hinter dieser Macho-Masche war durchaus faszinierend und der Beweis klar auf der Hand, dass Freundlichkeit in der Regel weniger Respekt hervorrief, als selbstsicheres Auftreten. Emmi biss sich auf die Unterlippe, um nicht etwas Gemeines zu sagen.
„Nun ärgern Sie sich nicht ständig! Wir sind nicht solche Bestien, wie Sie glauben“, sagte Aron Jäger versöhnlich und meinte damit zweifelsfrei die Gattung Mann . Emmi aber war sich nicht ganz sicher. Speziell dieses Exemplar an ihrem Tisch erschien ihr irgendwie anders.
„Also gut!“, erwiderte sie und versuchte ein Lächeln. „Wir fangen noch einmal von vorne an! Darf ich mich vorstellen: Emmeline Myrthe!“ Damit nahm sie ihr Glas und prostete ihm zu.
„Myrthe? Moment ... sind Sie etwa mit dem Johannes Myrthe verwandt?“, fragte er und wirkte plötzlich misstrauisch, wenn nicht sogar verblüfft. Mechanisch nahm er sein Glas und prostete ihr zu, war aber nicht wirklich bei der Sache.
„Wenn Sie meinen 78jährigen Opa meinen ... jep! Sie kennen ihn?“, wunderte sich Emmi, als sie vom Kellner unterbrochen wurde, weil er gerade zwei herrliche Teller mit Fisch und Gemüse brachte. Das Wasser lief ihr im Mund zusammen und noch ehe der Kellner den Teller richtig abgestellt hatte, steckte sie bereits ihr Besteck in den dampfenden Fisch. DAS war halt dann die eigentliche, die wahre Effizienz und nicht etwa das eindringliche Bestellen in Machomanier. Gut, vielleicht war es auch einfach nur Heißhunger.
Herr Jäger hingegen schien jedes Interesse am Seeteufel verloren zu haben, denn er starrte sie an, als wären ihr gerade zwei Hörner aus der Schädeldecke gefahren. Ihr Nachname – oder besser ihr Opa – hatte bei ihm mehr Eindruck hinterlassen als sie und ihre zänkische Ader.
„Was ist denn? Mmmh , der Fisch ist aber herrlich!“, schwärmte Emmeline übertrieben, um ihr Gegenüber zum Essen zu animieren. Am liebsten hätte sie auch noch mit ihrem Besteck auf seinen Teller gedeutet. Das Glotzen wurde nämlich langsam unangenehm.
„Was ist denn nun?“, wiederholte sie ungeduldig, weil ihr Gegenüber nicht reagierte. „Sie waren doch eben noch Feuer und Flamme für diesen Seeteufel. Haben Sie plötzlich keinen Appetit mehr?“
„Sie ... sind tatsächlich die Enkelin von Johannes Myrthe, dem Großmeister?“, fragte er nach und Emmi war sich nicht sicher, ob er einfach nur erstaunt war oder gar ehrfürchtig. Wobei ehrfürchtig ein seltsames Wort war in Zusammenhang mit dem dunklen Mr. Finster.
„Dem was? Ich glaube Sie sehen zu viele Filme mit Nicolas Cage, oder wer war noch schnell der Idiot vom Da Vinci Code? Ach, egal! Sie verwechseln da sicher etwas!“, erwiderte Emmi und stürzte das Glas Wein herunter wie nichts. Herr Jäger aber war durcheinander oder auch schockiert ... vom Fisch, von Emmis Ess- und Trinkverhalten oder von ihrem alten Großvater. Vielleicht hatte sie ja auch etwas vom Grünzeug am Mundwinkel hängen und er konnte nicht damit umgehen. Was wusste sie schon, warum er sich so seltsam benahm? Sicherheitshalber tupfte sie sich ihren Mund ab.
„Verzeihung, wie dumm von mir!“, meinte er plötzlich ernst und mit einem Augenaufschlag, der
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